0356 - Die Frau, die zweimal starb
zwar rechnen, aber nicht immer auf sie bauen können, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Noch nicht.«
Kara sprang ein. »Das ist leicht, Myxin. Suko meint, daß er auch einen anderen Beruf hat und sich nicht ausschließlich um atlantische Probleme kümmern kann.«
Heftig winkte der kleine Magier ab. »Das habe ich vorausgesetzt. So etwas ist für mich selbstverständlich. Ich wollte es euch auch nur verständlich machen. Dabei wird es auch passieren, daß sich unsere Fälle kreuzen. Zudem haben Kara und ich beschlossen, uns nicht mehr so stark zurückzuhalten, wie wir es früher getan haben. Es muß etwas geschehen, und zuerst brauchen wir die Menschen, die so ähnlich sind wie Kara und ich.«
Der Inspektor lächelte. »Ich kenne dich lange genug, Myxin, um zu wissen, daß du, wenn du eine solche Rede hältst, nicht auch einen Trumpf im Ärmel hast. Stimmt’s?«
»In der Tat«, gab der kleine Magier nickend zu. »Ich habe einen Trumpf im Ärmel.«
»Und der wäre?«
»Er hat sogar einen Namen. Der Trumpf ist eine Frau. Sie heißt Gabriela di Fanti…«
»Moment mal«, sagte Shao und setzte sich kerzengerade hin, wobei sie den ihr gegenübersitzenden Myxin starr anschaute.
»Haben wir den Namen nicht schon gehört?«
Der Chinese nickte. »Ja, in letzter Zeit sogar. Ich habe sogar etwas darüber gelesen. Jetzt noch… im Krankenhaus. Da stand etwas in den Zeitungen.«
Myxin übernahm wieder das Wort. »Du brauchst nicht so lange herum zu rätseln, ich will es dir sagen. Gabriela di Fanti ist eine der begabtesten Pianistinnen, die die Musikwelt im Moment zu bieten hat.«
»Stimmt, jetzt weiß ich’s wieder. Und diese di Fanti tritt hier in London auf.«
»Genau.« Myxin lächelte. »Sogar heute abend.«
»Aber was hat sie, oder was hat ihr Klavierspiel mit dem alten Atlantis zu tun?« fragte Shao. »Da komme ich noch nicht mit.«
»Ich habe keinen Beweis dafür, aber ich spüre, daß Gabriela di Fanti einfach zu uns gehört. In ihren Adern fließen Reste des atlantischen Blutes. Daß es so etwas gibt, wißt ihr auch. Denkt an die Rockband, die damals in Spanien aufgetreten ist.«
»Stimmt«, sagte Suko, »und in der Leichenstadt trafen wir sie dann wieder.« [2]
»Weshalb soll es sich bei Gabriela di Fanti anders verhalten?«
»Immer sind es Künstler«, meinte Shao und fügte noch einen Satz hinzu. »Fragt sich nur, auf welcher Seite sie steht?«
Myxin hob die Schultern. »Das wissen weder Kara noch ich genau. Wir müßten sie näher kennenlernen.«
»Wird schwer sein«, redete Suko gegen. »Diese di Fanti ist abgeschirmt wie ein kostbarer Edelstein. Man sagt, sie sei sehr scheu und würde sich so gut wie nie der Presse stellen.«
»Wir wollen sie auch nicht erschrecken«, gab Kara zu, »sondern völlig normal an sie herankommen. Das wäre doch eine Aufgabe für dich, Suko. Du bist Polizist.«
»Aber nur ein kleiner.«
»Du kannst dir ja Hilfe holen«, schlug Kara vor.
»Hilfe? Bei wem?«
»Denk mal an einen gewissen Reporter, der ebenfalls tausend Beziehungen hat.«
»Ah, Bill Conolly.«
Kara lächelte. »An ihn habe ich gedacht.«
Myxin überlegte einen Moment und nickte. »Okay, ich werde ihn anrufen. Wann wollt ihr euch denn treffen?«
»Noch an diesem Abend!« erklärte der kleine Magier.
»Was? Nein, das wird nicht möglich sein. Die gibt doch ihr Konzert.« Suko schaute auf seine Uhr. »Das fängt in einer Stunde an, soviel ich gehört habe…«
»Dann wird es Zeit, daß du mit Bill redest«, sagte Shao. »Komm, Suko, ruf ihn mal an!«
»Ja, ja, mach ich gern. Ich hoffe nur, daß alles glattgeht.« Er schüttelte den Kopf, als er die Nummer der Conollys tippte. Sehr schnell wurde abgehoben.
»He, Bill, du klingst so hastig. Bist du in Eile?«
Suko hörte sich die Antwort an und fragte ein paarmal. »Was? Das ist nicht möglich.« Dann deckte er die Sprechmuschel ab und beugte sich zu den anderen hin. »Ihr könnt es euch nicht vorstellen, aber die beiden Conollys haben Karten für das heutige Premierenkonzert der Gabriela di Fanti…«
***
Das halbe Dorf war auf den Beinen, als ich zum Bahnhof ging. Inzwischen wußte es auch die letzte Katze, daß es Frantisek Marek und mir gelungen war, die Nachzehrer zu vernichten und damit den Ort Hacea von dieser Brut zu befreien.
Nicht nur der Fall selbst war anstrengend gewesen – zum Glück hatte es keinen Toten gegeben –, auch was danach kam, hatte mich persönlich sehr hart mitgenommen.
Es war die Siegesfeier gewesen.
Mein
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