0352 - Die Bestie von Neapel
mußte sie allein sein.
Und doch zog sie etwas zu Mac Landrys…
Das andere Boot zog schnell davon. An Bord wurde ausgelassen gefeiert; April sah es andeutungsweise. Das Boot war hell erleuchtet.
Die G-ALPHA veränderte ihre Geschwindigkeit nicht.
Schon bald war das andere Boot nur noch ein winziger, kaum sichtbarer Lichtfleck auf dem Wasser. Da ertönte abermals ein leiser Pfeifton.
Diesmal aber war es kein weiteres Boot, das den Yachthafen verließ. Es war überhaupt kein Schiff, auch keines, das von irgendwoher den Kurs der G-ALPHA zu kreuzen drohte. April konnte auf dem Wasser nichts dergleichen erkennen.
Fuhr da einer abgedunkelt?
Sie trat vor die Bildschirmgalerie der Kommandobrücke. Die Radarund Infraroteinrichtungen begannen Bilder zu zeichnen. Da war etwas weit voraus, das sich dem Boot der ausgelassen Feiernden näherte. Die Computerauswertung zeigte die Koordinaten des bevorstehenden Zusammentreffens und den Zeitpunkt an.
Das Objekt war nicht größer als eine kleine Yacht, und sie war auf dem Infrarotschirm sehr deutlich zu erkennen. Etwas zu deutlich… es fehlten abgekühlte Bugpartien und besonders helle Wärmeflecken im Antriebsbereich.
Wenn das ein Boot war, dann ein recht seltsames…
Aprils Finger huschten über die Tastatur und aktivierten das Funkgerät, das sie bis jetzt nicht benutzt hatte. Sie trat vor die Apparatur und begann zu senden. Sie rief das fremde Objekt mit einem scharf gebündelten Richtstrahl an.
Es kam keine Antwort.
Dafür meldete sich ein anderer Funker. Es mußte das kleine Boot sein, denn die Stimme des dortigen Funkers, der Klartext sendete statt zu morsen, wurde von Lachen und Musik umrahmt.
Er sprach englisch mit deutlichem italienischen Akzent. »Wer piept da so seltsame Signale? Ist das der Riesenkahn, den wir vorhin überholt haben? Was liegt denn an?«
April zögerte einige Sekunden. Sie sah wieder zu den Bildschirmen.
Dann straffte sie sich.
»G-ALPHA an den fröhlichen Überholer. Ihr kriegt gleich Besuch, Ihr habt ein seltsames Objekt auf Kollisionskurs, das mir für ein Schiff ein wenig seltsam vorkommt. Es erreicht euch in voraussichtlich vier Minuten.« Sie las die Koordinaten ab, die den Hafen als Nullpunkt des Netzes angaben.
»Du spinnst, Signorina. Da ist nichts. Wenn es so nahe wäre, müßten wir es doch sehen.«
»Ich hab’s auf Radar und Infrarot.«
»Da ist nichts. Laß uns in Ruhe…«
Rauschen folgte. Der andere hatte wohl abgeschaltet.
April spürte ein ungutes Gefühl. Leichter Schwindel packte sie. Plötzlich merkte sie, wie sich etwas in ihr Gesichtsfeld schob. Sie war auf dem anderen Boot. Es war gut zehn Meter lang, und insgesamt sechs Männer und Frauen amüsierten sich auf und unter Deck. April begriff, daß sie ein Traum-Phänomen auf das Schiff gesandt hatte.
Dabei war sie nach wie vor wach und im Kommandostand der G-ALPHA… aber was sich dort abspielte, nahm sie jetzt nicht mehr wahr. Ihre ganze Konzentration ihre Aufmerksamkeit galt dem Geschehen auf der Zehn-Meter-Yacht.
Sie versuchte sich zu orientieren. Das Ding, das sie geortet hatte, mußte sich von Steuerbord her nähern.
Plötzlich wurde sie entdeckt. Ein junger Mann torkelte auf sie zu.
»Hoppla, wen haben wir denn hier? Dich kenne ich ja noch gar nicht, Süße…« Er war nicht mehr so ganz standfest. Offenbar dauerte das kleine Bordfest schon einige Zeit an. »Bist – bist du ein Blinder Passagier, oder was? Wie kommst du an Bord?«
»He, Tino, was machst du da oben?« rief eine Frauenstimme ihm nach.
Dann kam ein zweiter Mann heran. »Tino, deine Angela wartet so verzweifelt auf dich, laß sie nicht allein…« Da sah er April.
»He, wer sind Sie? Wie kommen Sie hierher?«
Es war die Stimme aus dem Funk. Der Mann war noch recht nüchtern, wahrscheinlich steuerte er die Yacht auch.
»Ich habe vorhin von der G-ALPHA aus gefunkt«, sagte April. »Da nähert sich Ihnen ein Objekt, das nicht einzuordnen ist. Sie sollten einen Kurswechsel…«
Sie brach ab, als sie in der flackernden Beleuchtung sah, wie sich sein Gesicht verhärtete. Sie erkannte, daß sie einen Fehler gemacht hatte.
Jetzt würde er ihr überhaupt nichts mehr glauben. Schließlich konnte sie nicht einfach so von der G-ALPHA hierher gekommen sein, mehr als zwei Meilen lagen mittlerweile zwischen den beiden Schiffen.
»Irgend jemand spinnt hier, und ich weiß verflixt genau, daß ich das nicht bin«, sagte er. »Was wollen Sie hier an Bord? Warum haben Sie sich eingeschlichen? Sie
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