0365 - Im Tempel des Todes
»sicherte«. Er sorgte dafür, daß sich die Unheimlichen nicht an dem umfangreichen Gepäck vergreifen und es noch am Flughafen hier oder in Calcutta präparieren konnten. Zamorras und Nicoles Gepäck schrumpfte an sich schon dahingehend zusammen, daß sie die Koffer mit den vorher getätigten Einkäufen vorab nach Hause sandten. So brauchten sie sich damit nicht zu belasten oder die Sachen irgendwo zu deponieren. Sie blieben unabhängiger.
Am Abend flogen sie in Richtung Westen. Indien erwartete sie.
***
Sie bezogen ein Mittelklassehotel im Stadtteil Baran-Agar, nicht weit vom Flughafen entfernt, mit Blick auf den Hooghly, den Fluß, der Calcutta in zwei Hälften teilt. Vorsichtshalber hatten sie die Hotelzimmer schon von Hongkong aus reservieren lassen. Deshalb gab es keine Schwierigkeiten, als sie gegen zehn Uhr abends noch aufkreuzten. Die magischen Sicherungen am Gepäck im Frachtraum des Flugzeuges hatten sich bewährt.
Schon am Flughafen schielte Zamora nach den Schaltern der Autoverleiher. Denn sie hatten beschlossen, die geländegängigen Wagen nicht zu kaufen, sondern zu mieten. Aber Bart Fuller schüttelte den Kopf.
»Seid ihr verrückt, hier Wagen zu mieten? Nichts da. Wir fliegen bis Gauhati. Das kostet auch nicht mehr so viel mehr, selbst mit Fracht, erspart uns aber die elende Fahrerei den Brahmaputra-Fluß entlang.«
»Der ist doch bis weit hinauf zu den Ölfeldern schiffbar. Wäre es nicht billiger, mit dem Schiff statt mit dem Flugzeug zu reisen?«
Fuller lachte. »Kaum, und außerdem langsamer und schlechter. Das Flugzeug ist das beste Verkehrsmittel hier. In Gauhati mieten wir dann zwei Wagen und stoßen in den Dschungel vor. So haben wir es bei der vorigen Expedition auch gemacht.«
»Na, hoffentlich wiederholt sich dann nicht auch das Fiasko«, unkte Nicole. »Immerhin sind wir auch diesmal zu fünft.«
»Beschrei es lieber nicht«, warnte Tendyke.
»Abergläubisch?«
»Wenn ich mit euch zusammen bin -immer.«
Bald darauf zogen sie sich in ihre Zimmer zurück, um noch ein paar Stunden zu schlafen, bevor es am anderen Vormittag weiter ging.
Auch in dieser Nacht geschah nichts.
Denn der Tod war ihnen längst vorausgeeilt.
***
Die elegante junge Inderin neigte leicht den Kopf vor dem Mann, der sie empfing. »Sie sehen zufrieden aus, Sahri«, sagte er. »Ist es gelungen, die beiden Entflohenen zu töten? Und das möglichst unauffällig?«
»Nein«, sagte die Inderin.
Das Gesicht des Mannes verfinsterte sich. »Das ist bedauerlich«, sagte er.
»Nein«, sagte die Inderin wieder. Überrascht sah der Turbanträger sie an.
»Sie sind auf dem Weg zurück zum Tempel«, erklärte die junge Frau mit den kalten Augen. »Sie versuchen es zum zweiten Mal. Und wieder sind sie zu fünft.«
»Ah - das ist gut. Neue Opfer, neue Lebenskraft«, murmelte der Turbanträger. »Wir werden auch ihr Leben nehmen, und diesmal gründlich.«
Er grinste. »Vielleicht sollten wir jedesmal einen davonkommen lassen, damit er mit anderen zurückkehrt…«
»Es wird nur einmal gelingen«, widersprach die junge Frau. »Sie waren schon dabei, aufzugeben. Da erhielten sie Hilfe. Hilfe, die auch verhinderte, daß sie in Hongkong endlich getötet werden konnten, obgleich die Diener sie schon stellten.«
»Hilfe - von wem?«
»Zwei Männer und eine Frau. Einen Mann und die Frau kenne wir. Professor Zamorra und Nicole Duval.«
Die Augen des Turbanträgers wurden schmal. Seine Hände formten sich zu zupackenden Klauen.
»Ah - Zamorra und Duval«, zischte er. »Das ist… unglaublich.«
»Aber es ist gut. Vielleicht können wir sie endlich vernichten.«
»Ja. Sie werden in die Fallen laufen. Und selbst wenn sie sie überstehen -spätestens im Tempel erwartet sie das Verhängnis.« Seine Augen schienen jäh aufzuglühen. »Ah, das ist gut. Endlich… endlich… ich will sie selbst sterben sehen, Sahri. Hoffentlich gelingt es uns.«
»Es wäre unser größter Triumph«, flüsterte die Inderin Sahri. Ihre Zunge glitt blitzschnell über die Lippen.
Es war die Zunge eines Reptils.
***
Es war eine bizarre Landschaft. Sie befanden sich im grünen Brahmaputra-Tal, in der feuchten und teilweise sogar sumpfigen Landschaft rings um den riesigen Fluß. Das Tal erreichte stellenweise eine Breite von hundert Kilometern. Und doch waren in weiter Ferne die Felsmassive des Himalaya im Norden und der Khasa-Jintia-Hills im Süden zu erkennen. Trotz der großen Entfernung drohten die Gebirgszüge das breite Tal zu
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