Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
036 - Die Hand des Würgers

036 - Die Hand des Würgers

Titel: 036 - Die Hand des Würgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurice Limat
Vom Netzwerk:
nach Hause brachte, mich so sieht.
    Da sie uns nun überrascht haben, müssen wir auch eine Erklärung abgeben. Die alte Madame Vaison ist entsetzt über das, was wir erzählen, Corinne ebenso. Der kleine Monsieur Feras macht uns zwar keine Vorwürfe, aber er schiebt uns ganz einfach auf sein Grundstück hinüber.
    Drüben sprechen wir ruhiger weiter. Er versteht, wieso es so gekommen ist, und merkwürdig – ich sehe in seinen Augen ein ganz seltsames Feuer.
    „Nein, Renaud. ich glaube, du bist unschuldig“, sagte er. „Genauso wie Pascal. Aber wieso seid ihr beide so dumm, euch gegenseitig zu verprügeln? Ganz im Gegenteil, ihr müßtet zusammenhalten. Damit ist nämlich die Sache noch nicht zu Ende. Ich bin überzeugt, es wird noch andere Verbrechen geben.“
    Mich schaudert, und ich sehe, daß auch Renaud zittert. Er versucht das Blut abzuwischen, das an seiner Nase schon zu Klumpen gerinnt.
    „Die Hand des Verbrechers wird sich wieder zeigen“, sagt Monsieur Feras. „Und es wird uns Mühe kosten, sie zu erkennen. Ihr beide gebt euch jetzt die Hand! Vorwärts! Und dann wascht euch. Wie seht ihr nur aus!“
    Ich gehe zum Brunnen. Der strahlend blaue Himmel erscheint mir plötzlich schwarz und drohend.
    Aber Monsieur Feras ist klug. Er weiß, daß es Renaud ebenso wenig war wie ich.
    Es war die Hand.
     

     

Monsieur Feras hatte sich das Haus gekauft, als er sich von seinem beruflichen Leben zurückgezogen hatte. In zahlreichen Vitrinen waren die seltensten »und buntesten Schmetterlinge aufgespießt, die er ein Leben lang gesammelt hatte. Das Haus war sehr behaglich im Viktorianischen Stil eingerichtet.
    Es wurde langsam dunkel. Auf dem Tisch standen drei Gläser mit topasfarbenem Whisky. Der kleine Monsieur Feras rieb sich immer wieder die schmalen Hände; es waren sehr lebendige, sehr nervöse Hände. Die beiden jungen Männer wirkten im Vergleich zu dem zierlichen alten Herrn noch viel robuster als sie in Wirklichkeit schon waren. Sie wußten beide nicht, welche Miene sie aufsetzen sollten. Feras hatte sie für neun Uhr abends zu sich bestellt.
    Renaud sah trotz seiner Jugend ziemlich verrunzelt aus. Pascal hatte nach dem „Unfall“ in der Sägemühle die Gewohnheit angenommen, mit der gesunden linken Hand den Stumpf der rechten zu verdecken. Die linke Hand nannte er seine „treue“ Hand.
    Faraud, der brave Hund, lag unter dem Tisch und hatte die Schnauze auf die Pfoten gelegt. Er war so rührend anhänglich, daß er seinem jungen Herrn auf Schritt und Tritt folgte.
    „Noch ein wenig Whisky?“ fragte Monsieur Feras.
    Die beiden Burschen nickten, Monsieur Feras goß die Gläser voll, und seine beiden Gäste tranken auf das Wohl des Hausherrn.
    „So, und jetzt werden wir reden“, sagte er zu den beiden Burschen. „Ich glaube, ihr braucht beide ein wenig Hilfe, um vernünftig zu werden.“ Und lachend fügte er hinzu: „Und wenn ihr euch noch so sehr prügelt, eine Lösung eurer Probleme ist das auch nicht.“
    Er war es dann auch, der redete. Der Whisky lockerte die Zungen, und er konnte annehmen, daß die beiden Burschen Vertrauen zu ihm hatten.
    Er umriß noch kurz die Ereignisse der letzten Zeit, welche das Dorf in solche Unruhe gestürzt hatten: Die Ermordung Loulous, noch praktisch in Renauds Armen, und vorher Pascals schrecklicher Unfall in der Sägemühle. Die Untersuchungen, die beiden Fällen gefolgt waren, hatten bei Pascal zu dem Ergebnis geführt, daß es sich wohl um einen Unfall gehandelt habe. Aber im Fall Loulou war auf beide ein gewisser Verdacht gefallen, und der bedrohte nun auch alle beide.
    „Gut“, sagte Monsieur Feras schließlich, indem er sich mit seiner schmalen Hand durch das dichte weiße Haar strich, „ihr beide habt euch also die Hand gegeben zur Versöhnung. Ich hoffe, daß es euch damit auch ernst war. Keine Hintergedanken, oder?“
    Sie waren jetzt beide sehr ruhig, fast ein wenig schüchtern. „Ich weiß recht gut“, fuhr Monsieur Feras fort, „daß keiner von euch beiden Loulou umgebracht hat. Aber in solchen Fällen wird ja praktisch die ganze Welt verdächtigt.“
    „Besonders mich verdächtigt man“, warf Pascal spontan ein.
    Renaud sprang auf, als sei er von einer giftigen Schlange gebissen worden, aber der kleine Monsieur Feras gebot ihm, sich wieder zu setzen.
    „Was behauptest du da, Pascal? Kein Mensch verdächtigt dich eines Mordes, soviel mir bekannt ist.“
    Die grauen Augen des alten Herrn forschten in dem naiven, offenen, ehrlichen und

Weitere Kostenlose Bücher