0350 - Mörder in der Traumfabrik
hoch. Ich glitt schleunigst zurück in den Schatten einer großen Blumenschale. Sie öffnete die Tür und trat hinaus. Unruhig blickte sie um sich.
Ich befürchtete schon, entdeckt worden zu sein, da mich meine Schale nur unvollkommen schützte. Sie war aber viel zu aufgeregt, als daß sie ihre Umgebung beachtet hätte. Sie blickte wiederholt auf ihre Armbanduhr. Ich hatte von ihr den Eindruck eines Menschen, der ungeduldig und in höchster Spannung auf etwas wartet.
Schließlich schien sie es nicht mehr auszuhalten. Hastig eilte sie zurück zu der Bar. Sie griff unter die Theke nach einem Telefon.
Während ich mich der offenen Terrassentür zu nähern versuchte, wählte sie die Nummer. Dann lauschte sie mit mir zugewandtem Rücken, so daß ich mich ungehindert so weit Vorarbeiten konnte, um ihre Worte zu verstehen.
»Bist du es, Darling?« fragte sie. Ihre Stimme klang rauchig und hart. »Ich warte hier schon eine Ewigkeit auf dich. Wir hatten uns doch verabredet! Wo bleibst du denn?«
Die Antwort ihres Gesprächspartners konnte ich natürlich nicht hören. Die unwilligen Gebärden der Baranoff ließen mich vermuten, daß sie durch die Antwort verärgert war. »Darling« hatte einen Wortschwall für sie bereit, sie schwieg längere Zeit. Dann hakte sie wieder ein:
»Darüber will ich doch gerade mit dir reden! Du wirst ja schon erfahren haben, daß die Polizei im Studio war und auch mich verhörte. Es ist allerlei passiert heute, auch das FBI hat sieh eingeschaltet.«
Sie lauschte wieder. Sie setzte sich auf einen Barhocker. Ich konnte ihr Gesicht jetzt von der Seite sehen. Erstaunen spiegelte sich in ihren Zügen.
»Ob ich den Wagen auf dem Weg geparkt habe? Warum fragst du das?… Ich soll ihn nicht hineinfahren?… Nein, ich lasse ihn draußen, wenn es dir lieber ist. Ach so, du glaubst, ich ramme wieder gegen die Wand? Aber laß doch diese Nebensächlichkeiten! Denkst du denn nur an den Wagen und deine Garage? Das wäre lieb, Darling! Ja, schnell bitte! Du weißt doch, wie ich mich darüber freue! Also bis bald, Darling!«
Sie hängte ein und griff sichtlich erleichtert nach der Flasche mit der hellen Flüssigkeit.
Wer war »Darling«?
Jim Logan, der Mann, der in Los Angeles die Spielhöllen kontrollierte. Sollte an dem Gerücht, das Phil mir hinterbracht hatte, doch etwas Wahres sein? Jim Logan, dieser zwielichtige Gangster mit den undurchsichtigen Beziehungen zur High Society und Madame Olga Baranoff, das Idol der Filmwelt, sollten ein heimliches Liebespaar sein? Aneinandergekettet durch gemeinsam begangene Gesetzwidrigkeiten?
Wenn Darling auf kreuzte, würde ich klarer sehen. Doch sah ich plötzlich nicht klarer. Im Gegenteil, es wurde rabenschwarz und neblig. Ich merkte noch, wie ein harter Schlag meinen Hinterkopf traf.
***
Als ich wieder erwachte, war es heller Tag. In meinem Kopf summte es wie in einem Bienenkorb. Die Sonne blinzelte mir ins Gesicht, und auf der Zunge hatte ich einen faden, salzigen Geschmack, Salzwasser! Irgend jemand hatte mir als Morgengruß eine nasse Probe aus dem Pazifik übers Gesicht gegossen und mich dem unfreiwilligen Schlaf entrissen. Dieser Jemand war mein falscher Brandmeister!
»Haben wir den Vogel wieder eingefangen!« höhnte der Bursche und stieß mir brutal seinen Schuh in die Seite. Ich gab keine Antwort. Zunächst wollte ich wissen, wo ich mich befand.
Es war eine Holzhütte, ich lag auf rohem Bretterboden. Unter mir hörte ich das beunruhigende Gurgeln von Wasser. Wir waren also auf einem Bootshaus. Hände und Füße waren gefesselt, Arme und Beine eng an den Körper geschnürt.
Die Rückenpartie schmerzte stark. Man hatte mich wahrscheinlich an den Füßen angepackt und von der Terrasse geschleift.
Es schien mein Schicksal zu sein, in Kalifornien stets einen total verdorbenen Anzug tragen zu müssen.
»Jetzt ist es Schluß mit den Extratouren!« sagte der Mann, der Fuller vermutlich ermordet hatte.
»Der Alte mit dem Taxi hat mich ohnehin beschworen, dich nicht mehr unter die Leute zu lassen. Er möchte seinen Beruf noch einige Jährchen ausüben können und auch auf die gelegentlichen Nebeneinnahmen nicht verzichten.«
»Das wird er wohl müssen!« erwiderte ich. »Sein Gesicht und die Wagennummer habe ich nicht vergessen.«
»Glaubst du wirklich, daß wir dir noch Gelegenheit geben werden, was auszuplaudern?« fragte der Gangster. Er wartete meine Reaktion ab, dann fügte er hinzu: »In ein paar Minuten bist du bei den Fischen!«
»Mord an
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