035 - Das Wachsfigurenkabinett
Sprechgerät hervor.
»Fred!« rief sie. »Sofort zum Ausgang! Verfolgen Sie den hageren Mann! Er hat seine Loge verlassen.«
»Verstanden, Coco«, meldete sich Fred Martens.
Collins war etwa fünfzig Meter vor Coco. Nur noch wenige Meter trennten ihn von den beiden Frauen, die jetzt das Foyer erreichten. Vom Dämon und Martens war nichts zu sehen.
Sie kamen an den Garderoben vorüber. Zwei der Garderobenfrauen sprangen überrascht auf, als die vielen Personen an ihnen vorbeirasten. Collins erreichte Lady Hurst und packte sie an der Schulter. Er riß sie an sich und schlug ihr die geballte Faust unters Kinn. Sie fiel zu Boden, und er raste weiter und erreichte das blonde Mädchen gerade noch, als sie nach der Tür griff. Mit beiden Händen umklammerte er sie und drückte sie zu Boden. Das Mädchen wehrte sich heftig, aber plötzlich erlosch ihre Gegenwehr. Ihr Körper sackte in sich zusammen, die Schultern lösten sich unter Collins Händen auf.
Mit weit aufgerissenen Augen verfolgte der Agent, wie das Mädchen vor seinen Augen verschwand. Ein Abendkleid, Schuhe, eine Halskette und ein Ring lagen nur noch auf dem Boden.
Collins drehte sich um und blieb vor Lady Hurst stehen. Ihre Augen flackerten schwach; dann wurde ihr Körper durchsichtig und löste sich ebenfalls auf.
Coco und Collins wechselten einen Blick.
»Holen Sie mir meinen Mantel!« sagte das Mädchen.
Die Garderobenfrauen waren wie gelähmt. Sie trauten ihren Augen nicht. Collins hatte keine Zeit zu verlieren. Er sprang einfach über die Barriere, schnappte sich die Mäntel und folgte Coco.
Coco war es in der Zwischenzeit gelungen, mit Martens Verbindung aufzunehmen.
»Ich folge dem Dämon«, teilte Martens mit. »Wir fahren gerade die Tottenham Court Road in Richtung Norden entlang.«
»Wir kommen nach«, sagte Coco. »Geben Sie uns laufend durch, wohin Sie fahren!«
»Verstanden«, sagte Martens.
Daniel Shorter beobachtete noch immer das Wachsfigurenkabinett in der Benson Road. Er hatte sich mit Ronny Murray abgewechselt und auch einige Stunden vor dem Eingang in der Honor Oak Road gewartet und jeden Besucher unauffällig fotografiert; doch es waren nicht viele Besucher gekommen.
Jetzt war es kurz nach zehn Uhr. Alle Fenster waren dunkel, doch Madame Picard befand sich noch im Haus.
Shorter war das Warten gewöhnt; es gehörte zu seinem Beruf. Er hing seinen Gedanken nach, die sich heute besonders mit seiner verschwundenen Frau und seiner Tochter beschäftigten. Er vermißte Mabel sehr und beinahe noch mehr seine Tochter. Die beiden waren sein Lebensinhalt gewesen, und nun waren sie verschwunden und sein Leben war leer und inhaltslos geworden. Er hoffte noch immer, daß die beiden irgendwann auftauchten, obwohl er insgeheim wußte, daß diese Hoffnung sinnlos war. Mabel und Susi waren sicherlich einem Verbrechen zum Opfer gefallen. Er hatte mit dem Leben abgeschlossen, doch nicht den Mut zum Selbstmord aufgebracht.
Er saß im Wagen, den Sitz weit zurückgeschoben, und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Gelegentlich stellte er das Radio an. Und jede halbe Stunde setzte er sich über Funk mit Ronny Murray in Verbindung.
Zehn Minuten nach zehn Uhr meldete sich Murray plötzlich. »Eben verläßt Madame Picard das Haus. Sie steht vor der Tür und sieht sich um. Jetzt sperrt sie ab und geht auf einen weißen Morris zu. Sie steigt ein. Ich werde ihr folgen. Du kannst jetzt nach Hause gehen.«
»Verstanden«, sagte Shorter.
Er blieb aber sitzen und starrte weiter das Haus an. Zwar hatte er von Dorian Hunter keinen Auftrag erhalten, das Haus zu durchsuchen, doch die Gelegenheit kam ihm günstig vor. Denn je länger er nachgedacht hatte, um so sicherer war er geworden, daß Madame Picard etwas mit dem Verschwinden seiner Familie zu tun hatte.
Er wartete noch einige Minuten, dann stieg er aus. Die Straße war leer. Kein Mensch war zu sehen, kein Auto fuhr vorbei. Er hatte auch die anderen Häuser in der schmalen Straße beobachtet: alle Fenster waren dunkel.
Shorter überquerte die Straße und blieb vor der Tür stehen, die ins Wachsfigurenkabinett führte. Er sah sich nochmals um und nahm sich dann das Türschloß vor. Innerhalb einer halbe Minute hatte er es geöffnet. Vorsichtig stieß er die Tür auf und huschte in den Vorraum. Er zog die Tür hinter sich zu, blieb stehen, holte seine Stablampe heraus und schirmte den Lichtstrahl mit der Hand ab.
Die Kasse war leer. Völlige Ruhe herrschte; nur seine Schritte hallten in
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