0377 - Der letzte Gast kam aus Sing-Sing
Baum brach der Sergeant zusammen. Ungläubig verdrehte er die Augen. Dann bekamen sie einen glasigen Blick.
Ironface fing ihn auf. Er wuchtete sich den Bewusstlosen auf die Schulter und schleppte ihn zur Tür des Heizungskeller.
Auf atmend legte er ihn dort nieder. Der kritischste Teil lag hinter ihm.
Er stopfte dem Sergeant dessen Taschentuch in den Mund und band es mit einem Schnürsenkel fest. Dann fesselte er ihm mit dem Koppel die Hände auf den Rücken. Dabei zog er den Lederriemen durch ein an der Wand entlanglaufendes Wasserrohr.
Die Tür zum Heizungskeller hatte kein Sicherheitsschloss. Da man von hier aus nicht in den Hof gelangen konnte, hatte man nur ein einfaches Schnappschloss angebracht.
Aus dem Ring des Schlüsselbundes bog sich Ironface einen Dietrich. Er probierte etliche Male, bis er die Zuhaltungen zurückziehen konnte. Dann schleppte er den Sergeant hinein und band ihn wieder an.
Unbesorgt konnte Ironface Licht machen. Der Raum hatte keine Fenster, sondern nur einen schmalen Luftschacht.
Zufrieden betrachtete Ironface den eisernen Deckel, der dicht unter der Decke in die Wand eingelassen war. Durch ihn rollten die Kohlen in den Keller, wenn der Nachschub kam.
Der Schacht führte schräg nach außen. Er endete gleich hinter der großen Mauer, war etwa 20 mal 20 Zoll groß und an beiden Enden verschlossen.
Ironface durchsuchte die Taschen des Beamten nach Zigaretten und brachte eine fast volle Packung heraus.
Vor sieben Uhr würde sein Verschwinden nicht bemerkt werden. Und dann war es schon so dämmrig, dass er sich von der Mauer entfernen konnte, ohne vom Wachtposten gesehen zu werden.
***
Nach einer Stunde machte er sich an die Arbeit. Er kletterte auf den Koksberg, nachdem er so viel Koks auf die Seite geschaufelt hatte, dass nicht der ganze Haufen ins Rutschen kam.
Das Vorhängeschloss des Deckels hielt ihn nur etwa zwei Minuten auf. Dann konnte er den Deckel zurückklappen. Eine eiserne Schürstange hatte er sich in den Hosenbund gesteckt. Dann robbte er durch den Schacht.
Es war ein mühseliger Weg. Mit etwa
40 Grad Neigung führte der Schacht nach oben. Er war glatt wie Parkett und staubig, und seine Hände fanden keinen richtigen Halt. Zentimeter um Zentimeter schob er sich vorwärts.
Zweimal rutschte er zurück, konnte sich jedoch wieder fangen. Seine Lunge keuchte, die Kehle war voll Kohlenstaub, und er kämpfte ständig mit einem Hustenreiz.
Nach einer halben Stunde war er oben. Zwischen ihm und der Freiheit lag nur noch ein eiserner Deckel, von außen mit einem Vorhängeschloss gesichert.
An einer Rille im Mauerwerk konnte er sich festkrallen. Dann holte er langsam die Brechstange hervor. Den Griff hielt er fest umklammert.
Wenn ihm die Stange aus der Hand glitt, würde ihn das Poltern in dem engen Schacht sofort verraten.
Zwischen Deckelrand und Schacht bohrte er die'Spitze durch. Etwas Mörtel brach heraus, verursachte jedoch kaum Lärm.
Endlich hatte er das Eisen durchgezwängt. Mit systematischem Druck lockerte er das Mauerwerk um die Krampe herum, die das Schloss hielt.
Es war Präzisionsarbeit.
Größere Mauerbrocken fing Ironface auf. Er steckte sie durch eine Lücke, sodass sie nicht durch den Schacht rollten.
Nach einer Viertelstunde war er soweit. Er hatte den Ziegelstein gelöst, an dem die Krampe befestigt war, drückte den Stein heraus und klappte den Deckel mitsamt dem Stein ein Stück nach oben.
Mehrere Minuten lauschte er, aber er hörte nur seinen heftigen Atem.
Es war diesig. Am Vormittag hatte es geregnet, und jetzt lag dampfender Nebel über der Landschaft.
Ironface drückte sich aus dem Schacht heraus. Schemenhaft sah er die beiden Wachtürme an den Mauerecken. In spätestens zehn Minuten würden die Scheinwerfer eingeschaltet werden, die die ganze Umgegend in gleißendes Licht tauchten.
Auf dem Bauch liegend, robbte er davon. Das Brecheisen hatte er mitgenommen, den Deckel des Schachts wieder lose aufgelegt.
Er hoffte, dass es ein paar Stunden dauern würde, bis die Cops seinen Fluchtweg entdeckt haben würden. Bis dahin würde er untergetaucht sein wie eine Ratte am Müllabladeplatz.
***
Ich hatte die Tür zum Büro meines Chefs noch nicht ganz geschlossen, da wusste ich schon, dass Arbeit auf uns zukam.
Mein Freund Phil Decker saß gespannt auf einem Stuhl und klopfte eine Zigarette auf dem Fingernagel platt.
Unser Chef, der Leiter des New Yorker FBI-Distrikts, hielt einen grünen Aktendeckel in der Hand. Mr. High forderte mich
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