0335 - Die goldenen Skelette
Es schimmerte hell, war kein Mensch, aber vielleicht war es einmal vor langer Zeit ein Mensch gewesen.
Luigi stöhnte, als er genauer hinschaute, was da in der Wand erschienen war.
Ein goldenes Skelett!
***
Wir konnten nichts tun und nur abwarten. Irgendwann würde der Flug ein Ende haben, dessen waren wir uns sicher. Nur den Zeitpunkt bestimmten weder der Pilot noch Suko oder ich.
Wir warteten.
Sicherheitshalber hatten wir uns in den bequemen Sesseln angeschnallt, und auch unser Pilot hatte sich zu uns gesellt. Ihn hielt nichts mehr in seinem Cockpit, denn er wußte nicht, was er dort noch alles erledigen sollte. Die Maschine flog auch ohne ihn.
»Noch immer Kurs Südost?« fragte ich ihn.
»Ja.«
»Eine Position können Sie nicht feststellen?« wollte Suko wissen.
»Nein, ich kann es nur raten.« Wir schauten ihn so auffordernd an, daß er uns das Ergebnis seiner Raterei mitteilte.
»Wir befinden uns meiner Schätzung nach bereits über dem Meer.«
»Dem Mittelmeer!« präzisierte ich.
»Das ist es.«
»Dann müßten wir bald Italien erreicht haben«, meinte Suko.
Niemand widersprach ihm.
Daniel Ricon schlug die Hände vor das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht, wie das noch alles enden soll und wie wir landen werden. Tut mir leid. Wahrscheinlich findet man uns irgendwann verbrannt zwischen den Trümmern der Maschine.«
Das war natürlich möglich, dennoch wollte ich nicht daran glauben.
»Man hat mit uns etwas vor«, erklärte ich. »Deshalb glaube ich nicht so recht daran, daß wir irgendwo zerschellen. Die Kräfte, die die Regie über uns und die Maschine übernommen haben, werden uns auch dorthin führen, wo wir sicher sind.«
Daniel Ricon schaute mich an wie ein Weltwunder. »Woher nehmen Sie nur diese Sicherheit?«
»Das macht die Erfahrung«, erklärte Suko.
»Dann glauben Sie das auch?«
»Natürlich.«
Der Pilot schlug auf einen kleinen Tisch. »Nein und abermals nein«, rief er. »Das kann ich nicht begreifen. Sie wollen mir hier etwas erzählen. Hören Sie.« Er starrte uns an. »Das ist doch alles nicht normal. Ich bin kein Engel und habe verdammt heiße Jobs hinter mich gebracht, aber so etwas wie hier, das habe ich noch nie erlebt.«
»Finden Sie sich damit ab«, sagte Suko.
»Nein!« Ricon sprang auf. »Ich kann es nicht. Ich bin kein Fatalist. Ich brauche Action, ich muß selbst handeln und will nicht, daß dies andere für mich übernehmen. Verstehen Sie?«
Wir verstanden ihn, aber wir konnten ihm nicht helfen. Er mußte sich, ebenso wie wir, in sein Schicksal fügen. Das erklärten wir ihm mit aller Deutlichkeit.
»Wahnsinn!« flüsterte Ricon. »Das ist Wahnsinn.«
»Wie Sie meinen.«
Suko sagte: »Wir sinken.«
Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, als der Pilot von seinem Sitz hochspritzte und in das Cockpit lief. Sehr schnell kam er wieder zurück.
Im Durchgang blieb er stehen und nickte heftig. »Das stimmt in der Tat, wir sinken.«
»Dann werden wir auch bald landen«, bemerkte Suko.
»Aber wo?« schrie der Pilot. »Verdammt, wo sollen oder werden wir landen? Gibt es hier eine Landebahn?«
»Nein, das wohl nicht.«
»Eben. Dann zerschellen wir an irgendwelchen Felsen, und alles ist aus. Auch mit uns.«
»Setzen Sie sich!« sagte ich.
Er nahm tatsächlich Platz. Nur nicht bei uns, sondern im Cockpit.
Auch Suko und ich rührten uns nicht. Wir konzentrierten uns auf den Flug, der tatsächlich dem Boden entgegenführte.
Langsam schwebten wir nach unten. Beide schauten wir aus dem Fenster. Zu sehen war nichts. Vielleicht ein paar Wolkenfetzen, aber dahinter und dazwischen lauerte die Dunkelheit.
Wir waren in die Nacht hineingeflogen.
Auch wieder ein Phänomen, das ich nicht verstand, denn eigentlich hätte es hell sein müssen.
Die Rätsel nahmen zu.
Wir flogen in die Nacht. Ich fragte mich zwangsläufig, ob der große Unbekannte im Hintergrund an der Zeit gedreht und manipuliert hatte.
Möglich war einfach alles.
Daniel Ricon hockte angespannt auf seinem Sitz. Sein Blick war nicht nur starr geradeaus gerichtet, sondern auch nach innen. Ein aus der Decke des Passagierraums fallendes Licht eines Spots streifte ihn. Wie winzige Kugeln lagen die Schweißperlen auf seiner Stirn.
Ein perfekter, aber für uns unsichtbarer Pilot schien die Maschine zu steuern. Soviel ich feststellen konnte, gab es keine Abweichungen von einer normalen Landung. Wir schienen auf Wolken zu schweben, man trug uns nach unten, und kein Windstoß rüttelte an
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