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0356 - Die Tarot-Hexe

0356 - Die Tarot-Hexe

Titel: 0356 - Die Tarot-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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entwickeln kann? Was ist mit dem Mann geschehen?
    Sie alle im Dorf hatten schon des öfteren ihre Erfahrungen mit Magie machen müssen. Deshalb ahnte Vaultier, daß auch hier magische Kraft wirksam wurde.
    Aber den Leuten aus Paris konnten sie damit nicht kommen. Auch nicht der Kripo aus Feurs. Für die hatte es Übersinnliches nicht zu geben.
    Es stand nicht in den Dienstvorschriften, also existierte es auch nicht.
    Zehn Minuten später trug Raffael Bois Handschellen und befand sich in der Schänke, sorgfältig an den Heizkörper gefesselt. Vaultier telefonierte, und Pierre Mostache schlich verdrossen um seinen lädierten Wagen herum. Eine lange Schramme links an der Karosserie entlang, Frontund Heckscheibe zerschossen, der Kofferraum rechts eingedrückt…
    »Zamorra, ich drehe dir den Hals um«, murmelte er. »Mit dem Wagen können wir doch nicht übermorgen zur Schwiegermutter fahren… die glaubt doch sofort, ich hätte damit zu tun…«
    Und mit den zerschossenen Scheiben konnte er ohnehin nicht fahren.
    »Nie wieder gebe ich meinen Wagen aus der Hand«, beschloß er. »Und wenn die Welt untergeht oder die Preußen mal wieder einen Krieg anfangen, weil sie Lothringen wiederhaben wollen…«
    ***
    Aufmerksam lauschten Zamorra und Nicole der Erklärung Ysabeau Deranos.
    Zamorra schüttelte den Kopf, als er von der Deutung der Karten hörte. Aber er unterbrach die Tarot-Hexe nicht, bis sie mit ihren Erklärungen fertig war.
    »Zwei Karten?« sagte er dann. »Oder auch nur eine? Das ist ungewöhnlich. Normalerweise werden doch sieben Karten gelegt.«
    »Im allgemeinen ja«, sagte Ysabeau. »Sieben Karten sind üblich. Es können mehr sein, aber auch weniger. Ich komme mit weniger aus, weil ich mit den Karten eins werde. Ich sehe aus einer Karte mehr als andere aus zehn. Ich spüre, was sie mir sagen wollen, statt es zu deuten.«
    »Aber die Bedeutungen, die Sie genannt haben, müssen nicht unbedingt stimmen«, wandte Zamorra ein. »Ich bin kein Tarot-Experte, weil ich mich vorwiegend mit anderen Arten der Magie befasse, aber die Karte ›der Tod‹ muß doch nicht unbedingt bedeuten, daß jemand mich umbringen will.«
    »Natürlich nicht«, sagte Ysabeau. »Es kann auch der Beginn einer Veränderung sein, einer Umwälzung, Erneuerung. Aber… vorhin, bevor ich 65 von dem seltsamen Mann überfallen wurde, stand ich drüben in einem Gang vor einer abgeschlossenen Tür, und ich sah vor mir wieder die Karte ›Tod‹. Diese Tür hat mit der Karte zu tun oder mit demjenigen, der hinter ihr steht. Und wie erklären Sie sich, daß ›der Tod‹ wie von Geisterhand geführt über ›die Sonne‹ glitt und sie überdeckte?«
    »Luftzug«, sagte Nicole.
    »Das glauben Sie doch selbst nicht! In meinem Zimmer waren Tür und Fenster geschlossen! Aber dieser Drang, der mich hierher führte… er ist jetzt nicht mehr das. Statt dessen zieht mich etwas von hier fort.«
    »Vor welcher Tür standen Sie, Mademoiselle Ysabeau?« fragte Zamorra.
    Die Tarot-Hexe beschrieb sie ihm. Zamorra und Nicole sahen sich an.
    »Raffaels Wohnung«, sagte Zamorra leise. »Dort wohnt Raffael. Und er – ist der ›Tod‹ oder die Veränderung?«
    »Der Beginn der Veränderung«, sagte Ysabeau. »Die Veränderung selbst, der Neubeginn, wäre in meiner Deutung ›der Gehängte‹.«
    »Auch eine hübsche Karte«, sagte Nicole sarkastisch. »Langsam fängt das Tarot an, mir Spaß zu machen. Ist so fein makaber in seiner Symbolik…«
    »Es gibt auch Symbole, die nach außen hin freundlich erscheinen, es aber nicht sind«, sagte Ysabeau. »Es steht nicht immer das dahinter, was das Auge im ersten Moment wahrnimmt.«
    »Wie bei fast jeder Wahrsagerei«, sagte Nicole.
    »Das Tarot ist mehr als reine Wahrsagerei«, verteidigte sich die Hexe.
    »Es ist… nein. Ich kann es nicht erklären. Niemand kann es erklären. Man kann es nur spüren, wenn man die Veranlagung dazu hat.«
    »Aleister Crowley hatte sie…«
    »Nein!« Ysabeau schrie es fast. »Er hat vieles falsch gedeutet, weil er es falsch deuten wollte… er hat das Tarot und seine Symbolik in seinem Sinn ausgelegt…«
    »Der für ihn richtig sein mochte, auch wenn wir uns von Crowley distanzieren«, unterbrach Zamorra. »Aber wer sagt uns, daß unsere Deutungen von den Dingen richtig sind? Vielleicht irren wir alle, und es gibt noch wieder andere Auslegungen.«
    Die Tarot-Hexe senkte den Kopf. Sie nahm die Karten. Nicole hob erstaunt die Brauen, als Ysabeau die Karten in die Luft warf und zusah, wie

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