0328 - Wir legten einen Köder aus
einer Wand hing.
»Hier«, sagte er und umfasste mit einer Armbewegung den ganzen Raum von Groß-New-York, »hier irgendwo hat sich die Bande verkrochen. Wir wissen, dass sie nach New York gekommen sind. Inmitten von vierzehn Millionen Menschen verbergen sich vier und suchen eine neue Chance, Geld zu rauben. Aber wo, Jackson? Wir hatten gehofft, dass sich Ihr Bruder mit Ihnen in Verbindung setzen würde. Deshalb haben wir Sie beobachten lassen. Und solange wir diese vier menschlichen Bestien nicht haben, werden wir Sie nicht aus den Augen lassen.«
Jackson stemmte sich hoch.
»Sie können die Beobachtungen einstellen lassen«, sagte er dumpf.
»Warum?«
Jackson hatte den Kopf gesenkt. Er zeichnete mit der silbernen Spitze seines Stockes ein unsichtbares Muster auf den Fußboden.
»Weil ich Ihnen diese gemeinen Lumpen ans Messer liefern werde. Noch heute Nacht können Sie sie einkassieren.«
***
»Kommen Sie raus, Miss«, sagte der Mann, der dem Filmschauspieler so ähnlich war. Sein Ton war jetzt herrisch.
Ethel Rutherford drückte sich tiefer in das Polster. Ängstlich blickte sie den anderen Mann an, der den Wagen gesteuert hatte. Er war klein, untersetzt, hatte einen schiefen, schmallippigen Mund und einen groben, kantigen Kopf und einen stechenden Blick. Ethel fröstelte.
»Also los, komm schon raus, du Kröte«, sagte der Erste und beugte sich so schnell vor, dass sie ihm nicht mehr ausweichen konnte. Er packte sie grob am linken Oberarm. »Wenn du schreist, muss ich dir eins in dein niedliches Gesicht geben«, sagte der Mann. »Kapiert?«
Sie konnte nicht einmal nicken. Denn jetzt war sie vor Furcht wie gelähmt.
***
»Da wären wir«, sagte Richy Bodenfeld und stoppte seinen weißen Cadillac. Er zeigte auf den über mannshohen Bretterzaun, der sich an der Großbaustelle entlangzog. »Ganz hübsche Ausdehnung, was? Und dann noch sechsunddreißig Stockwerke! Trotzdem wird der Kasten in achtzehn Monaten bezugsfertig sein.«
Wir sahen uns um. Die Baustelle lag Downtown, höchstens einen Steinwurf vom East River entfernt. Man hatte sechs alte Mietshäuser aufgekauft und abgerissen.
Jetzt baute ein Konsortium wohlhabender Leute ein modernes Bürohochhaus. Zu den Geldgebern gehörte auch Bloyd Everich Jackson.
»Wir haben bereits siebenundachtzig Prozent der Räume vermietet«, hatte er uns im Office erklärt. »Der Architekt ist Bodenfeld, na, den Namen kennen Sie ja sicher.«
Richy Bodenfeld galt als sehr begabt und war noch ein junger Mann. Er hatte bei der Planung des neuen Kulturzentrums, des Lincoln Centre, mitgearbeitet und sich einen Namen gemacht mit eigenwilligen, aber sehr ansprechenden Bauten in Pittsburgh, Chicago und Detroit. Jetzt saßen wir neben ihm in seinem weißen Cadillac und bewunderten das Gebäude.
»Mein liebster Anblick«, murmelte er. »Das ist wirklich produktive Arbeit: Häuser, Fabriken, Schulen bauen! Außerdem muss ich immer was zu organisieren haben. Nur am Schreibtisch könnte ich es nicht aushalten.«
Er stieg aus. Sein linker Arm baumelte schlaff herab. Ein Lederhandschuh sah aus dem Ärmel hervor. Niemand wusste, wo Bodenfeld den linken Arm verloren hatte. Er sprach nie darüber.
Als wir auf der Straße standen, wandte Bodenfeld den Kopf zu Phil.
»Haben Sie die Zeichnungen mit?«
»Selbstverständlich«, erwiderte Phil.
»Also los«, brummte Bodenfeld. »Sehen wir uns an, ob alles richtig läuft.«
Er ging voran.
Wir trugen beide Dutzende Rollen von Zeichenpapier, aus den Brusttaschen unserer Anzüge lugten Zeichenstifte, Rechenschieber und Zollstöcke, mit denen uns Bodenfeld in seinem Büro bereitwillig ausgerüstet hatte. Jeder Neugierige, der den Betrieb auf der Baustelle beobachtete, musste uns für Hilfsarchitekten oder ähnliche Leute halten. Und genau diesen Eindruck wollten wir ja auch machen.
Es war halb sechs, als Bodenfeld die Tür im Bauzaun aufschloss. Die Baustelle war trotz der frühen Abendstunde noch nicht verlassen. Hier wurde in zwei Schichten von morgens sechs bis abends zehn gearbeitet. Je früher der Bau stand, umso früher konnte er bezogen werden - und umso früher konnten die Bauherren die ersten Mieten einkassieren.
Anderthalb Stunden lang führte uns Bodenfeld kreuz und quer durch das riesige Durcheinander. Wir kletterten über halb fertige Innenwände, stiegen Betontreppen hinauf, die noch kein Geländer hatten, blickten durch glaslose Fensterhöhlen und benutzten Materialaufzüge. Wir durchquerten alle bereits
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