0366 - Er kam aus der Tiefe
klirrend! Ehe Zamorra begriff, was geschehen war, eilte die Bestie mit Riesensprüngen davon.
»Fang ihn wieder ein!« schrie Wang. »Verdammt, fang das Biest wieder ein! Hinterher! Laß es nicht entkommen!«
Zamorra sah, wie der Mongole sich wieder aufrichtete. Auch sein Pferd kam auf die Beine. Da gab er seinem Tier die Hacken zu spüren und trieb es hinter Goror her. Wang würde schon hinterdreinkommen.
Zamorra wollte die Spur Gorors nicht verlieren und abermals mit dem Amulett suchen müssen…
***
In der Tiefe erhob sich eine riesige Gestalt. Geifer tropfte auf naßkalten Boden, und röchelnde Laute wurden hörbar. Nur ein Wesen gab es, das sie zu verstehen vermochte, und es wußte um ihre Bedeutung.
Die Zeit ist gekommen, Bruder! Bahne den Weg!
Der Kopf hob sich, und die rot flammenden Augen sahen weit über sich den fernen Lichtpunkt der Schachtöffnung. Ein langer, langer Schlaf war zu Ende…
***
Wang schaffte es tatsächlich, wieder Anschluß zu Zamorra zu finden. Er brachte sein Pferd neben Zamorras Reittier, während sie dahingaloppierten. Der Wind riß ihnen beiden fast die Worte von den Lippen.
»Du mußt närrisch sein!« schrie Wang. »Wie kannst du glauben, daß du Goror in der Dunkelheit noch im Blickfeld behältst, geschweige denn ihn wieder einholst? Er ist das schnellste Tier, das ich je in meinem Leben gesehen habe!«
»Wir schaffen es«, rief Zamorra zurück. »Es kann nicht mehr weit sein. Das Gelände wird schon felsig. Sie werden ihren Unterschlupf nicht im tiefsten Gebirge haben. Das wäre unlogisch, wegen der Erreichbarkeit…«
»Sie? Wen meinst du damit?«
»Die, an die sich Sara Moon gewandt hat. Ich wette, die Bruderschaft steckt hinter allem!«
»Das hast du schon ein paarmal behauptet! Zamorra, die Pferde werden sich die Beine brechen, wenn wir in die Berge kommen! Laß uns langsamer reiten. Du findest die Spur mit dem Amulett!«
»Ich habe nicht die Absicht«, gab der Dämonenjäger zurück. »Wir sind schon zu nah dran. Ich möchte uns die Überraschung nicht verderben!«
Die Pferde bewegten sich immer noch schnell durch die zunehmend kühlere Nacht. Die Dunkelheit kam, und die Nebelschwaden wurden dichter. Zamorra trieb sein Pferd weiter an. Er wollte Goror nicht im Nebel aus den Augen verlieren. Die Pferde brauchten inzwischen das ständige Antreiben. Sie näherten sich der Erschöpfung. Wenn es noch lange dauerte, bis sie ihr Ziel erreichten, würden sie doch gezwungen sein, zu pausieren, damit ihnen die Tiere nicht zusammenbrachen. Zamorra stellte sich das Ärgernis eines einfachen Weltentores am Ziel vor, durch das Sara Moon vielleicht verschwunden war. Aber würde Goror sie dann noch spüren, wenn sie Ash’Cant verlassen hatte?
Oder was spürte er überhaupt?
»Ich bin ein Narr, dir überhaupt noch weiter zu folgen«, rief Wang. Er hielt es für sinnlos und gefährlich, in diesem Tempo weiter in die Nacht hinein zu reiten. Doch Zamorra wurde sich seiner Sache immer sicherer.
Plötzlich merkte er, daß Wang zurückfiel. Er wandte sich im Sattel um. »Kann dein Tier nicht mehr? Was ist los?«
»Ich bleibe hier!« brüllte Wang. »Ich reite das Tier nicht zuschanden. Ich mache Pause…«
Zamorra lachte auf. »Dann bringe ich Sara Moon nach Caermardhin…«
Wang stieß einen ärgerlichen Schrei aus und trieb sein Pferd wieder an. Zamorra grinste. Er hoffte, daß Wang bei der Stange blieb. Wenn sie das entdeckten, womit er seit einiger Zeit fest rechnete, dann konnten sie wahrscheinlich nur zu zweit bestehen, wenn sie Sara Moon finden wollten.
»Es ist doch nur die Angst vor dem Gift, die dich antreibt«, schrie Wang.
»Das Gift?« Zamorra schrak förmlich zusammen. »Ach, das! Das hatte ich schon vergessen…«
Er versank wieder in Schweigen und hetzte Goror nach. Auf den Flanken seines Pferdes begannen sich Schweißflocken zu bilden. Es wurde Zeit, die gnadenlose endlose Jagd zu beenden. Wann endlich erreichte Goror sein Ziel?
***
Die Zeit ist gekommen, Bruder! Bahne den Weg!
Der Dunkle, der Schattenhafte unter seiner Kapuzenkutte, dem nichts Menschliches anhaftete, verstand die Worte, die aus der Tiefe des Schachtes kamen.
Er selbst war der erste, vor Äonen erwacht und auf sein Ziel hin arbeitend. Nun besaß er Macht genug, den zweiten seiner Brüder zu wecken. Und Sara Moon, die entartete Druidin vom Silbermond, würde ihm dabei entscheidend helfen - und möglicherweise sogar dabei, den dritten Bruder zu wecken.
Denn drei waren sie insgesamt,
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