037 - Quellen der Lust + Die Mätresse des Prinzen
Mann, der so hager wie eine Vogelscheuche war, richtete sich auf und begann, an seinen Westenknöpfen zu nesteln und seine verknitterten Hemdsärmel hinunterzurollen. Er blickte sich erschöpft im Büro um, betastete seinen Hemdskragen und suchte offensichtlich nach seiner Krawatte. Diese war nirgends zu sehen, aber er entdeckte seinen Rock auf einem Stuhl unter einigen öligen Maschinenteilen. Für den Bruchteil einer Sekunde schloss er die Augen, schwankte und lehnte sich an den Tisch. „Womit kann ich Ihnen dienen?“
Einen Augenblick lang stand Jack einfach nur schweigend da und musterte die Szene vor ihm. Er schien nach einer plausiblen Erklärung für ihren Besuch zu suchen, und spontane Vorwände gehörten einfach nicht zu den starken Seiten des eisernen Jack.
Doch er machte einen Anfang.
„Jack St. Lawrence.“ Er tippte sich an den Hut und nickte hinüber zu Mariah. „Und dies ist Mrs. Eller. Wir sind ... Freunde von Professor Marcus Jamison vom King’s College. Wir waren vor einigen Tagen in Cambridge“, sagte er immer zögernder, „und ... und ...“
„Und der Professor sagte uns, was für eine großartige Ingenieursleistung Ihre neue Maschinenstrickfabrik doch sei“, sprang Mariah ein und drückte sich an Jack vorbei in den Raum. „Er schlug vor, Ihnen einen Besuch abzustatten, wenn wir in London seien.“
Mariah lächelte Stephens an, um ihre Besorgnis zu kaschieren. Offenbar musste er all seine Kräfte aufbringen, um überhaupt aufrecht stehen zu bleiben.
„Ich befürchte, dass ich Ihnen noch nichts Konkretes zeigen kann. Wir hatten einige ... Komplikationen.“ Er sah hinüber zu seinem bebrillten Angestellten, dessen Kleidung noch zerknitterter aussah.
Die Sorge, die sich im Gesicht seines Assistenten spiegelte, schien den letzten Rest seiner Energie und seines Stolzes zu untergraben.
„Ach, verdammt noch mal!“ Er fasste sich an den Magen. „Die Getriebe wurden beim Transport beschädigt und die Getriebeübersetzung lässt sich nicht an die Walzen koppeln. Das habe ich davon, bei mehr als einer Maschinenfirma bestellt zu haben. Die verdammten Teile ... aaahhh!“
Er röchelte und krümmte sich.
Jack und Stephens’ Assistent – offenbar Rogers – sprangen ihm sofort zu Hilfe und trugen ihn hinüber zu einem Sofa, das ebenfalls mit Papierstapeln bedeckt war. Jack wischte das Chaos beiseite, damit Stephens sich hinlegen konnte und Rogers nahm eine Flasche weißer Medizin aus einer Schreibtischschublade und flößte Stephens davon einen großen Löffel ein.
„Seit wann ist er schon in diesem Zustand?“, fragte Jack Rogers.
„Ich höre Sie!“, sagte Stephens mit zusammengebissenen Zähnen.
„Seit fast einer Woche, Sir“, antwortete Rogers und nickte mit dem Kopf.
„Will weder essen noch schlafen. Er reibt sich völlig auf, weil er versucht herauszufinden, wie die Bausätze für den Steppstich einander angeglichen werden können.“
„In ein, zwei Tagen werde ich es raushaben“, erklärte Stephens trotzig. „Ich werde es schon schaffen. Oder dabei draufgehen.“
Letzteres schien nur allzu wahrscheinlich, dachte Mariah und sah Jack an, der genauso besorgt wirkte wie sie. Er drehte sich um, um die Maschinenteile auf dem Nebentisch in Augenschein zu nehmen, und sah aus, als denke er über etwas nach, bevor er anscheinend zu einer Entscheidung kam.
„Das ist eine drehzahlvariable Rundstrickmaschine, stimmt’s? Elektrifiziert?“ Jack zog seinen Hut aus, stopfte seine Handschuhe hinein und nahm einige der Pläne in die Hand, um sie ausführlich zu studieren. „Interessant.“ Er zog Linien nach und nickte verstehend.
„Muss noch ... einige ... Veränderungen ... vornehmen“, sagte Stephens schwach und versuchte, aufzustehen. Mariah stellte sich an den Rand des Sofas und drückte ihn wieder hinunter.
„Wenn Sie sich jetzt nicht schonen, werden Sie sich gar nichts mehr vornehmen können“, mahnte sie ihn. „Ich werde Ihren Assistenten jetzt losschicken, um Ihnen etwas zu Essen zu besorgen. Sie werden eine richtige Mahlzeit zu sich nehmen und sich ausruhen, während Mr. St. Lawrence hier sich mit Ihren Plänen beschäftigen wird.“
Stephens schien nicht überzeugt zu sein, und daher beugte sie sich über ihn, bis er sie erwartungsvoll ansah.
„Er ist ein Cambridge-Absolvent. Ausnahmetalent, wie mir glaubhaft versichert wurde.“ Ihre Stimme klang herzlich und verschwörerisch. „Er sehnt sich schon seit Langem nach einer solchen Herausforderung. Lassen Sie
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