0373 - Blütenjagd im Niemandsland
das Aquarium, das sich direkt neben mir befand.
Ein einzelner Fisch schwamm darin herum. Sein wulstiger, höckeriger Kopf mit den tief in den Höhlen liegenden Augen stand dicht vor der Glasscheibe. Die Stacheln waren aufgerichtet. Es sah so aus, als starre er mich an. Dann schien er mit dem Ergebnis seiner Besichtigung zufrieden zu sein. Die Stacheln des giftigen Skorpionfisches klappten zurück. Er wedelte mit den Flossen und sank auf den Sandboden.
»Hören Sie zu?«, fragte Gilda.
»Natürlich.«
»Seit dem Tag, als Sie ihn sprechen wollten, ist er verschwunden.«
»Haben Sie nichts mehr von ihm gehört?«
»Nein.«
»Wissen Sie nicht, wo er ist?«
Ihr Gesicht wurde abweisend. »Jetzt fragen Sie auch noch so. Langsam habe ich das satt«
»Was?«
»Diese Fragerei. Die Polizei war hier schon mehrmals. Immer wieder fragten sie nach Sid.«
»Sie haben natürlich nicht gesagt, wo er sich auf hält?«, lächelte ich. Fliegen waren leichter mit Honig als mit Essig zu fangen.
»Ich weiß es doch nicht«, erwiderte sie schnell. »Er ist einfach nicht wiedergekommen.«
Ich blickte auf den Skorpionfisch, der um eine Wasserpflanze herumschwamm. Er zog an ein paar glatten Steinen und Tritonmuscheln vorbei. Über einer grünen Koralle auf dem Grund des Aquariums stand er still. »Kommt es öfter vor, dass Sidney einfach ein paar Tage wegbleibt?«, fragte ich und blickte starr auf den Fisch über der Koralle. Die Giftstacheln lagen glatt an seinem mit bunten Streifen bedecktem Körper an.
»Kaum.«
»Wie lange kennen Sie ihn? Oder besser, wie lange sind Sie mit ihm verheiratet?«
»Sechs Monate.«
Plötzlich interessierte ich mich weniger für diese Gilda, die nichts sagen wollte oder wirklich nicht konnte.
Etwas anderes schob sich in mein Blickfeld und löste in meinem Kopf Gedanken aus, die immer stärker um einen Punkt zu kreisen begannen.
Der Skorpionfisch mit dem Höckerkopf stand immer noch über der grünen Koralle mit den bizarren Formen. Diese Koralle war es, die Gedankenverbindungen schuf.
Im selben Augenblick fiel es mir ein, wo ich diese Korallenart schon einmal gesehen hatte.
***
Es war in der Nacht gewesen, in der Tony Rotondo ermordet worden war. Der Cop war mit der Liste und den Sachen hereingekommen, die Rotondo gehörten.
Dabei befanden sich das Bündel Geld und eine grüne Koralle.
Ich erinnerte mich auch an die Worte, die der Cop dabei gesagt hatte: »Eine grüne Orbizella-Koralle.«
Bestand eine Verbindung zwischen der grünen Koralle von Tony Rotondo und dieser?
Ich räusperte mich. »Ich dachte gerade nach«, meinte ich.
»Worüber?«
»Sidney hat ein seltsames Hobby.«
»Wieso? Ich kenne viele Leute, die Aquarien haben. Ich finde das sehr nett.«
»In diesem Aquarium befindet sich ein gefährlicher Skorpionfisch. Sein Gift kann einen Menschen töten. Es ist nicht alltäglich, dass sich Liebhaber solche bösartigen Fische in ihrer Wohnung halten. Sie sind sonst nur im Zoo anzutreffen.«
»Die Fische sind nun mal Sids Hobby, ich sagte es bereits. Mir gefallen sie, weil sie so schön bunt sind.«
»Woher bekommt Sid die Fische?«, fragte ich.
»Soviel ich weiß, stammen sie aus dem Hafen. Dort kann man sie in Sardellis Shop kaufen. Sid hat mir davon erzählt. Er hat auch dort mal gearbeitet, wie ich weiß«
»In Sardellis Shop?«
»Ja.« Gilda drückte den Rest der Zigarette aus.
Ich stand auf und dachte an das Fischgeschäft, in dem Sidney gearbeitet hätte. Vielleicht bot sich hier eine Spur an, der man nachgehen konnte.
»Und die Korallen?«, fragte ich. »Woher stammen die?«
Sie stand so dicht vor mir, dass ich ihr Parfüm einatmete.
»Ich nehme an«, erwiderte sie, »ebenfalls von Sardelli. Er handelt damit.«
»Danke.«
Ich beschloss, mir diesen Sardelli samt seinem Laden anzusehen.
Vielleicht war es eine Ader, bei der ich auf Gold stieß.
***
Ich fuhr zu der äußersten Mole im Hafen und stellte meinen Chevy an einem verfallenen Fischerboot ab, das aufgebockt war.
Dann ging ich zur Anlegemauer hinüber, wo zwei schwarzhaarige Fischer in gelb-weiß geringelten T-Shirts Netze säuberten.
Der eine zupfte Tang, Tritonmuscheln und sonstige Fremdkörper aus dem braunen Netz, während der andere es in dem schmalen Motorkahn zusammenlegte. Die Männer sangen leise vor sich hin.
»Guten Tag«, grüßte ich sie. Der Muschelzupfer sah hoch.
»Ich will seltene Fische kaufen, kriege ich die bei Sardelli?«
»Dann liegen Sie bei Sardelli richtig«, sagte er. »Dort
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