0330 - Der Todesclub
mehr auf der privaten Ebene regeln. So vernünftig ist er. Und mit letzter Kraft schafft er es, bis zum FBI zu kommen. Dass die Person, für die er Unmenschliches auf sich nimmt, nämlich Vicky, dass sie schon tot ist, dass sie in dem Klub liegt, in dem er sie in der Nacht treffen wollte, das ahnt er nicht.«
»Wenn er es gewusst hätte«, murmelte ich düster, »hätte er vermutlich nicht bis zum FBI durchgehalten. Nur der Wille, dem Mädchen zu helfen, hielt ihn so lange aufrecht, bis er uns wenigstens auf die Spur bringen konnte.«
»Jetzt bleiben eigentlich nur noch zwei Fragen«, sagte der Lieutenant. »Einmal wer der Erpresser ist, und zum Zweiten, woher Violence Goefield das Morphium bekam.«
Ich war wach. Und ich sah endlich auch einmal einen Zusammenhang.
»Woher konnte der Erpresser denn wissen, dass sie süchtig war, Anderson?«, fragte ich siegessicher. »Am leichtesten musste es doch eine ganz bestimmte Person wissen!«
»Und wer?«
»Jetzt haben Sie keine Fantasie! Der Lieferant des Rauschgiftes, Anderson, der war auch gleichzeitig der Erpresser! Auf diese Weise verdiente er doppelt!«
»Das soll ja oft im Rauschgiftgeschäft Vorkommen. Aber wer, zum Teufel, ist das nun?«
»Moment mal, Anderson«, sagte ich tonlos, »wenn der Lieferant und der Erpresser ein- und dieselbe Person wären, dann müsste ja Violence Goefield sich selbst erpresst haben! Denn Delaine sagt doch, sie hätte das Zeug beschafft!«
»Das ist doch unmöglich, Cotton!«, widersprach Anderson. »Soll sie sich vielleicht auch selbst erwürgt haben?«
»Anderson, Anderson, mir schwant etwas! Wer soll das Rauschgift geliefert haben? Eine Tote! Jemand, der nicht mehr widersprechen kann! Aber wer allein kann wissen, dass Violence Goefield tot ist, da es noch nicht einmal die Zeitungen bringen konnten, weil wir sie ja erst am späten Nachmittag identifizieren lassen konnten?«
»Natürlich kann nur der Mörder wissen, dass sie tot ist.«
»Eben! Und deshalb kann er ihr unbesorgt die Rauschgiftgeschichte in die Schuhe schieben! Und wer tat es?«
»Border Delaine«, sagte Phil von der Tür her. »Doktor der Chemie und mit einem für seine Verhältnisse hervorragenden chemischen Laboratorium versehen. Es muss ein Vermögen verschlungen haben.«
»Ein Vermögen, das er sich durch die Produktion von Morphium verschaffte«, rief Anderson.
»Ja. Für einen Doktor der Chemie und bei seinen gesellschaftlichen Beziehungen kann es nicht einmal sonderlich schwierig gewesen sein, die nötigen Rohstoffe zu beschaffen.«
»Aber er ist selbst süchtig!«, wandte ich schwach ein.
»Die beste Tarnung, die er sich ausdenken konnte.«
»Und was ist mit seinem Alibi?«
Phil sah mich kopfschüttelnd an.
»Willst du uns nicht für morgen auch noch ein bisschen Arbeit lassen?«, fragte er. »Oder ist es etwa das erste Alibi in deiner Praxis, das sich als falsch erweist?«
Ich grinste. Phil warf mir eine Schachtel Zigaretten herüber.
»Deine Zigaretten! Da siehst du mal, woran ich alles denke. Übrigens habe ich beim zuständigen Revier bereits angerufen. Sie werden einen Cop vor die Tür seines Zimmers stellen. Morgen früh können wir ihn ja dann abholen. Oder hat jemand morgen früh was Besseres vor?«
»Nein«, sagte Anderson.
»Nein«, sagte auch ich.
»Na also«, sagte Phil und gähnte laut und herzhaft.
Delaines Alibi brach zusammen, als Toni Marinelli zusammenbrach.
Marinelli hatte ihm bei der Herstellung des Morphiums geholfen und dafür etwas Geld erhalten. Die Trainer der beiden Sportklubs beschworen vor Gericht, dass zwar Marinelli schon um zwölf am Ring gesessen hätte, dass der freie Platz neben ihm aber erst gegen eins oder gar später besetzt worden sei. Damit war Delaines Alibi erledigt. Er wurde zum Tod auf dem elektrischen Stuhl verurteilt, nicht zuletzt auch wegen der Aussage des genesenen Cranzler, der auf Delaine gerade in dem Augenblick getroffen war, als dieser durch das Toilettenfenster sprang.
Vorgestern stand im Börsenteil der Zeitung eine kleine Notiz unter der Rubrik Personalien. Danach war ein gewisser Bernard G. Cranzler von dem bekannten Finanzmann Goefield adoptiert worden. Kaum jemand, konnte sich vorstellen, warum.
ENDE
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