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0366 - Er kam aus der Tiefe

0366 - Er kam aus der Tiefe

Titel: 0366 - Er kam aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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erschien ihm unauffälliger, als länger in dieser Etage herumzutappen und vielleicht neugierige Blicke auf sich zu ziehen. Erneut die Suche beginnen konnte er oben immer noch.
    Die Kutte würde ihn beim Klettern behindern. Er mußte es riskieren, seine Tarnung vorübergehend aufzugeben. Zudem verströmte sie einen penetranten Geruch. Von Sauberkeit schien zumindest der hinkende Besitzer dieses fragwürdigen Textils nicht viel zu halten. Zamorra schlüpfte heraus und ließ die Kutte zusammengerollt in einem schattigen Winkel liegen.
    Er kletterte auf das niedrige Geländer und reckte sich empor. Um die Streben des oberen Balkons zu erreichen, blieb ihm nichts anders übrig, als einen Sprung zu wagen.
    Er sah sich um. Beobachtete jemand sein merkwürdiges Verhalten?
    Die Männer auf den Wehrmauern sahen in andere Richtungen. Zudem war es auf dieser Gebäudeseite recht dunkel. Die Beleuchtung beschränkte sich auf den Vorhof, wo Gäste kamen und gingen. Wer den Balkon betrat, wollte im Dämmerlicht zu zweit allein sein, nahm Zamorra an.
    Er balancierte sich auf dem Geländer aus, federte in den Knien ein und schnellte sich dann in die Höhe. Er griff nach den Geländerstreben über sich - und die glitten ihm durch die Finger!
    Er wußte sofort, daß er sich auf seinem Absprung-Balkon nicht fangen konnte. Er würde also bis nach unten sausen und sich womöglich den Hals brechen. Aber dann gab es einen Ruck, der ihm fast die Finger brach, und er hing halbherzig an der Balkonplattform, genauer an einem winzigen Vorsprung derselben.
    Auf Dauer konnte das nicht gutgehen. Er rutschte langsam.
    Zamorra spannte die Muskeln, pendelte haltsuchend mit den Beinen, fand aber nichts, worauf er sich abstützen konnte, und zwang sich zu einem Klimmzug an den Fingern! Gerade, als er sich hochzog, rutschten die Finger wieder ab!
    Er glaubte, noch nie so schnell reagiert zu haben wie in diesem Augenblick. Seine Arme flogen hoch, packten zu und bekamen jetzt doch noch die senkrechten Streben zu fassen.
    Knirschend löste sich eine aus ihrer Verankerung.
    Zamorra verwünschte die Pfuscharbeit eines unbekannten Baumeisters, hing sekundenlang nur an einer Hand und schaffte es dann, sich soweit hochzuziehen, daß er das Quergeländer erreichte. Jetzt ging es schneller, und innerhalb von ein paar Herzschlägen ließ er sich über das Geländer gleiten und kauerte sich auf dem oberen Balkon nieder. Tief atmete er durch und sah sich vorsichtig um. Aber niemand beobachtete ihn.
    Nur unten öffnete sich die Glastür. Schritte tappten, und dann hörte Zamorra den Wachsoldaten brummen: »Wo ist er denn geblieben? Wohl doch übers Geländer gefallen. Wie erfreulich…«
    Die Schritte wiederholten sich, die Tür wurde geschlossen. Die zusammengerollte Kutte hatte der Gardist nicht bemerkt und es auch nicht für nötig gehalten, einen Blick nach unten zu werfen, ob der Bruder vom Blauen Stein dort lag.
    Zamorra richtete sich auf und wandte sich um.
    Vor ihm waren die großen Steinquadern der Hausfassade und dazwischen die erleuchteten Fenster.
    Zamorra huschte von einem zum anderen und spähte in jedes hinein. Und dann wurde er endlich fündig.
    Er sah Sara Moon!
    Vorsichtig drückte er mit der Hand gegen das Fenster, das nur angelehnt war. Die Druidin brauchte wohl Frischluft. Oder hatte sie ihn, Zamorra, doch erwartet? Das war auszuschließen. Geräuschlos schwang der Fensterflügel nach innen.
    Sara Moon bemerkte es. Ihr Kopf flog herum, die schockgrünen Augen weiteten sich, und ihr Mund öffnete sich zu einem Alarmruf.
    ***
    Zu diesem Zeitpunkt war es den Wachen am Tor, als schlüpfte jemand an ihnen vorbei. Irritiert senkte einer seine Hellebard, traf aber niemanden und nichts.
    »He, hast du das auch gespürt? Diesen leichten Windzug?« fragte sein Kamerad.
    »Ja, da war etwas… aber was?«
    »Ich sehe niemanden.«
    »Ich auch nicht… vielleicht war es wirklich nur ein Windstoß.«
    »Sollten wir dem Leutnant Meldung machen?«
    Das war dem Mann mit der gesenkten Hellebarde nun aber doch zu aufwendig. »Was sollen wir ihm sagen? Er wird uns für betrunken halten. Du siehst niemanden, ich sehe niemanden. Es war eine Täuschung. Ich hätte außerdem jemanden treffen müssen.« Er zog die Waffe wieder in Senkrechtstellung.
    »Gut, vergessen wir es.«
    Sie ahnten beide nicht, daß ihr Gefühl sie nicht trog. Es hatte wirklich jemand den Königspalast betreten, war für die herabzuckende Hellebarde aber zu schnell gewesen.
    Zwei Echsenmänner,

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