0350 - Wo der Teufel lacht
in der Polizeiwache in Feurs, der benachbarten kleinen Stadt. Von dort aus würde man dafür sorgen, daß der Dieb festgenommen und ins Krankenhaus gebracht wurde; die Chancen, die Hand wieder anzunähen, standen dann noch recht gut.
Aber derjenige würde dann wahrscheinlich nie wieder einen Diebstahl begehen.
In der Praxis war dieser Extremfall allerdings noch nie eingetreten - Zamorra war nicht unfroh darüber, denn mit den Jahren gefiel ihm diese gefährliche. Schaltung doch nicht mehr so recht. Es kam einer Art Selbstjustiz dem Dieb gegenüber gleich, und Zamorra überlegte, ob er diese Schaltung nicht stillegen sollte. Château Montagne war dermaßen abgesichert, daß diese zusätzliche Sicherung eigentlich überflüssig war - zumal nicht einmal die Spezialisten der DYNASTIE DER EWIGEN den Safe entdeckt hatten, als sie das Château überfielen. [4]
Zamorra öffnete den Safe. Seine linke Hand huschte hinein, umschloß den Dhyarra-Kristall und nahm ihn heraus. Eine Sekunde lang zögerte er noch - da war noch das Schwert Gwaiyur. Sollte er, sollte er nicht…?
»Nimm’s ruhig«, sagte eine Stimme hinter ihm.
Zamorra ließ den Safe zugleiten und fuhr herum. »Gryf! Teri!« stieß er hervor. »Das ist ja eine Überraschung - ich glaube, ihr kommt gerade richtig.«
»Das scheint mir auch so«, sagte Gryf. »Aber nimm Gwaiyur trotzdem heraus. Vielleicht brauchen wir es.«
Zamorra hob die Brauen. Die Doppeldeutigkeit der Worte entging ihm naturgemäß, auch das kalte Glitzern in den Augen der beiden, die ihn mit falscher Freundlichkeit anlächelten.
Zamorra dachte sich bei ihrem Auftauchen nicht sonderlich viel. Gryf und Teri waren oft zu Gast im Château, zusammen oder einzeln, und sie kamen und gingen meist, ohne sich vorher an- oder abzumelden. Also war es vollkommen normal, daß sie jetzt hier waren.
Zamorra stellte sich so, daß er den Safe abdeckte, während er die Zahlen erneut eintippte und das Schwert herauszog. Auch die beiden Druiden brauchten die Zahlen nicht unbedingt zu kennen. Wer nichts wußte, konnte auch nichts durch Zufall weiterverraten.
Zamorra wog das Schwert der Gewalten, wie es auch oft genannt wurde, in der Hand. Gwaiyur war eine im wahrsten Sinne des Wortes zweischneidige Klinge. Eine Zauberwaffe, die zuweilen überraschend selbst entschied, ob sie für das Gute oder das Böse kämpfen wollte. Es mochte geschehen, daß sie ihrem Benutzer aus der Hand glitt und zum Gegner wechselte… Gwaiyur hatte Zamorra schon gute Dienste geleistet, aber auch seinen Gefährten, den Yard-Inspektor Kerr, enthauptet…
Dennoch wollte Zamorra nicht auf diese Waffe verzichten. Denn irgendwo gab es immer noch den Diener des Krakenthrons, den Schwarzzauberer Amun-Re aus dem versunkenen Atlantis. Gegen den versagten alle magischen Waffen. Nur duch drei bestimmte Schwerter konnte er getötet werden, wenn sie ihn zugleich berührten — eines der Schwerter war Gwaiyur, das zweite war das durch Stein schneidende Zauberschwert Gorgran, welches Zamorras Freund Michael Ullich besaß. Das dritte, das aus einer gespaltenen Drachenzunge geschmiedete Schwert Salonar, lag seit dem Untergang von Atlantis in einem bisher noch nicht wiederentdeckten Versteck. Irgendwann, wußte Zamorra, würden sie Salonar finden, und dann war Amun-Res Ende gekommen.
Aber das war noch Zukunftsmusik.
»Leonardo, Wang und Bill sind eingedrungen«, sagte Zamorra. »Fragt mich nicht, wie. Aber wir haben zumindest Leonardo und Wang überwältigt. Trotzdem ist es gut, daß ihr da seid.« Er nickte Gryf und Teri lächelnd zu. Das Schwert in der Hand, den Dhyarra in der Jackentasche versenkt, ging er zur Tür.
»Ich kann dir sagen, wie sie hereingekommen sind«, sagte Teri. »Die Abschirmung ist zusammengebrochen.«
»Aber erst hinterher!« sagte Zamorra, eingedenk des Berichtes von Nicole. »Aber woher wißt ihr das schon?«
»Man teilte es uns mit«, sagte Teri gelassen.
»Merlin?«
Teri zuckte mit den bloßen Schultern. Sie folgte Zamorra auf den Korridor hinaus. Gryf bildete den Abschluß. Zamorra sah nicht, wie es abermals in den Augen der beiden Druiden böse aufglomm. Aber er konnte einfach keinen Verdacht schöpfen. Daß ausgerechnet die beiden Silbermond-Druiden dem Bösen anheim fallen konnten, war so undenkbar, wie wenn Weihnachten, Ostern und Pfingsten gemeinsam auf einen Mittwoch fallen würden.
»Wo sind sie?« fragte Gryf.
»Eine Etage tiefer«, erklärte Zamorra. »Mir nach…«
Nichts anders hatten die Druiden vor…
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