037 - Quellen der Lust + Die Mätresse des Prinzen
langen Abends hatte sie genug Zeit, sich wieder und wieder ihre Unterhaltung ins Gedächtnis zu rufen und anhand der wenigen Anhaltspunkte seine wahren Gefühle und Absichten zu deuten. Die Anziehungskraft, die sie auf ihn ausübte, wühlte ihn auf und beunruhigte ihn, und er war ohne jeden Zweifel eifersüchtig auf jeden Mann, der ihr sein Interesse bekundete. Er wollte nicht, dass sie andere Männer bewunderte, sich für sie interessierte oder gar mit ihnen flirtete, aber er konnte sich nicht dazu durchringen, sich seine eigene Zuneigung zu ihr einzugestehen.
Die Frage war, ob der eiserne Jack sich jemals dazu überwinden könnte.
Überrascht sah sie, dass er am nächsten Morgen mit beschwingtem Schritt und erheblich heiterem Gesichtsausdruck den Frühstücksraum des Hotels betrat.
Er setzte sich zu ihr und Mercy und trank mit offensichtlichem Genuss den starken Kaffee.
„Sie scheinen in besserer Form als gestern zu sein“, wagte sie sich schließlich vor.
„Ja, ich habe gute Neuigkeiten.“ Er strahlte eine solch ansteckende gute Laune aus, dass sie sich einen Augenblick lang davon in die Irre führen ließ und falsche Hoffnungen hegte. „Ich habe Erkundigungen eingeholt und herausgefunden, dass die Strickerei Stephens ein Büro hier in London hat – und dass dies nun der neue Geschäftssitz der Firma ist, in dem wir Richard Stephens finden können.“ Er häufte eine riesige Portion Stachelbeermarmelade auf eine gebutterte Scheibe Toast und rollte genießerisch mit den Augen. Nachdem er dies mit Kaffee hinuntergeschluckt hatte, lächelte er. „Sind Sie bereit, Ihren zukünftigen Mann zu treffen?“
„Um elf habe ich einen Termin im ‚Le Beau Chapeau‘“, sagte sie und machte keine Anstalten, wie üblich aus dem Fenster der Kutsche zu schauen. Sie fuhren durch den industriellen Ostteil Londons, einem Viertel, in dem nur Fabriken, Lagerhäuser, Zuggleise und der Lärm von Männern und Maschinen, die Frachtkarren be- und entluden, zu existieren schienen. Bildete sie es sich nur ein, oder hatten sich schmutzige, tiefe Wolken genau über diesen Teil der Stadt gelegt?
„Wir müssten es eigentlich schaffen, wieder rechtzeitig in Mayfair zu sein, damit Sie noch mehr vom Geld des Prinzen ausgeben können.“ Er holte tief Luft und sah sie nachdrücklich an. „Aber versuchen Sie bitte, die Hutrechnung nicht allzu sehr in die Höhe schnellen zu lassen.“
Sie ging nicht auf die Provokation ein.
„Habe ich schon erwähnt, dass ich die Bettwäsche im Claridge’s einfach himmlisch finde? Ich habe mich gestern Abend erkundigt, und der Concierge verwies mich an ein großes Kaufhaus in Knightsbridge. Harrods. Er sagte mir, dass es dort die feinsten Laken gibt. Ich dachte mir, wenn diese gut genug für die Prinzen, Erzherzoge und Botschafter sind, die im Hotel absteigen, müsste es eigentlich auch gut genug für Bertie sein. Was meinen Sie?“
Sie wurde mit einem Zucken seines Kiefers belohnt.
„Stephens und ich scheinen gemeinsame Bekannte zu haben“, erklärte er nun und legte beide Hände auf den Griff seines Spazierstocks. „Vor einigen Jahren studierte er in Cambridge Ingenieurwesen. Er kam kurz nachdem ich dort fertig war. Sein Vater starb, als er in seinem letzten Studienjahr war, und er kehrte nach Hause zurück, um sich um die Familienangelegenheiten zu kümmern.“
„Also ist er eher der pflichtbewusste Typ.“ Sie hatte fest vor, sich durch seinen entschlossenen Optimismus nicht aus der Fassung bringen zu lassen.
„Gewissenhaft trifft es meiner Meinung nach besser. Ein schöner Zug bei einem Ehemann.“
„Finden Sie? Gilt das auch für Frauen? Wäre das auch eine gute Eigenschaft für eine Ehefrau?“
„Darüber habe ich noch nie nachgedacht.“ Er sah leicht verwirrt aus.
„Dann wäre es vielleicht an der Zeit.“ Sie schwieg einen Augenblick. „Wissen Sie, während wir für mich einen Mann suchen, könnten wir doch gleichzeitig nach einer Frau für Sie Ausschau halten.“
„ Nein .“
„Ach, komm schon, Jack, sei doch nicht immer so humorlos. Du bist viel zu ernst.
Wenn du einmal heiratest, dann brauchst du eine Frau, die dich zum Lachen bringt.
Die etwas Humor in dein Leben bringt ... und wilde Leidenschaft, zärtliche Zuneigung und eine Riesendosis ...“
„Was ich brauche oder nicht, ist nicht deine Angelegenheit“, sagte er verärgert.
„Riesendosis an gesundem Menschenverstand, wollte ich sagen. Aber vielleicht hast du das schon im Übermaß.“ Sie sah ihn
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