Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0366 - Er kam aus der Tiefe

0366 - Er kam aus der Tiefe

Titel: 0366 - Er kam aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Stimme fiel niemandem sonderlich auf. Nur einer der Wachsoldaten wunderte sich ein wenig, weil er unter der Kutte einen Stab von Schwertlänge sich abzeichnen sah. Aber jeder in Faronar und im ganzen Land wußte, daß die Brüder vom Blauen Stein Waffen verabscheuten.
    Zamorra hatte das den Erzählungen nach auch geglaubt, bis er den Dolch auf sich zuzucken sah.
    Er hinkte weiter. Niemand hielt ihn auf. Vermeintlich Unbewaffnete genossen den Vorzug, nachlässiger kontrolliert zu werden.
    Niemand hörte sein erleichtertes Aufatmen, als er auch die zweite und dritte Mauer hinter sich brachte und den großen begrünten Vorhof und den Wohntrakt des Palastes vor sich sah, rechts die Stallungen, links der Flachbau für das Gesinde und die Sklaven, und in der Mitte einen mit Marmorstatuen verzierten Brunnen. Der Vorhof lag leer vor ihm, aber hinter den Fenstern brannten nahezu überall Lichter.
    Zamorra verzog das Gesicht. Er mußte jetzt nur noch herausfinden, in welchem Teil des Wohntraktes, in welchen Räumlichkeiten der König seinen Gast einquartiert hatte.
    Nur noch…
    Das große Wohngebäude besaß drei Stockwerke und darüber eine spitze, hoch aufragende Dachkonstruktion. Selbst wenn man in Betracht zog, daß die Hälfte des Gebäudes aus Hallen und Festsälen und riesigen Korridoren bestand, so blieben noch genug Räume übrig, in denen man sich verlaufen konnte.
    Ich bin ein hoffnungsloser Narr, mich auf so etwas einzulassen, dachte er. Aber irgendwo im Innern des Palastes befand sich Sara Moon.
    Zamorra hinkte auf das große Portal hinter der mächtigen Marmortreppe zu.
    Frechheit siegt, dachte er. Und trat ein.
    ***
    An einem anderen Ort, weit entfernt, hob eine Gestalt in einem schwarzen Gewand beide Arme. Wesenlose Schwärze wallte dort, wo eigentlich sein Gesicht hätte sein müssen, und in dem großen kristallklaren Spiegel vor ihm begannen Farbschleier sich zu bewegen und Gestalt anzunehmen.
    »Nehmt die Ringe«, hallte eine Stimme aus dem Nichts. Dann folgten Worte in einer Sprache, die einmal vor Millionen von Jahren auf der Erde gesprochen worden sein mochte und die nur noch wenige Eingeweihte kannten. Etwas floß in den Spiegel und verschwand in weiter Ferne.
    Die finstere Gestalt wandte sich um. »Bald«, flüsterte die eigenartige Stimme. »Bald ist es soweit. Dann stärkt dich das Blut und die Macht des Steines… dann wirst du kommen…«
    Abermals glomm in der Tiefe eines schier unendlichen Schachtes ein rötlicher Funke auf. Und diesmal blieb das glühende Auge geöffnet.
    ***
    Die beiden Echsenmänner fuhren unwillkürlich zusammen, als die Stimme aus dem Nichts erklang. »Nehmt die Ringe«, hallte es von irgendwo her.
    Da wußten sie, daß die Zeit gekommen war.
    Sie blickten zum Mond empor. Noch berührte er nicht die Spitze des Fledermausturms, aber die Zeit war reif. Die Vorbereitungen mußten getroffen werden.
    Ringe erschienen zwischen den Fingern der Echsenmänner. Sie betrachteten sie, rieben an den blauen Steinen in den Fassungen, wie es vorgeschrieben war, und streiften sie über die schuppigen Finger. Von irgendwo floß etwas heran, ließ die Ringe heller werden und breitete sich dann über die Echsenmänner aus.
    Von einem Moment zum anderen verblaßten ihre Umrisse, wurden unscharf und verschmolzen bis zur Unsichtbarbeit mit dem Hintergrund. Niemand vermochte sie mehr zu erkennen.
    Der Chamäleonzauber wirkte.
    Lautlos setzten die Echsenmänner sich in Bewegung.
    ***
    Zamorra blieb in der großen Eingangshalle stehen und beobachtete erst einmal. Immer wieder tauchten Lakaien auf und durchquerten in Eile die Halle, in der sich sonst niemand aufhielt. Einmal tauchte ein festlich gekleideter Mann hinter Zamorra auf, schritt an ihm vorüber und stieg eine breite, geschwungene Treppe hinauf. Oben wechselte er Worte mit einem grimmig dreinschauenden Gardisten, wies eine gesiegelte Schriftrolle vor und durfte passieren.
    Zamorra überlegte.
    Eine solche Rolle, möglicherweise eine Einladung, besaß er nicht. Es mochte sein, daß irgendwo in den oberen Räumlichkeiten ein Fest gegeben wurde, das erklärte auch das ständige Kommen und Gehen den ganzen Tag über. Ein Fest, zu dem der in Faronar ansässige Adel und auch die Oberschicht der Bürger erschienen, wo die Galadenen kamen und gingen, wie es ihnen in die Geschäfte paßte… was aber taten die Brüder vom Blauen Stein dabei? Nun, vielleicht ließ man ihn auch ohne eine schriftliche Einladung vorbei. Es kam auf einen Versuch

Weitere Kostenlose Bücher