0333 - Das Meer der Träume
wirbelte das kleine Fahrzeug vor sich her.
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Aser Kin war gezwungen, eine Ruhepause einzulegen. Nach knapp eintausend Transformationen und Rückverwandlungen seiner Körpersubstanz waren seine Kräftereserven vorläufig erschöpft. Er hatte es fertiggebracht, die Hand des rechten Greifarms bis auf etwa eine Handbreite an den unteren Rand der Terkonitfessel heranzuziehen. Aber jetzt mußte er ausruhen.
Das Schema, nach dem er arbeitete, hatte einen ungemein niedrigen Wirkungsgrad. Nicht mehr als ein halbes Prozent der Energie, die der Transformator aufzuwenden hatte, um die Körpermaterie in die feste Phase zu überführen, gelangte jemals in die Terkonitbänder, um dort zu deren Ausdehnung beizutragen. Der Rest verlor sich im Körper selbst oder wurde unmittelbar an die umgebende Atmosphäre abgegeben.
Trotzdem war Aser Kin mit seinem bisherigen Erfolg zufrieden. Beruhigt fiel er in einen tiefen, ohnmächtigen Schlaf, in dessen Verlauf seine Kräfte sich regenerierten.
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Tro Khon und seine drei Genossen hatten sich an Bord ihrer Dolans begeben und Triton mit Kurs auf Neptun verlassen. OLD MAN hatte inzwischen nichts Neues in Erfahrung gebracht. Wenn es dem Feind wirklich gelungen war, einen Stoßtrupp nach Neptun durchzuschleusen, dann mußte gefolgert werden, daß der Trupp äußerst vorsichtig zu Werke ging. OLD MANs empfindliche Tastergeräte waren auf die Oberfläche des Methanplaneten gerichtet, aber bislang waren nur Störgeräusche aus Neptuns turbulenter Atmosphäre empfangen worden.
Vermittels seiner sieben Koordinatoren stand Tro Khon die Kenntnis zur Verfügung, daß es allerdings des Energieausstoßes einer kleinen Atombombe bedürfe, um den Störpegel der Neptunatmosphäre zu durchdringen und sich in OLD MANs Tastern bemerkbar zu machen.
Tro Khon nahm die Information mit Gelassenheit auf. Er hatte nicht vorgehabt, auf Neptun zu landen.
Es gab keinen Anlaß dazu. Wenn Aser Kin sich wirklich dort befand, würden die Terraner ihn finden und ihn in Sicherheit zu bringen versuchen. Das war der Zeitpunkt zum Zuschlagen - wenn das feindliche Fahrzeug versuchte, Neptun zu verlassen.
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„Ich sagte schon", begann Abel Waringer und wedelte mit dem Stiel seiner Pfeife durch die Luft, „daß unser Hochüberladungsfeld und das Paratronfeld der Zweitkonditionierten in struktureller Hinsicht verwandt sind. Lassen Sie mich dazu noch ein paar Erklärungen abgeben."
Die COLOMBO raste durch den Linearraum. Der Bildschirm zeigte das flache Grau eines Kontinuums, das die Aufnahmegeräte nicht in seiner eigentlichen Gestalt zu erfassen vermochten. Die Sterne waren grelle, einfarbige Lichtpunkte. Außerdem zeigte ein mattschimmernder Kreis die Stelle an, an der sich die ARONTO befand.
Es war 1150 Allgemeiner Synchronzeit am 2. März 2436. Die beiden Schiffe hatten seit dem Start von Plophos etwa ein Zehntel der zu bewältigenden Distanz hinter sich gelassen.
„Die Zweitkonditionierten benützen zur Erzeugung der Paratronfelder", fuhr Waringer fort, „Hyperstrahlung von einer Frequenz, die nach unserer Schätzung um einen Faktor zehn hoch acht bis zehn hoch neun höher ist als die Frequenz der Strahlung, die unsere Hochüberladungsschirme erzeugt.
Es ist nach den Prinzipien der Hyperphysik durchaus legitim, einen Analogievergleich zwischen konventioneller und Hyperstrahlung anzustellen: Je höher die Frequenz, desto energiereicher die Strahlung. Ich glaube, ich brauchte schon einmal den Vergleich, daß es gerade so ist, als verwendeten wir sichtbares Licht, während die Zweitkonditionierten Gammastrahlung benützen."
Er sah Reginald Bull fragend an, und Bull nickte zustimmend. Er war Waringers einziger Zuhörer.
Das Gespräch fand in einer kleinen Kabine statt, die unmittelbar neben dem Kommandostand lag und von Bull für private Zwecke beschlagnahmt worden war, als er die COLOMBO für diese Fahrt übernahm. Es war kaum zu übersehen, daß Waringer seine Rolle als Erklärer auskostete. Reginald Bull betrachtete es als gerechte Buße für seine beiden beleidigenden Fehltritte, daß Waringer sich in seinen Ausführungen so ausgewählter Einfachheit befleißigte, als hätte er einen Philosophiestudenten vor sich, der aus Versehen in eine Physikvorlesung geraten war.
„Gut. Mit höherenergetischer Strahlung lassen sich Effekte erzielen, die ans Wunderbare grenzen.
Wir hätten selber gerne Paratronfelder- und sei es nur, um sie zu studieren und uns mit ihnen vertraut zu machen. Aber -
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