0352 - Die Bestie von Neapel
angekündigt, daß er dort auf April warten wolle. Aber sie hatte mit fast übermenschlicher Willenskraft der gewaltigen Versuchung widerstanden und das Feuer niedergekämpft, das in ihr brannte und sie in Mac Landrys’ Arme treiben wollte.
In der Nacht hatte sie ein wenig Abstand gewonnen – hoffte sie. Sie ließ sich von einem Taxi zum Hotel bringen. Daß sie dabei Zamorra und Nicole nur um wenige Minuten verfehlte, ahnte sie nicht. Aber sie ließ sich auf der Frühstücksterrasse nieder, von der aus sie Ausblick auf den hoteleigenen Swimmingpool und eine Freizeitanlage hatte, und bat darum, Mister Mac Landrys hierher empfehlen zu lassen, sofern er sich im Hotel aufhalte.
Hier, in aller Öffentlichkeit, glaubte sie ihm eher widerstehen zu können.
Hier gaben ihr die anderen Menschen, die in kleinen Grüppchen ihr Frühstück einnahmen oder sich bereits im Pool tummelten, Rückhalt.
Aber das klappte nur so lange, bis Mac Landrys auftauchte. Diesmal trug er einen cremefarbenen Anzug und eine Krawatte, die mit Diamantsplittern besetzt war, nur von einem Kamm schien sein blonder Haarschopf auch heute noch nichts gehört zu haben. Er war wirr wie eh und je.
Und als Landrys sein Lächeln auf die Lippen zauberte, war April ihm schon wieder verfallen und sehnte sich danach, in seinen Armen zu liegen und seine Zärtlichkeiten zu genießen. Sie würde alles dafür tun, ihn küssen zu dürfen.
Alles.
Zaghaft versuchte sie die nächtliche Aktivität Amphibions anzusprechen, aber Landrys unterbrach sie.
»Es wird nicht wieder vorkommen«, sagte er. »Unser Freund glaubte, sich Extratouren erlauben zu dürfen. Ich habe ihn in seine Schranken verwiesen. Stell dir vor – um ein Haar hätte er sich selbst an mir vergriffen.«
Was kaum ein Verlust für die Menschheit gewesen wäre, dachte April.
Warum zum Teufel hat es nicht geklappt? Ich wäre eine Menge Probleme los… Laut sagte sie: »Ich bin froh, daß er es nicht getan hat. Ich hätte in der Nacht zu dir kommen sollen. Ich sehne mich nach dir.«
Er lächelte.
»Wir werden heute nicht viel Zeit füreinander haben«, sagte er. »Falls du es noch nicht wissen solltest: Zamorra ist eingetroffen. Er logiert hier im Excelsior.«
Fast wäre April aufgesprungen. Zamorra hier! Und demzufolge wohl auch Nicole! »Wo sind sie? Ich muß zu ihnen. Wann sind sie eingetroffen!«
»Vor einer Stunde. Aber du bleibst brav hier sitzen. Sie sind auf dem Weg zum Hafen und suchen deine Yacht, glaube ich. Nun dürfte es an der Zeit sein, die Falle aufzubauen, damit sie hineintappen.«
»Die Falle… aber ich kann doch nicht meine Freunde verraten«, wandte sie wieder ein.
Landrys’ Augen schienen zu glühen.
»Je eher es dir gelingt, desto früher haben wir beide Zeit für uns«, sagte er eindringlich, Die Worte brannten sich tief in Aprils Unterbewußtsein, und in ihnen klang noch mehr nach. Der Befehl, gehorsam zu sein und das zu tun, was Landrys wollte. Ein Befehl, den sie nicht bewußt wahrnahm und dem sie sich dennoch nicht entziehen konnte, der wortlos mitschwang.
Sie ließ sich von Landrys in ihr Zimmer begleiten. Dort streckte sie sich auf dem Bett aus. Sie würde »träumen« müssen. Sie konnte das zwar auch im Sitzen oder Stehen, aber es war wohl besser, wenn ihr Körper dabei ruhiggestellt war, wenn sie sich voll auf ihr Traum-Phänomen und dessen Agieren konzentrieren konnte.
Aber ist das auch wirklich richtig, was du tust? fragte etwas in ihr. Sie durfte nicht darauf hören. Sie mußte ihre Fähigkeit nutzen, um das zu tun, was Mac Landrys wollte.
***
Stefanie Marchese ging hinunter zum Strand. Sie mußte sich über einige Dinge klar werden. Da waren die seltsamen Erlebnisse der vergangenen Nacht. Die Begegnung mit diesem Mac Landrys, der so unverschämt anziehend wirkte und auch noch ein guter Liebhaber war. Trotzdem waren da einige Dinge unklar.
Gut, ihren und Margittas Namen konnte er irgendwo aufgeschnappt haben. Aber dieses plötzliche Auftauchen an einem anderen Teil des Gartenparks, nachdem am Strand dieses riesige Ungeheuer im Mondlicht erschien… das Ungeheuer selbst… und obwohl Stefania keinen einzigen Tropfen Alkohol angerührt hatte und wußte, daß sie in ihrer Erinnerung keinen »Filmriß« hatte, konnte sie nicht sagen, wie sie nach Hause gekommen war. Sie war einfach plötzlich in ihrem Zimmer gewesen.
Da war irgend etwas in ihren Erinnerungen, das immer undeutlicher zu werden drohte, je länger sie forschte… und war das Ungeheuer nicht
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