0349 - Der Satan fordert Lösegeld
Leute in bestimmten Abständen noch kleinere Summen bezahle, damit ich vor unliebsamen Besuchen und Überraschungen bewahrt bleibe, dann ist das doch eine Art Versicherung. Und sie hat sich bis vor kurzem immer gut bewährt.«
Mich ärgerte seine Einstellung. Gerade das war es, was uns unsere Arbeit immer so schwer machte.
Und gerade weil die Betroffenen in fast allen Fällen lieber schwiegen, als sich an uns zu wenden, wurden uns die wenigsten Fälle bekannt.
»Und es ist nichts als schäbige Erpressung«, hielt ich ihm entgegen. »Hören Sie, Mr. Aldergate, wir wollen doch das Kind beim Namen nennen. Ein paar skrupellose Gangster setzen Geschäftsleute unter Druck und verlangen eine Schutzgebühr. Dafür garantieren sie den Leuten, dass sie in Ruhe gelassen werden. Und wer nicht bezahlt, wird von den Gangstern terrorisiert.«
»Sehen Sie, Agent Cotton, dann bezahle ich doch lieber gleich und habe keinen Ärger«, unterbrach mich der Kunsthändler und lächelte mich freundlich an. »Die Polizei kann meist doch nicht helfen.«
»Und warum kann die Polizei nichts ausrichten?«, empörte ich mich. »Die Betroffenen kommen ja nicht zu uns. Sie zahlen, lassen sich erpressen. Wenn man uns die Fälle meldet, dann können wir die Gangster unschädlich machen.«
»Das klingt logisch, nur man handelt in den meisten Fällen nicht danach«, gestand mein Besucher. »Sonst hätte ich ja auch schon vor Jahren zu Ihnen kommen müssen. Bis jetzt habe ich zu zahlen vorgezogen.«
»Und warum kommen Sie jetzt zu mir?«, wollte ich wissen.
Er lächelte mich wieder an, als wollte er um Verzeihung bitten.
»Vor drei Tagen habe ich meinen Beitrag bezahlt«, erklärte er. »Heute erhielt ich schon wieder eine Aufforderung. Diesmal handelte es sich um einen wesentlich höheren Betrag. Wenn ich nicht bezahle, würde man sich in meinem Geschäft die Bilder einmal näher betrachten. Man ließ keinen Zweifel darüber, dass es nicht allein beim Betrachten bleiben würde. Und ich habe eine ganze Reihe wertvoller Kunstwerke in meiner Galerie.«
Seine gepflegte Rechte fuhr unter die maßgeschneiderte Jacke seines dunkelgrauen Anzuges.
Aldergate holte eine Brieftasche aus Krokodilleder heraus und klappte sie auf.
Er entnahm ihr ein Stück Papier, das er vor mir auf den Schreibtisch legte.
»Dann sind die Gangster jetzt also auch am Washington Square an der Arbeit«, sagte ich nur, nachdem ich einen kurzen Blick auf das viereckige Stück Karton geworfen hatte.
»Sie kennen diese Art Zahlungsaufforderung?«, erkundigte sich Aldergate verwundert.
Statt einer Antwort riss ich eine Schublade meines Schreibtisches auf und kramte darin.
Ich legte Aldergates Karte neben die anderen. Sie waren alle von der gleichen Art.
Ringsum lief ein schmaler, schwarzer Rand. Die Dinger sahen aus wie Traueranzeigen. Statt des sonst üblichen Textes war das Papier jedoch leer. Nur in der Mitte der Karte stand ein einziges Wort. Es war ganz fett gedruckt.
Aldergate war aufgesprungen.
»Pay«, stotterte er tonlos. »Auf den anderen Karten steht ja auch nur dieses eine Wort!«
»Zahlen.« Dieses Wort genügte der Gangsterbande. Und die Opfer kamen der barschen Aufforderung meistens nach. Für die Banden ein Grund, ihr schmähliches Spiel mehrfach erfolgreich zu wiederholen.
»Damit sind seit einiger Zeit Geschäftsleute im Norden von Manhattan unter Druck gesetzt worden«, erklärte ich ihm, »unter massiven Druck sogar. Leider hat man sich zu spät an uns gewandt, und wir konnten keinen der Gangster erwischen. Anscheinend haben die Erpresser jetzt ihr Jagdrevier in die Gegend am Washington Square verlegt.«
Aldergate hatte sich wieder gesetzt.
»Ich habe diese Karten schon vor Jahren einmal bekommen. Ich war damals mit meinen Zahlungen im Rückstand gewesen«, erzählte er. »Dann lief immer alles reibungslos. Aber wie gesagt, in den letzten Tagen werden mir die Leute zu massiv.«
»Wenn Sie früher zu uns gekommen wären«, sagte ich, »wären Sie wahrscheinlich schon längst Ihre Sorgen los. Und mancher Ihrer Kollegen ebenfalls.«
»Mag sein«, räumte mein Besucher ein und schluckte. »Sie müssen mir helfen.«
»Das werden wir«, versprach ich ihm. »Passen Sie auf, Mr. Aldergate. Ich habe eine Idee.«
»Machen Sie was Sie wollen, nur helfen Sie mir, Agent Cotton«, bat er. »In meiner Galerie hängen eine Menge Bilder. Ich fördere viele Talente in Greenwich Village. Aber ich stelle nicht nur unbekannte junge Künstler aus. Ich habe einige
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