0350 - Wo der Teufel lacht
konzentrierte sich. Er wob ein Schutzfeld um sich, so schnell er es konnte. Doch noch ehe er es ganz stabilisieren konnte, war das Einhorn schon wieder da. Es griff ihn abermals an. Amos warf sich mit einem weiten Sprung zur Seite. Er wurde von einer der Schwingen gestreift und auf den Sockel zu katapultiert, über dem die Bildkugel schwebte. Er stürzte halb unter die Kugel.
Das Einhorn kreiselte herum. Merlin hob abwehrend die Hände. Nie zuvor war er so hilflos gewesen wie in diesem Augenblick. Er wollte eingreifen, aber eine Sperre in seinem Unterbewußtsein verhinderte es. Merlins Magie war blockiert.
Das Einhorn griff Amos erneut an, blindwütig und unkontrolliert. Und es prallte gegen die schwebende Bildkugel.
Die explodierte!
In einem lautlosen Vorgang platzte sie auseinander. In ihrem Zentrum entstand ein Feuerball, der sich blitzschnell ausdehnte, das Einhorn erfaßte und verschlang.
Die Zeitlose schrie!
Blinde Wut, mit der die Zeitlose ihr Tier zum Angriff getrieben hatte, präsentierte ihre erste bittere Rechnung…
Das verzehrende Feuer strich aber auch über Sid Amos hinweg, der in dem Lichtorkan verschwand. Merlin stöhnte auf und wich fliegenden Trümmerstücken aus, die von der Schale der zerplatzten Kugel herstammten.
Die Zeitlose zeigte offen ihr Entsetzen über den blitzschnellen Untergang ihres Einhorns. Sie schrie, und mit weit aufgerissenen Augen bewegte sie sich langsam auf Merlin zu.
»Nein«, keuchte sie. »Nein — Merlin, das bereust du…«
Der Zauberer wich zurück. »Es ist nicht meine Schuld«, keuchte er auf. »Bitte… versuche doch nur einmal, mir zuzuhören…«
Aber so wie seine Magie ihr gegenüber blockiert war, war ihr Verständnis, ihm zuzuhören, blockiert. Sie wollte sich auf keine Diskussion einlassen. Sie wollte vernichten, um so mehr, da sie nun gerade selbst eine Niederlage hatte hinnehmen müssen.
»Die Energie, die in der Kugel steckte… warum mußte sie tödlich sein?« schrie die Zeitlose ihn an.
»Alles, was an Magie im Saal des Wissens ist, ist tödlich«, wehrte sich Merlin verzweifelt. »Das wußtest du von Anfang an! Du wußtest auch, daß nur jemand, der relativ unsterblich ist - wie wir - den Saal überhaupt betreten kann, ohne sofort zu Staub zu zerfallen!«
»Relativ unsterblich«, keuchte sie und ging weiter auf ihn zu. »Nur durch Gewalt zu töten…« Und eiskalt loderte es in ihren Augen.
Merlin wich weiter zurück.
Er wußte selbst, daß er keine gute Figur abgab. Aber er konnte es nicht ändern. Diese Frau war sein Schicksal.
»Bruder…«, flüsterte er. Aber er bekam von Sid Amos keine Antwort mehr.
Er konnte nicht einmal mehr nach seinem dunklen Bruder sehen. Die kalten Frostaugen der Zeitlosen hatten ihn in ihren Bann geschlagen. Augen, die wie Dhyarra-Kristalle glühten.
Die Zeitlose bewegte ihre Hände, und über ihre Lippen flossen eigenartige Worte. Zauberformeln, die Merlin kannte, und er erschrak.
Die Zeitlose wollte ihn nicht töten.
Was sie tat, war tausendmal schlimmer.
Alles in ihm bäumte sich auf. Noch einmal versuchte er, sich zu wehren, und der Block zerflatterte, der ihn bislang gehindert hatte.
Doch jetzt war es zu spät.
Die Magie der Zeitlosen wirkte bereits.
Merlin erstarrte.
Er fror. Es war alles so furchtbar kalt. Die Temperatur stürzte. Schon lag sie weit unter dem Gefrierpunkt. Merlin fühlte, wie seine Glieder erstarrten. Er konnte sich nicht mehr bewegen. Und die Zeitlose schritt um ihn herum und ließ ihre Magie wirken.
Merlins Denken gefror.
Die Zeit gefror.
Alles verzerrte sich ins Endlose. Und dann war es vorbei.
Die Zeitlose hatte getan, weshalb sie hierher gekommen war. Sie hatte Merlin ausgeschaltet.
Genauer gesagt: Sie hatte ihn kaltgestellt.
***
Nicole zuckte zusammen, als sie die Bewegung am Ende des immer noch hell erleuchteten Korridors sah. Unwillkürlich nahm sie das Schwert hoch.
Da stand Bill Fleming.
Er hatte sich in der Tat verändert — und das nicht zu seinem Vorteil, fand Nicole. Seine Haut war von der Sonne verbrannt, das Haar schwarzgefärbt, der Oberlippenbart gab ihm etwas Bösartiges. So,, wie er da im hellen Seidenanzug stand, hätte er einer der Bosse eines Gangstersyndikats sein können. Ein spöttisches Lächeln umspielte seine Lippen. In der Hand hielt er den Prydo.
»Hallo, Nicole«, sagte er. »Lange nicht gesehen, wie?«
»Kann man wohl sagen«, gab sie leise zurück. »Und ich bin nicht sicher, ob ich mich freuen soll. Warum hast du die
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