0352 - Die Bestie von Neapel
nur ein Traum gewesen?
Das wollte sie jetzt feststellen!
Wenn es das Monster gegeben hatte, mußte es auch Spuren hinterlassen haben. Und wenn es dieses Monster tatsächlich gab, wenn es echt gewesen war, dann mußte Stefania auch akzeptieren, daß der Blonde ein Zauberer war, wie er von sich behauptet hatte.
Stefania sah sich am Strand um. Die Fußeindrücke waren bereits undeutlich geworden. Ein leichter Wind schliff die Kanten im Sand ab. Da war der Bootssteg, auf dem Margitta und sie gehockt hatten… sie trat auf den Steg hinaus.
Der Golf von Neapel lag ruhig vor ihr. Rechts war das Hafengebiet weit hinter der Abzäunung zu erkennen. Auf dem Wasser war kaum etwas los.
Vormittags blieben die Skipper mit ihren Yachten meist im Hafen.
Auch das Ungeheuer zeigte sich nicht.
Stefania mußte unter Wasser nachsehen, wenn sie Spuren finden wollte, wo das Ungeheuer gestanden hatte. Sie stieg aus dem Kleid und ließ es auf dem Bootssteg liegen. Darunter trug sie einen Badeanzug. Sie lief ins Wasser hinaus und sah sich dann wieder sorgfältig um. Wo genau hatte das Monster sich aufgehalten? Stefania ging in die Knie, tauchte dann im flachen Wasser unter und sah sich um. Der Sand war hier und da eingedrückt. Aber…
Da waren keine Fußabdrücke. Auch nicht von einem so riesigen Monstrum wie diesem, das hoch wie ein Haus gewesen war, als es sich aufrichtete. Aber da waren so eigenartige Schleifspuren unter Wasser.
Als wäre ein Schiff über den Boden gezogen worden, oder ein riesiger Wal… ?
Hatte das Ungeheuer etwa einen Fischschwanz besessen?
Möglich war alles, ebensogut aber auch, daß sie beide einer Halluzination zum Opfer gefallen waren.
Immerhin war hier irgend etwas gewesen. Plötzlich wurde es ihr deutlich klar. Denn die Unterwasserpflanzen waren an dieser Stelle vernichtet.
Waren samt Wurzelwerk und Boden beiseitegeschaufelt oder zerstampft worden.
Stefania tauchte noch einmal unter. Weiter vom Strand weg gab es die Spuren nicht mehr. Dort hatte sich das Ungeheuer wohl nur noch schwimmend bewegt, um sich erst in Ufernähe auf… seinen Schwanz zu stützen und aufzurichten?
Als sie sich vorstellte, wie diese Bestie insgesamt aussehen mußte, wurde ihr noch unbehaglicher zumute.
Stefania verließ das Wasser wieder, nahm ihr Kleid mit und kehrte zur Villa zurück. Nur das Personal war anwesend. Ihr Vater war in Neapel in seiner Firma, die Mutter gab es schon lange nicht mehr. Das achtzehnjährige Mädchen ging zum Telefon und rief Margitta an.
Die ließ sie nicht ausreden. »Stefania, erinnerst du dich an gestern abend, als das Monster aus dem Golf auftauchte? Wir dachten doch, es sei eine Sinnestäuschung, und Mac sagte etwas von einem Zaubertrick und…«
»Hast du schon die Zeitung gelesen? Dann schlag mal den Lokalteil auf«, empfahl Margitta. »Das Ungeheuer gibt es tatsächlich, sagen ein paar Leute, die es gesehen haben. Es hat… was sagtest du? Du hast Spuren gefunden?«
»Ja.«
»Oh, Himmel… und ich hatte gehofft, das wäre eine Zeitungsente…«
»Wovon, zum Teufel, redest du eigentlich«, wollte Stefania jetzt wissen.
»Lies es selbst«, bat Margitta. »Wo treffen wir uns?«
»Komm ’raus nach San Giovanni, das sind nur zwei Kilometer von hier und es gibt da nicht so viele Touristen. Wir treffen uns in unserem Stammcafé. Chiao!«
Sie legte wieder auf. Dann suchte sie nach der Tageszeitung und schlug den Lokalteil auf. Da war eine Kurzmeldung, irgendwie fast nach Redaktionsschluß wohl noch zwischen die anderen Texte gequetscht.
Riesiges Monster überfällt Touristen! – In der heutigen Nacht ereignete sich… Die Buchstaben verschwammen sekundenlang vor Stefanias Augen. Dann las sie weiter. Ein Ungeheuer, das als grünschuppig und riesengroß beschrieben wurde, hatte sich über eine Gruppe von Touristen her gemacht, die einen Nachtspaziergang am Strand unternommen hatten. Drei der neun Personen waren entkommen, eine davon mit Verletzungen. Die Beschreibungen waren recht übereinstimmend – das Monster war aus dem Wasser aufgetaucht, hatte sich einer Robbe gleich, aber wesentlich schneller, über den Strand bewegt und blitzschnell nacheinander sechs Opfer verschlungen. Dann war es ins Wasser zurückgekehrt und verschwunden. Man hatte die Schleifspuren gefunden, die die Berichte der Überlebenden zu bestätigen schienen. Für Fotos der Überlebenden und des »Tatortes« war allerdings kein Platz geblieben; der Reporter versprach aber, am Ball zu bleiben und in der nächsten
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