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0361 - Am Tor zur Hölle

0361 - Am Tor zur Hölle

Titel: 0361 - Am Tor zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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um Troja hatte er gelernt, die Lanze zu schleudern. Auch jetzt verfehlte der Fürst von Ithaka sein Ziel nicht.
    Zischend fuhr der brennende Pfahl ins weit aufgerissene Auge des riesigen Scheusals. Mit einem Sprung brachte sich Odysseus in Sicherheit.
    Das Brüllen des Zyklopen klang wie der Todesschrei von zehntausend Sterblichen und ließ die Felswände der Höhle erzittern. Der Meister des Übersinnlichen preßte beide Hände vor die Ohren, damit die Trommelfelle darin nicht platzten.
    Schreiend riß sich Polyphem den Pfahl aus dem Auge und schleuderte ihn mit einer Wucht gegen die Felswand, daß das Holz zersplitterte. Mit beiden Händen schlug der Zyklop um sich. Wenn seine gewaltigen Fäuste gegen die Felswände trümmerten, dann schien die ganze Höhle in ihren Grundfesten zu erbeben.
    Professor Zamorra entzündete die Zündschnur. Er mußte das Drama so schnell wie möglich zu Ende bringen.
    Langsam fraß sich die kleine Flamme der Zündschnur auf das vergrabene Päckchen mit dem Schwarzpulver zu…
    ***
    Rasend vor Schmerz und Wut trampelte Polyphem in der Höhle umher.
    Die Griechen in ihren Verstecken zitterten und bebten. Wer dem rasenden Ungeheuer jetzt in die Hände geriet, der war unweigerlich verloren.
    Das Feuer. Murats zerstörerisches Element, hatte sein Augenlicht gelöscht.
    Taumelnd versuchte Polyphem die Menschen zu ergreifen, die ihm das angetan hatten.
    Professor Zamorra ballte die Fäuste als er sah, wie die Zündschnur langsam abbrannte. Zu langsam. Wenn der Zyklop erst zur Besinnung kam und ruhig wurde, dann hatte er eher eine Chance, zu lauschen und die Verstecke zu finden.
    Und dann geschah das, was Professor Zamorra nicht vorhersehen konnte. Der Zyklop setzte seinen mächtigen Fuß auf die brennende Zündschnur. Die gelbsprühende Flamme erlosch.
    Um sie wieder in Brand zu setzen mußte Professor Zamorra alles auf eine Karte setzen. Noch brannte die Spitze des Astes, mit dem er die Zündschnur angesteckt hatte.
    Ein tödliches Risiko, vorzustürmen und die erloschene Schnur wieder anzuzünden.
    Doch im gleichen Augenblick war von draußen Geschrei und Gepolter zu hören. Professor Zamorra sah, wie der Felsen vom Eingang gerückt wurde. Durch die Öffnung leuchtete das lichte Blau des scheidenden Tages in die Höhle.
    Bevor Zamorra begriff, was geschah, schoben sich hintereinander drei Zyklopen, groß und mächtig wie Polyphem selbst, in die Höhle. Professor Zamorra duckte sich tief hinter sein Felsversteck. Auch Odysseus und die anderen Griechen verschwanden vollständig hinter ihrer Deckung.
    »Was gibt’s, Bruder«, vernahm der Meister des Übersinnlichen die Stimme der drei Riesen. »Du brüllst, als ob dich einer ermorden wollte!«
    »Niemand will mich ermorden!« grölte Polyphem vor Schmerz.
    »Dein Auge! Du hast dein Auge verloren«, stellte einer der Zyklopen fest. »Wer hat das getan?«
    »Niemand hat es getan! Niemand!« heulte Polyphem.
    »Wenn niemand dich ermorden will und niemand dir das Augenlicht genommen hat, so wird es wohl Rachames selbst gewesen sein!« Aus der Stimme des Zyklopen klang Spott auf. »Und gegen Rachames, unseren Vater, können wir dir auch nicht helfen!« Zamorra lugte vorsichtig hinter dem Felsen vor und erkannte, daß die drei gigantischen, einäugigen Riesen die Höhle wieder verlassen wollten.
    »Nein! Bleibt, Brüder!« lamentierte Polyphem. »Ihr könnt noch sehen und mir suchen helfen!«
    »Und wen sollen wir suchen?« lautete die Gegenfrage.
    »Niemand«, schrie Polyphem. »Niemand hat sich bei mir in der Höhle versteckt!«
    »Der Schmerz redet aus dir«, brummte einer der Zyklopen. »Wir kommen wieder, wenn du dich beruhigt hast!«
    »Nein! Nein!? Brüder, ihr müßt mir helfen. Niemand ist da… !« brüllte Polyphem. Zamorra erkannte, daß ihm der blinde Zyklop den Rücken zuwandte und hinter seinen Brüdern hertorkelte, die schon die Höhle verlassen hatten. Diese Chance mußte er nutzen. Er mußte handeln, so lange Polyphem abgelenkt war.
    Mit einem katzenhaften Satz war er aus seinem Versteck. Zwei schnelle Sprünge brachten ihn an die Zündschnur. Glücklicherweise fing die Zündschnur am brennenden Ast sofort Feuer. Zischend fraß sich die Flamme in Richtung auf das vergrabene Pulverpäckchen.
    Professor Zamorra hechtete zurück in die Deckung. Schützend legte er die Arme über den Kopf. Im gleichen Augenblick hatte das Feuer die Sprengladung erreicht.
    Ein fürchterlicher Donnerschlag schien fast die Höhle zu zerreißen.
    Die

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