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037 - Die seltsame Gräfin

037 - Die seltsame Gräfin

Titel: 037 - Die seltsame Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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ins Speisezimmer gehen und essen.«
    Lizzy machte ein erstauntes Gesicht, als sie diese wenig vornehme und auch ihr vertraute Sprache hörte. In diesem Augenblick begann sie, sich für den höheren Adel zu interessieren, und dieser Umstand sollte ihr Leben noch schicksalhaft beeinflussen.
    Die Stimmung bei Tisch wurde sehr fröhlich, und Lois erinnerte sich nicht, jemals in so lustiger Gesellschaft gewesen zu sein. Auch für den jungen Grafen war es sicher ein sehr vergnügter Abend, denn er brachte seinen Witz von dem Raubvogel mindestens ein halb dutzendmal an und freute sich jedesmal mehr darüber.
    »Zuerst habe ich den Witz gar nicht verstanden«, sagte Lizzy, die Tränen lachte.
    »Die Sache ist doch sehr einfach«, erklärte er eifrig. »Er heißt doch Praye, und prey bedeutet doch Raub. Deswegen nenne ich ihn Raubvogel; das ist doch ein guter Witz -finden Sie nicht? Wir wollen Dame spielen - ich bin ein Meister darin.«
    Lois ließ sich diese gute Gelegenheit nicht entgehen, ihn besser kennenzulernen, und war klug genug, sich allerhand Informationen von ihm geben zu lassen. Sie erfuhr, daß er zwei Jahre lang die berühmte Public School von Harrow besucht hatte - dann hatte ihn seine Mutter herausgenommen. Er hatte den Aufenthalt in der Schule nicht ertragen können, es war ihm dort zu roh. Und seit der Zeit war er tatsächlich nicht von seiner Mutter fortgekommen. Er war auch Mitglied irgendeines Klubs, aber er wußte nicht, welcher Klub das war, auch war er niemals dort gewesen.
    »Sind Sie verheiratet?« fragte Lois kühn.
    Die Frage verursachte ihm unheimliches Vergnügen.
    »Ich verheiratet? Großer Gott, nein! Wer würde denn so einen alten, verrückten Kerl wie mich heiraten wollen? Nein, meine Liebe - allerdings gab es mal eine junge Dame, die mich heiraten wollte, aber meine Mutter gab unter keinen Umständen ihre Zustimmung.«
    Er hatte niemals irgendeine verantwortliche Stellung eingenommen. Seine Mutter verwaltete seine großen Güter mit Hilfe hoher Beamter und Rechtsanwälte. Von Zeit zu Zeit wurden ihm Dokumente vorgelegt, die er unterschreiben mußte. Dann war er auch einmal im Oberhaus gewesen, um den ihm angestammten und ererbten Sitz einzunehmen.
    »Aber nie wieder gehe ich dahin - es ist zu verrückt!« sagte er. »Man muß einen roten Samtmantel anlegen und so eine Art Krone aufsetzen!«
    Später entdeckte Lois zu ihrem großen Erstaunen, daß er eine Liebhaberei hatte, und plötzlich wurden ihr auch die Sticheleien seiner Mutter über seine elektrischen Batterien verständlich. Er hatte eine Leidenschaft für elektrische Maschinen und Apparate. In seinem Arbeitszimmer standen Modelle von Dynamos, elektrischen Eisenbahnen, Batterien und so weiter.
    »Ich habe eine sehr nette Arbeit für die Gräfin in der Bibliothek geleistet - fragen Sie sie nur, sie wird es Ihnen zeigen.« Er machte ein ernstes Gesicht. »Aber besser, Sie fragen nicht«, sagte er dann schnell.
    Die Beschäftigung mit elektrischen Dingen war jedoch nicht nur ein Vergnügen und eine Spielerei für ihn. Stolz erzählte er, daß er die Klingelleitung im ganzen Haus selbst angelegt habe. Lois konnte sich später überzeugen, daß seine Angaben stimmten. Lizzy, die zuerst vor seinem hohen Adelstitel in Ehrfurcht erstarb, war bald mit ihm vertraut.
    »Ich habe mich noch nie so gut amüsiert, wie heute abend«, sagte der junge Graf. Vorher hatte er schon verschiedene Male nervös nach der Uhr gesehen. »Jetzt werde ich aber losziehen, bevor die Gräfin nach Hause kommt.«
    Er verschwand schnell, und die beiden Mädchen gingen in die Halle. Braime stand vor der Haustür und schaute durch die Glasscheiben auf die Straße.
    »Gute Nacht, gnädiges Fräulein«, sagte er respektvoll. Dann schaute er wieder aufmerksam nach draußen.
    »Ich mag den Mann nicht«, sagte Lizzy, als sie in ihrem Zimmer waren.
    »Braime? Ich konnte ihn zuerst auch nicht leiden, aber ich verdanke ihm so viel. Wenn er mir letzte Nacht nicht geholfen hätte -«
    »Wie ist er aber dorthin gekommen - das ist die Frage«, meinte Lizzy. »Er muß schon im Zimmer gewesen sein, als der Balkon einstürzte, denn ich fühlte sofort, daß mich jemand beiseite zog.« »Was hältst du eigentlich von Lord Moron?« fragte Lois, die das Gespräch gern auf einen angenehmeren Gegenstand bringen wollte.
    »Oh, er ist sehr nett«, sagte Lizzy verträumt. »Als du mir zuerst von ihm erzähltest, dachte ich, er sei ein wenig dumm. Aber der junge Mann hat doch

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