0350 - Wo der Teufel lacht
eine Kleinigkeit. Die Schwertspitze glitt an den winzigen, dicht an dicht sitzenden Metallschuppen seines Kettenhemdes ab. Aber sie verfing sich in seinem Schultermantel, auf dem er lag, und nagelte ihn damit halbwegs auf dem Korridorteppich fest.
Sofort verstärkte er wieder den Druck auf Nicole. Sie rang abermals um Atem.
»Ich nehme an, du hast sie nicht absichtlich verfehlt, Fleming«, sagte der Dämon drohend.
Bill hob den Prydo, den er in der anderen Hand hielt, er murmelte einen Zauberspruch.
Vor Nicoles Augen flimmerte alles. Dann war sie frei, rollte von Leonardo herunter. Sie sah, daß dessen eisenbehandschuhte Faust die Schwertklinge umfaßt hielt und sie langsam verbog. Nicole schnellte sich hoch, taumelte außer Reichweite und versuchte sich von dem Würgegriff zu erholen. Gleichzeitig überlegte sie, was Bill getan hatte. Es gab nur eine Möglichkeit.
Er hatte den Zeitzauber des Prydo angewandt. Er hatte Nicole um ein paar Sekunden oder eine halbe Minute in die Zukunft versetzt. So bestand nicht die Gefahr eines Paradoxons.
Aber als sie durch die Zeitversetzung aus Leonardos Griff entschwand, hatte dieser ihn gelockert, so daß Nicole entweichen konnte, als sie in die Zeit zurückkehrte. Statt dessen zerstörte Leonardo jetzt das Schwert, das ihn am Boden hielt, mit geradezu spielerischer Leichtigkeit.
Er richtete sich auf. Finster sah er Bill an.
»Du solltest dir rechtzeitig überlegen, auf welcher Seite du stehst, Fleming«, fauchte er. »Verräter haben bei mir kein langes Leben. Töte Nicole Duval!«
Bill schüttelte den Kopf. Er hielt den Prydo immer noch einsatzbereit.
»Ich weiß sehr genau, auf welcher Seite ich stehe«, sagte Bill kalt. »Nämlich auf meiner eigenen. Ein Spiel, bei dem ich mitmache, wird nach meinen Regeln gespielt. Und die sehen in diesem Fall anders aus als deine, Dämon.«
»Gesetzt den Fall, ich erweise dir die Gnade, deinen Worten zu lauschen«, knurrte Leonardo. »Wie stellst du dir das Spiel also vor?«
»Kein feiger Mord«, sagte Bill. »Wenn ich mich nicht irre, ging es darum, Zamorra auszuschalten. In fairem Kampf! Dafür habe ich dich und diesen Schlitzäugigen hierher gebracht. Jeder sollte dieselbe Chance haben, verstanden? Aber Mord auf Befehl — nein, mein Schlechtester. So nicht. Eher bringe ich dich um, Dämon.«
»Versuche es.«
Leonardo hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Er trat ebenso überlegen auf wie Bill. Nicole verstand den Historiker nicht mehr. Er verhielt sich widersprüchlich. Zum einen paktierte er mit dem Satan, zum anderen predigte er faires Spiel!
Da stimmte etwas nicht…
Da erschien Zamorra. Und bei ihm waren Gryf und Teri!
Nicole hob die Brauen. Und der Dämon begann breit zu grinsen. Er bleckte die Zähne. Eine dumpfe Befürchtung überkam die Französin.
»Zamorra«, sagte sie tonlos. »Paß auf - Gefahr…«
Da schlug Gryf mit beiden Fäusten zu. Zamorra brach bewußtlos zusammen. Teri versetzte sich im zeitlosen Sprung direkt zu Nicole und griff sie an. Noch ehe Nicole begriff, hatte die Druidin auch sie betäubt.
Leonardo machte aus dem Stand einen Sprung vorwärts. Bill Fleming kam nicht mehr dazu, den Prydo zu seiner Verteidigung einzusetzen. Lautlos brach er zusammen.
Der kurze Kampf war vorbei, bevor er richtig begonnen hatte.
Château Montagne war in dämonischer Hand.
***
Sid Amos ließ sich von seinen Gefühlen treiben und von der Kraft, die ihm die drei zusammengeschalteten Amulette verliehen. Mit ihnen fühlte er sich wieder bärenstark. Er folgte der Zeitlosen.
Er holte sie ein, noch ehe sie Caermardhin verlassen konnte. Sie spürte seine Nähe, wandte sich um und sah ihn, wie er herankam, ein kraftstrotztendes Energiebündel. Er fühlte ihre Gedanken und die Furcht, die in ihr aufflammte.
Und er sah noch mehr.
Er entsann sich dessen, was Merlin ihm erzählt hatte. Abkömmling eines EWIGEN und eines MÄCHTIGEN… das negative Potential, das in ihr keimte, das Böse…
Sid Amos sah es vor sich.
Es war zum Vorschein gekommen, ohne daß es jemand hatte verhindern können. Die Kette der Intrigen hatte es ausgelöst und die Zeitlose in eine Spur gezwungen, die sie nicht mehr verlassen konnte. Der Punkt war überschritten, von dem aus es kein Zurück gab.
Das böse Erbe in ihr war erwacht. So, wie es lange vorher schon in ihrer Tochter Sara Moon erwacht war…
Deshalb war sie keinen Argumenten mehr zugängig gewesen. Deshalb hatte sie nicht zuhören wollen. Das Böse in ihr hatte sich seine
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