0360 - Mörder-Magie
hielt sich so fest, und bemühte sich, den Knoten des Glockenseils zu öffnen. Bruder Jones drückte seine Kerze stumm Nicole in die Hand und fing den Mann auf, als er nach unten fiel. Vorsichtig ließ er ihn auf die hölzerne Plattform sinken.
»Was ist hier nur geschehen? Ich verstehe das nicht«, flüsterte er.
Zamorra kletterte wieder herunter. Er kniete neben dem Mann nieder und tastete nach dessen Puls. Aber er konnte nichts feststellen. Die Haut war eiskalt, als wäre er schon seit vielen Stunden tot, aber die Leichenstarre fehlte.
Nicole hielt die Flamme in die Nähe des Gesichtes. Vorhin, als er kopfüber am Glockenseil hing, hatten sie es nicht erkennen können. Jetzt aber…
»Nein«, entfuhr es ihr.
Zamorra preßte die Lippen zusammen. Er kannte den Mann. Er war in Bombay gewesen, hatte Zamorra dort das Leben geretttet und anschließend mit Nicole den Schlangentempel des Ssacah-Kultes zerstört.
Es war der Mann, den Ted Ewigk ihnen zur Unterstützung hatte mitgeben wollen, wenn sie versuchten, Babs zu befreien - der EWIGE Gamma.
***
»Wir müssen ihn nach unten bringen«, sagte Zamorra rauh. Etwas wollte ihm die Kehle zuschnüren. Das alles kam nicht von ungefähr. Es waren Vorzeichen einer sich anbahnenden Katastrophe.
Gamma…
»Gibt es hier kein Licht?« fragte Nicole.
Bruder Jones schüttelte den Kopf.
Mühsam schafften sie Gamma nach unten. Jones seufzte. »Ein brutaler, grausamer Mord«, murmelte er. »Und das hier… es ist furchtbar.«
Die Kirche wird neu geweiht werden müssen, dachte Zamorra. Es würde nicht einfach werden. Vielleicht war sogar eine Art Exorzismus vonnöten. Aber mit einiger Anstrengung würde es schon gehen.
Aber das war nur indirekt seine und Nicoles Sache.
Sie brachten Gamma ins Freie. Dort legten sie ihn auf den Boden. Zamorra untersuchte ihn kurz.
»Er ist nicht tot, glaube ich«, sagte er. »Wenn die EWIGEN hinübergehen, wie sie es nennen, lösen sie sich doch auf.«
»Ewige? Hinübergehen? Was bedeutet das?« krächzte Jones heiser.
Zamorra antworete nicht. Er durchsuchte die Kleidung Gammas. Aber man hatte dem EWIGEN den Dhyarra-Kristall abgenommen!
Plötzlich öffnete der scheinbar Tote den Mund. Er sprach.
»Warnt den ERHABENEN. Wenn er angreift, stirbt die Frau. Sie wissen, was der ERHABENE plant. Verrat…«
Im nächsten Moment hüllte ihn bläuliches Flimmern ein. Dann fiel seine Kleidung in sich zusammen. Der Mann, der darin gesteckt hatte, hatte sich aufgelöst.
Gamma war hinübergegangen…
***
Später fuhren sie nach London zurück. Liebend gern hätte Zamorra etwas getan, um in der kleinen Kapelle wieder für normale Zustände zu sorgen. Aber das ging über seine Fähigkeiten hinaus. Wenn tatsächlich eine Art Exorzismus nötig war, dann konnte er ihn zwar im äußersten Notfall ausführen - aber ein Geistlicher würde es beser und einfacher fertigbringen.
Zamorra hoffte, daß sich in Waite Village wieder alles zum Guten wenden würde. Wenn er irgend etwas dazu tun konnte, und sei es nur ein Gebet, wollte er es tun.
Erst kurz bevor die ersten Straßenzüge der Riesenstadt vor ihnen auftauchten, brach Nicole das Schweigen.
»Ich habe Angst«, sagte sie. »Angst, daß alles schiefgeht. Angst, daß wir blind in den Untergang stürmen. Jeder unserer Schritte steht unter Kontrolle. Die DYNASTIE zeigt jetzt ihre Stärke. Sie schlägt zurück. Und ich fürchte um Teds Leben.«
Zamorra preßte die Lippen zusammen. Unwillkürlich faßte er nach seinem Dhyarra-Kristall in der Jackentasche, als könne der kleine Sternenstein zweiter Ordnung ihm gegen die Übermacht der anderen helfen. Aber das war illusorisch. Ein Dhyarra konnte vieles bewirken, aber nicht alles. Und Gamma hatte immerhin einen Kristall besessen, der siebter oder achter Ordnung war - ganz genau wußte Zamorra das nicht.
Trotzdem war Gamma in die Hände der Gegner gefallen und schließlich vernichtet worden, nachdem er seine Botschaft mitgeteilt hatte. Eine Botschaft, die bestimmt nicht aus ihm selbst kam, sondern die er nur mit seinen Worten übermittelte, zu einem Zeitpunkt, da er bereits ein Toter auf Abruf war.
»Gehen wir alles mal in Ruhe durch«, sagte Nicole. »Ted Ewigk findet eine Möglichkeit, das Beaminster-Cottage zurückzuerobern. Er teilt uns mit, wir könnten kommen. Wir treffen ein, und Babs wird fast vor unseren Augen entführt, und zwar mit Sicherheit von EWIGEN. Alles deutet darauf hin. Sie warnen uns mit einer schriftlichen Botschaft. Ted soll von seinem
Weitere Kostenlose Bücher