0367 - Der Hexenbaum
er ihm folgen. So aber war es ihm möglich, einen untergeordneten Teufel zu entsenden.
Der Ruf der Beschwörung wurde stärker.
Wir bieten dir Blut, das du selbst dir nehmen kannst, Fürst der Finsternis. Wir schenken dir dieses Opfer. Denn wir brauchen deine Anwesenheit. Eine neue Hexenschwester harrt deiner wohlwollenden Prüfung.
Der Fürst der Finsternis schüttelte sich. Er war nicht im mindesten interessiert. Pflichten dieser Art delegierte êr gern an andere.
Zumal er darauf wartete, daß Wang Lee Chan zurückkehrte, sein Vertrauter und Leibwächter! Er hatte Wang Lee Chan nach Ash’Cant gesandt, um dort nach Sara Moon zu suchen. Es heißt, daß Sara Moon sich dort aufhielt. Und es hieß auch, daß Sara Moon zuweilen mit den MÄCHTIGEN aus den Tiefen des Universums zusammen war.
Leonardo deMontagne wollte die entartete Druidin in seine Gewalt bekommen. Zum einen verhinderte er dadurch, daß sie ihr Wissen um Merlins Befreiung aus dem Eis Zamorra und seiner Crew preisgab, und zum anderen konnte er selbst sie befragen. Es drängte ihn zu erfahren, was es mit den MÄCHTIGEN auf sich hatte. Die Druidin mußte es wissen! Und so hatte er den Mongolen ausgesandt: »Bringe mir Sara Moon!«
Bisher war Wang noch nicht zurückgekehrt, hatte also noch keinen Erfolg gehabt. Leonardo wollte aber seine Rückkehr nicht versäumen. Deshalb verdroß ihn der stärker werdende Ruf der Beschwörung noch mehr.
Er überlegte, wen er an seiner Stelle entsenden konnte..
Doch plötzlich war Eysenbeiß da.
Der Herr der Hölle suchte den Fürsten der Finsternis unangemeldet auf. Leonardo sprang von seinem Knochenthron auf. »Was willst du hier?« fauchte er.
»Es mangelt dir am nötigen Respekt«, rügte der Kuttenträger, dessen Gesicht hinter der Silbermaske verborgen blieb. »Das mißfällt mir, Freund Leonardo.« .
»Du bist sicher nicht gekommen, weil du mir das mitteilen wolltest«, sagte deMontagne düster. Nur zu gut erinnerte er sich an jene Zeiten, da es umgekehrt gewesen war - Eysenbeiß hatte ihm zu gehorchen!
Eysenbeiß hob eine Hand. »Hörst du nicht den Ruf der Beschwörung? Willst du ihr nicht folgen?«
Leonardo legte die Stirn in Falten. »Was soll das? Ich werde schon jemanden schicken, sei unbesorgt.«
»Wir haben ein ausgeprägtes Interesse daran, daß du dich selbst dorthin bemühst und das Opfer annimmst«, sagte Eysenbeiß. »Also folge dem Ruf. Ich befehle es dir.«
»Vergiß nie, wem du es ursprünglich verdankst, so groß geworden zu sein«, zischte Leonardo. »Erst durch mich hast du doch die Macht bekommen…«
»Ich wiederhole meine Befehle ungern«, sagte Eysenbeiß. »Du wirst gehen. Sofort.«
»Vergiß nie, daß du nur ein sterblicher Mensch bist«, knurrte Leonardo.
»Und du ein Dämon, ich weiß. Auch Dämone sind sterblich. Möchtest du gegen mich aufbegehren? Versuche es!«
Leonardo musterte Eysenbeiß prüfend. Der Herr der Hölle verströmte eine Sicherheit, die den Montagne irritierte. Sicher, der Kaiser LUZIFER hatte Eysenbeißens Machtergreifung kommentarlos hingenommen, ihn also als seinen Ministerpräsidenten akzeptiert. Aber…
»Nein«, murmelte Leonardo. Die Zeit war noch nicht reif. Seine eigene Position war noch längst nicht fest genug. Die anderen Dämonen mochten den Emporkömmling Eysenbeiß nicht, aber sie würden nicht gegen ihn rebellieren. Noch nicht. Und schon gar nicht würden sie Leonardo unterstützen. Denn auch er war ein Emporkömmling. Von der verlorenen Seele im ewigen Feuer erhöht zum Dämonenfürsten… das stieß vielen von ihnen sehr sauer auf. Vorerst konnte ein Machtkampf nur zwischen Eysenbeiß und Leonardo persönlich ausgetragen werden.
Später…
»Ich gehorche dir«, fauchte Leonardo. »Aber nicht immer wirst du das Gesetz auf deiner Seite haben. Hüte dich. Ich warte auf deinen ersten Fehler. Er wird dein letzter sein.«
Eysenbeiß lachte höhnisch.
»Erfülle deine Pflichten, statt auf meine Fehler zu warten«, sagte er und verließ den Thronsaal des Fürsten der Finsternis.
Zähneknirschend machte sich Leonardo deMontagne daran, dem Ruf der Hexen zu folgen.
***
Die Zeit schien zu rasen. Nicole fieberte dem Moment entgegen, an dem sie sich dem Ziel näherte. Südwärts ging es aus der Stadt hinaus in die Berge. Der Taxifahrer warf der Französin immer wieder mal einen mißtrauischen Blick zu. Aber sie versuchte, sich davon nicht irritieren zu lassen. Sie achtete auf das, was das Amulett ihr verriet. Sie hatte anfangs befürchtet,
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