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0341 - Keiner kennt die Todesstunde

0341 - Keiner kennt die Todesstunde

Titel: 0341 - Keiner kennt die Todesstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keiner kennt die Todesstunde
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    »Nun sehen Sie doch nicht gleich rot! Ich bin doch nicht der Teufel!« sagte er.
    ***
    Phil gestikulierte wild mit dem linken Arm. Ich sah mich um. Ein Taxi näherte sich. Ich schloß die Augen, bis ich die Bremsen dicht neben mir quietschen hörte. Das Yellow Cab hielt tatsächlich am Straßenrand. Ein grauhaariger Fahrer mit dem zerklüfteten Gesicht eines Goldgräbers reckte den Kopf zum Seitenfenster heraus.
    »Wollt ihr etwa Auto fahren?« fragte er.
    Ich hatte die vordere Tür schon aufgemacht und gab Marvin einen leichten Stoß. Da wir seinen rechten Arm an den linken von Donelly gebunden hatten, zappelten die beiden zusammen auf das Polster.
    »Moment, Moment!« protestierte der Grauhaarige. »Was ist denn hier los? Die sind ja gefesselt!«
    »Mann, wenn Sie das schon gefesselt nennen, dann hätten Sie uns mal sehen sollen«, meinte Phil. »Seien Sie so freundlich und bringen Sie uns ’rüber in die 69. Straße. Fahren Sie auf den Hof des FBI-Gebäudes, ja?«
    »FBI?« staunte der Graukopf.
    »Ja«, nickte'Phil. »Ich bin nämlich John Edgar Hoover, allerdings verkleidet. Und das da ist mein Kammerdiener, allerdings nicht verkleidet. Er kann nichts dafür, er sieht immer so aus.« Der verwitterte Goldgräberkopf war durch nichts zu erschüttern.
    »Zum FBI bringe ich euch«, versprach er. »Wenn ihr nicht bezahlen könnt, seid ihr bei den G-men gleich an der richtigen Adresse.«
    Phil und ich setzten uns auf die hintere Bank und paßten auf unsere Ehrengäste auf. Marvin hatte am Kinn eine schmale, blutunterlaufene Stelle und offenbar Schmerzen, denn ab und zu verzog er das Gesicht, wenngleich kein Ton über seine Lippen kam.
    Im Hof des Distriktgebäudes ließ ich vor dem Eingang zu der großen Halle unserer Fahrbereitschaft anhalten, stieg aus und betrat die von Glaswänden abgeteilte Kabine. Rey Lefton hatte den Sonntagsdienst. Als er mich sah, verdrehte er die Augen.
    »Hast du dich wieder mit bösen Kindern eingelassen?« erkundigte er sich teilnahmsvoll. »Oder geriet dir statt des Whiskys eine Säureflasche in die Hand?«
    »Gib dir selber eine Antwort«, erwiderte ich. »Wer sonst soll auf das Niveau deiner Fragen hinabsteigen können? Aber leih dem guten Jerry rasch fünf Dollar, bevor du die nächsten Sprüche drechselst.«
    »Fünf Dollar? Wirst du größenwahnsinnig? Iß für sechzig Cent Schinken und Ei in der Kantine! Ich kann auch nicht jeden Sonntag im Waldorf-Astoria dinieren.«
    Trotz seines Einspruchs sammelte er bereits Eindollarnoten aus seinen Hosentaschen. Allerdings zählte er die dreimal, bis er glaubte, daß es fünf und nicht versehentlich sieben wären.
    »Übrigens«, murmelte er noch beim Zählen, »hast du innerhalb der letzten zwei Stunden Nachrichten gehört?«
    »Du sonniges Gemüt! Glaubst du, vom Radiohören kriegt man ein solches Aussehen wie ich? Die Engel habe ich ein paarmal singen hören, aber dazu brauchte ich kein Radio. Was ist denn los? Soll für alle amerikanischen Bürger die Steuerfreiheit eingeführt werden, oder wird für die G-men das Gehalt verdoppelt?«
    »Wir wundern uns nur alle im Hause, daß die Presseabteilung der Stadtpolizei so einen Wirbel macht.«
    »Worum denn?«
    »Lieutenant Easton ist seit heute früh verschwunden. Das ist ein Mann —«
    »Ich kenne ihn!« unterbrach ich. »Er leitet seit einiger Zeit eine der Mordkommissionen im Osten. Vielen Dank für diesen Hinweis. Den Fünfer kriegst du morgen wieder.«
    Ich nahm seine fünf Scheinchen und lief hinaus. Wenn Easton verschwunden war, seit sich seine Mordkommission um den Fall Dorrit Marvin bemühte, dann gab es zwar theoretisch eine Menge Möglichkeiten, aber eine von ihnen waren die Seen in Adirondacks.
    »Das ist für Sie«, sagte ich hastig und drückte dem Fahrer die fünf Dollar in die Hand. »Und vielen Dank!«
    »Dafür fahre ich Sie jeden Sonntag, Mister, und wenn Sie nur eine Badehose anhätten«, grinste er zufrieden, winkte noch einmal und schaukelte auf die Ausfahrt zu, da Phil mit unseren beiden Naturfreunden bereits ausgestiegen war. Er dirigierte sie sogar schon auf den hinteren Eingang zu, und ich hatte Mühe, ihn einzuholen.
    Eine Minute später saßen wir vier in unserem Office. Ich kramte aus der rechten Schublade eine Flasche Scotch, die für besondere Aufmunterungen bereitsteht, während Phil in die Kantine ging und zwei Schachteln Zigaretten auf sein Konto schreiben ließ. Der Whisky brannte auf den Lippen, auf der Zunge und im Magen. Dafür weckte er ein paar

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