0328 - Wir legten einen Köder aus
hat man meine Schwester gebracht?«
Der Mann wandte langsam den Kopf. Seine blauen Augen blickten kühl. Es dauerte ein paar Sekunden, ehe er sich dazu bequemte, den Mund aufzumachen.
»Machen Sie sich keine Sorgen, Miss. Wir sind gleich da.«
Er blickte wieder durch die Windschutzscheibe.
Ethel spürte plötzlich, wie Angst in ihr aufstieg.
***
»Äh… ich bin Jackson«, sagte der alte Gauner noch einmal.
»Jackson? Jackson?«, wiederholte mein Freund mit gerunzelter Stirn. »Es gibt so viele Jacksons in den Staaten, Mr. Jackson.«
Er hatte den empfindlichen Punkt des alten Halunken getroffen, denn Jackson war eitel. In seinen Augen funkelte es wütend, als er hervorstieß:
»Ich bin nicht irgendein Jackson. Ich bin Bloyd Everich Jackson, kapieren Sie es endlich?«
»Ach nein!«, staunte Phil und lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück. »Ist denn das die Möglichkeit? Sie leben auch noch? Na, das ist aber eine Überraschung. Bitte, Mr. Jackson, setzen Sie sich doch!«
Phil wies auf den Besucherstuhl. Bloyd Everich Jackson - über zwanzig Jahre lang ungekrönter König von , New Yorker Hehlern, jetzt mehrfacher Millionär und vorsichtiger Börsenspekulant - setzte sich auf den Besucherstuhl, als handle es sich um einen Thronsessel. Jackson schlug die Beine übereinander, stampfte leicht mit dem eleganten Stock auf und musterte uns herausfordernd.
»Sie lassen mich beobachten. Schon seit vier Tagen. Natürlich werden Sie es nicht zugeben, aber ich bin nicht auf den Kopf gefallen. Ich merke so was sofort! Sofort!«
Sicher, dachte ich. Wir haben keinen Wert darauf gelegt, die Beschattung heimlich durchzuführen. Wichtiger war es uns gewesen, Jackson ständig unter Kontrolle zu halten.
Selbstgefällig rekelte sich der alte Hehler auf seinem Stuhl.
»Ja, ja«, bestätigte er sich noch einmal, »ich bin ein gerissener Bursche. Das war ich schon immer. Aber… Warum werde ich eigentlich beobachtet?«
Phil beugte sich vor und blätterte in den Papieren, die auf seinem Schreibtisch lagen. Schließlich zog er etwas Rotes hervor und faltete es auseinander zu der imponierenden Größe eines Steckbriefes.
»Wenn Sie in den letzten Tagen die Nachrichten gehört haben«, brummte mein Freund, »dann müssten Sie von diesem Überfall auf die Tankstelle am Highway 66 gehört haben.«
Jackson nickte. Phil fuhr fort, und seine Stimme klang hart.
»Der Tankwart und seine Frau wurden von vier maskierten Männern erschossen. Die Mörder raubten die Kasse und verschwanden. Vier kleine Kinder wurden schlagartig zu Waisen. Es ist eines der abscheulichsten Verbrechen der letzten zehn Jahre.«
Eine Weile blieb es still in unserem Office. Nur das leise Summen der Klimaanlage hing im Raum. Dann fragte Jackson leise: »Ich bin Ihrer Meinung, G-man. Aber was habe ich damit zu tun?«
»Sie haben einen Bruder.«
»Thomas Jackson, richtig. Er ist fast zwanzig Jahre jünger als ich, und ich habe ihn bestimmt schon acht oder neun Jahre nicht mehr gesehen.«
»Ihr Bruder gehörte zu den vier Banditen.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich bin nicht befugt, darüber Auskunft zu geben, Mr. Jackson«, sagte Phil halblaut. »Aber ich kann Ihnen versichern: Das FBI kennt nicht nur den Namen des einen Beteiligten. Innerhalb von sechs Stunden wussten wir die Namen von allen. Da auf dem Steckbrief stehen sie. Eine Galerie von Gewaltverbrechern. Jeder wenigstens dreimal vorbestraft. Zwei haben noch Bewährungsfrist, weil sie bedingt entlassen wurden. Alle vier haben geschossen. Die Kugeln stammen aus vier verschiedenen Waffen. Das steht fest.«
Wieder blieb es eine Weile still. Dann stampfte der alte Jackson mit dem Stock auf den Fußboden.
»Hol’s der Teufel«, knurrte er. »Solche Burschen kann man nicht frei rumlaufen lassen.«
Phil nickte ernst.
»Es freut mich, dass wir darin übereinstimmen, Mr. Jackson. Die vier Mörder sind in einer verzweifelten Lage. Sie können höchstens zweihundert Dollar erbeutet haben. Sie werden bald wieder aktiv werden müssen. Wie viele Menschenleben wird es dann kosten?«
Jackson zupfte ein makellos weißes Seidentuch aus der Brusttasche. Er tupfte sich die Stirn ab.
»Malen Sie den Teufel nicht an die Wand, G-man!«, krächzte er.
»Das ist keine Schwarzseherei«, entgegnete Phil barsch. »Das ist Wirklichkeit. Spätestens in achtundvierzig Stunden erfolgt der nächste Überfall der Bande. Darauf wette ich.«
Er griff nach den Zigaretten, steckte sich eine an und trat an den Stadtplan, der an
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