0351 - Wir jagten das schnelle Gespenst
Headquarter. Von dem Kollegen in der Vermittlung ließ ich mir Mr. High geben. »Hallo, Chef«, sagte ich. »Es wird Sie sicher interessieren, dass Halsey offenbar ein Freund des Geigenspiels ist. Unsere Mordkommission hat dort ein solches Instrument gefunden. Hat eigentlich der Gangster schon ausgesagt, den wir in der Portland Road gefasst haben?«
»Ja, Jerry! Es ist Bob Gravel, ein Neffe von Stan Gravel.«
Ich pfiff leise durch die Zähne. Stan Gravel war der Mann, der das Haus von Lepke übernahm und es dann an Lorke verkaufte.
»Und was suchte er heute in der Portland Road?«, erkundigte ich mich.
»Er behauptet, Halsey habe ihn hereinlegen wollen. Womit, verschweigt er allerdings, obwohl er genau weiß, dass ihm der elektrische Stuhl sicher ist. Die Ermittlungen in Halseys Haus gehen gut voran. Bei dem Toten, den Sie im Keller gefunden haben, handelt es sich tatsächlich um diesen Doktor Cabot. Seine Frau ihn bereits identifiziert. Jetzt, da er tot ist, macht sie sich Vorwürfe. Sie scheint ihm das Leben sauer gemacht zu haben, und als er schließlich herausfand, dass sie ihn betrog, warf er alles hinter sich und tauchte in der Bowery unter. Eine menschliche Tragödie! Die Großfahndung nach dem verbrecherischen Anwalt läuft, Jerry! Wenn er noch im Land ist stehen seine Chancen sehr schlecht.«
»Okay, Chef.« Ich hängte ein.
»Leute, es sieht ganz so aus, als kämen wir endlich mit diesem vertrackten Fall weiter!«, verkündete ich zufrieden. »Bis auf diesen Bogenschützen scheinen wir jetzt alle Mitspieler zu kennen. Krempelt die Ärmel hoch und macht euch an die Arbeit! Wo sollen wir anfangen, Denner?«
»Das werde ich euch sagen, .wenn ich den Plan mit der Wirklichkeit verglichen habe. Dachten Sie, das ginge so einfach. Wir werden erst einmal die Mauerstärken nachmessen müssen, die Läge der einzelnen Räume festlegen, die Fußböden genau untersuchen…Es wird eine Menge Arbeit geben, sage ich euch!«
»Wer ist eigentlich oben in der Halle?«, fragte ich.
»Mrs. Kopp ist in der Küche«, sagte Lorke. »In der Halle ist niemand. Sie werden doch nicht denken, dass sich der Geist ins Haus wagt, wenn fünfzehn G-men sich darin aufhalten!«
»Die Frage ist, ob er das weiß!«, meinte ich. »Ich schaue doch lieber mal nach!« Ich klappte meinen Zollstock zusammen und steckte ihn in die Tasche.
»Du willst dich wohl von der Arbeit drücken«, maulte Phil.
Ich kletterte die Treppe hoch.
Als ich in die Halle trat, war ich wie vom Donner gerührt. Vor dem Kamin stand unser Bogenschütze. Grinsend spannte er die Sehne. Diesmal trug er keine Maske.
***
Ich warf mich, nach vorn - eine Zehntelsekunde zu spät! Der Pfeil traf mich an der Schulter. Ich spürte den Aufprall.
»Sofortige Lähmung!«, hatte Grace Flynn gesagt. Ihre Worte standen deutlich im Raum, als wären sie eben erst gesprochen worden. Lebte ich überhaupt noch?
Meine Finger ließen sich bewegen. Oder bildete ich mir das nur ein? Auch in dem Gesicht meines Mörders malte sich ungläubiges Staunen.
Er langte über die Schulter und zog einen neuen Pfeil aus seinem Köcher.
Und dann begriff ich. Der Pfeil war in dem Lederriemen des Halfters stecken geblieben! Ich riss ihn heraus und sprang zur Seite.
Dann hörte ich einen Schuss. Der Bogen glitt dem Schützten aus der Hand, seine Knie knickten im Zeitlupentempo ein. Vor dem Kamin brach er zusammen.
Und dann sah ich Harrison Halsey. Er hielt eine italienische Beretta in seiner Hand.
»Lasen Sie die Waffe fallen!«, befahl ich. Er lachte keuchend. Ruhig hob er die Hand und legte auf mich an.
Da knallte es wieder!
Ich landete hinter einem schweren Sessel. Als ich mich wieder aufrappelte, lag Halsey bewusstlos am Boden. Ein Mann stand über ihn gebeugt, die Mündung seines Colts auf den Anwalt gerichtet.
»Hands up!«, brüllte ich und visierte ihn an.
Der Mann drehte sich nach mir um und warf die Waffe weg.
»Ich glaube, ich brauche sie jetzt nicht mehr«, sagte er ruhig.
In diesem Augenblick stürzten meine Kollegen die Kellertreppe herauf.
»Was ist los, Jerry?«, rief Phil.
»Nichts mehr!«, sagte ich leise. »Das Gespenst von Manhattan ist tot.«
Ich deutete auf den Mann in dem grünen Wams, das sich langsam rot färbte.
»Halsey hat ihn einen Augenblick zu früh erschossen. Wahrscheinlich hielt er mich für erledigt und beseitigte sein Werkzeug.«
»Und wer ist das?«
»Ich heiße Keon«, sagte der Mann mit dem Colt. »Ich glaube, ich kann Ihnen einiges
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