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036 - Die Hand des Würgers

036 - Die Hand des Würgers

Titel: 036 - Die Hand des Würgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurice Limat
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gequälten Gesicht des armen, unglücklichen Pascal.
    Renaud zog sich unmerklich in sich selbst zurück; er saß auch gegen das Licht, doch sein Gesicht schien plötzlich so etwas wie Zorn, vielleicht sogar Entsetzen auszudrücken. Es ließ sich nicht genau sagen, denn Monsieur Feras hatte keine Lampe angeknipst, weil der Mond ziemlich hell ins Zimmer schien.
    „Nun, so rede doch, Pascal“, sagte Monsieur Feras. „Ihr habt euch doch heute dazu entschlossen, du und Renaud, Verbündete zu sein. Und ich bin auch euer Verbündeter. Wir wollen doch Licht in dieses schauerliche Geheimnis bringen, oder nicht?“
    Pascal redete. Vielleicht hatte ihm der Whisky die Zunge gelöst. Sonst trank er nur Wein, und der ungewohnte Alkohol hatte in seiner gequälten Seele so etwas wie Euphorie erzeugt, und so redete er sich nun alles vom Herzen, was ihn seit langem gequält hatte.
    Renaud saß dabei und schien nicht alles zu begreifen. Aber Monsieur Feras lauschte aufmerksam, als Pascal erzählte, wie seine bösen Instinkte ihn verfolgt hatten. Er habe Tiere töten wollen, auch Mädchen, weil sie für ihn zu schön seien, und junge Burschen, weil sie Glück hatten bei den Mädchen, die von ihm nichts wissen wollten und ihn nur auslachten.
    Er habe mit sich gekämpft, aber seine Hand, seine böse, unmenschliche Hand sei stärker gewesen als er selbst.
    „Es war ja gar kein Unfall in der Sägemühle!“ rief er schließlich verzweifelt. „Das habe ich doch absichtlich getan. Ich wollte mir doch die Hand abschneiden!“
    Er streckte den armseligen Stumpf aus, so daß das volle Licht des Mondes auf die schreckliche Narbe fiel. Faraud stand auf und legte seinen Kopf auf Pascals Knie.
    „Jetzt habe ich diese schreckliche Hand nicht mehr. Und immer noch habe ich das Verlangen zu töten. Und nun ist dieses Verbrechen begangen worden.“
    Renaud stand auf und warf dabei seinen Stuhl um. Mit einer drohenden Geste ging er fluchend auf Pascal los.
    Monsieur Feras trat dazwischen.
    „Was willst du denn, Renaud?“ fuhr er den Burschen an.
    „Haben Sie denn nicht gehört, was er gesagt hat? Er hat es doch eben selbst zugegeben.“
    „Was hat er denn gesagt? Daß er versucht hat, etwas Böses zu tun? Hattest du vielleicht noch niemals den Wunsch, einen Menschen umzubringen? Willst du das im Ernst behaupten? Das kann kein Mensch von sich sagen, daß er nicht gelegentlich den Wunsch verspürt, einem anderen den Hals umzudrehen. Wenn man zornig ist, mein junger Freund, dann ist das sehr verständlich. Und du bist auch nicht so sanftmütig, daß du nicht manchmal rot siehst, oder?“
    „Ja, natürlich. Sicher. Aber er …“
    „Du Dummkopf! Du weißt ganz genau, daß er Loulou nicht umgebracht hat. Loulou wurde mit einer Hand erwürgt. Aber mit einer rechten Hand, mein Lieber! Und wo ist die rechte Hand des armen Pascal?“
    Er hatte unvermittelt nach dem Armstumpf gegriffen und den Hemdärmel zurückgeschoben, und so hielt er ihn Renaud unter die Nase.
    „Du bist ein ganz dummer, brutaler Kerl. Verstehst du denn nicht, daß er das, was er eben bekannt hat, aufrichtig meinte? Er hat nicht getötet. Er konnte es ja gar nicht tun. Es war ein anderer, der Loulou getötet hat.“
    Die frühere Forschheit, der Zorn hatten Renaud ganz und gar verlassen. Mit einemmal war er in Schweiß gebadet.
    „Wenn er’s nicht war, dann ist es ja wahrscheinlich die Hand.“
    Monsieur Feras ließ Pascals Arm los und hob die Schultern.
    „Eine Hand. Sicher, eine Hand. Eines ist aber ganz gewiß: diese Hand war sehr lebendig. Muß es gewesen sein.“
    Pascal ließ den Kopf auf die Tischplatte fallen und versteckte sein Gesicht hinter seinen Armen.
    „Nein, Monsieur Feras“, sagte er. „Renaud hat recht, und ich glaube auch, es stimmt. Meine Hand ist zwar von mir getrennt, aber ich spüre sie ja noch. Und sie tötet!“
    Er weinte. Faraud heulte die Begleitung dazu.
    Draußen war es nun ganz dunkel geworden, und der Mond warf sein helles Licht durch das Fenster. Die Schmetterlinge schienen lebendig zu werden und wegfliegen zu wollen, um süßen Nektar aus den Blüten im Garten zu saugen.
    Monsieur Feras machte Renaud ein Zeichen, er solle sich wieder setzen, und ließ Pascal eine Weile weinen.
    „Das ist doch alles eine ausgemachte Dummheit“, sagte er schließlich. „Loulou ist tot, und Pascal hat seine rechte Hand nicht mehr. Pascal, dich verdächtige ich ebenso wenig wie Renaud, aber wir müssen uns allmählich Klarheit verschaffen. Von jetzt an

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