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0374 - Der Vogeldämon

0374 - Der Vogeldämon

Titel: 0374 - Der Vogeldämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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wenigstens etwas schützen zu können. In weiter Ferne tauchte die Silhouette der Insel Ukara auf. Der Kapitän oder einer seiner Offiziere, Nicole hatte keine Lust, das auseinanderzuhalten, wies in einer Lautsprecherdurchsage darauf hin. In regelmäßigen Abständen kamen diese Durchsagen, die die an Bord befindlichen Touristen auf geschichtliche Ereignisse rund um den Victoria-See hinwiesen, auf die Entwicklung der angrenzenden Staaten, auf die Tierwelt und dergleichen mehr. Seevögel strichen über das Schiff dahin.
    Nicole seufzte. Sie konnte der Fahrt nicht viel abgewinnen. Zamorra und sie waren oft genug auf Schiffen oder Yachten unterwegs, auf kleinen Gewässern ebenso wie auf hoher See. Da wurde das Außergewöhnliche zum Alltag. Und hier schien der Veranstalter der Ansicht zu sein, es reiche völlig aus, das Schiff auf die Reise zu schikken. Die Passagiere konnten sich ruhig selbst beschäftigen. Für jemanden, der zum ersten Mal mit einem Raddampfer dieser Art unterwegs war, mochte es in der Tat aufregend sein. Aber Nicole konnte ein sich verstärkendes Gefühl der Langeweile nicht ableugnen. Anfangs hatte sie die Bewegung der großen Schaufelräder interessiert, die die »Stern der Serengeti« vorantrieben, aber der Reiz verlor sich schnell. Sie dachte an Zamorra. Sie wäre lieber in seiner Nähe gewesen, als hier auf dem Schiff Däumchen zu drehen und Kindermädchen zu spielen. Cal Garey trieb sich irgendwo auf dem Vorderdeck herum und Linda Cray und Sandy sonnten sich in den Liegestühlen und nippten an kühlen Getränken. Nicole beobachtete das schäumende Kielwasser des Schiffes, das ihr einen Eindruck von dem Tempo gab, mit dem sich die »Stern« bewegte. Aber lange konnte sie das auch nicht fesseln.
    Sie wandte sich um und näherte sich dem Sonnendeck mit den Liegestühlen.
    Aus dem dunklen Schatten am Horizont wurden jetzt die Konturen der Insel mit Küste und Palmen. Ukara kam immer näher. Die »Stern« würde die Insel in einem weiten Bogen umrunden, sich ihr dabei bis auf eine Meile nähern und dann die nächste Insel ansteuern.
    Soll ich mit den Interviews anfangen? fragte sich Nicole, verschob es dann aber noch einmal. Sie wollte nicht aufdringlich erscheinen. Sicher, sowohl Linda als auch Sandy wußten, warum Nicole mit an Bord gegangen war. Aber man mußte es ja dennoch nicht übertreiben.
    Warum die beiden Touristinnen Vivy und Linda? fragte sich Nicole. Warum der Keeper Sammy? Was hatten sie an sich, was den Unheimlichen anzog, der kaltblütig mordete und im Gesicht seiner Opfer ein Lächeln zurückließ?
    Linda erhob sich aus ihrem Liegestuhl und näherte sich Nicole.
    »Langweilig, diese Fahrt, nicht wahr?« sagte sie. »Wir hätten vielleicht besser an Land bleiben sollen. Ich hätte es begrüßt, wenn wir neulich einen Tag länger in der Serengeti geblieben wären, statt jetzt hier Seeluft zu schnuppern. Wenn ich geahnt hätte, daß die Fahrt so langweilig wird…«
    »Wenn wir an den beiden Inseln vorbei sind und den Golf erreichen, steht ja noch der Landgang auf dem Programm«, erinnerte Nicole. »Vielleicht wird das dann noch interessant.«
    »Kaum«, seufzte Linda. »Wir haben ja immerhin etwa zwei Stunden Verspätung. Ob die Leute, die die Folklore-Veranstaltung durchführen, solange auf uns warten, halte ich für fraglich.«
    Sie trat an die Reling und stützte sich auf. Nicole folgte ihr.
    »Man hätte zumindest an Bord etwas Programm bringen können«, sagte sie. »Die hin und wieder erfolgenden Durchsagen bringen ja nichts…«
    Nichts warnte sie.
    Blitzschnell bückte Linda Cray sich, faßte nach Nicoles Beinen und hebelte sie empor. Nicole schrie auf. Sie versuchte, sich an der Reling festzuhalten, während sie über das Geländer geschleudert wurde. Ein Faustschlag traf sie und raubte ihr fast die Besinnung. Sie mußte loslassen und stürzte.
    Die Radschaufeln! durchzuckte sie, während sie ins Wasser klatschte. Ich darf nicht in die Radschaufeln kommen!
    Dann wurde es ihr schwarz vor den Augen…
    ***
    Erschrocken sprang Sandy auf. Sie warf einen raschen Blick in die Runde. Aber offenbar hatte niemand außer ihr gesehen, was sich gerade an der Reling abgespielt hatte. Niemand hatte in die Richtung geschaut, weder Passagiere noch Besatzungsmitglieder.
    Linda hatte die Französin einfach über Bord geworfen!
    Aber weshalb hatte sie das getan?
    Sandy rannte los. In ihrem Schreck dachte sie nicht daran, den Alarmruf »Mann über Bord« zu schreien. Daraufhin wäre das Schiff

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