0377 - Der letzte Gast kam aus Sing-Sing
Garten.
***
Nachdem ich das Haus umrundet hatte, kam ich zu dem Fenster, das zum Mordzimmer gehörte.
Ich ging einen Schritt zurück und konnte bequem verstehen, was im Raum gesprochen wurde und was dann vor sich ging.
In der Tasche hatte ich noch die Stablampe. Ich knipste das Licht an und suchte den Boden ab.
Ein Grasstreifen lief direkt am Haus entlang, er war kurz gemäht und sehr gepflegt.
Ich ging auf die Knie und suchte den Boden ab. Der Mörder hatte sicherlich diesen Weg genommen. Als ich das Licht streifend über den Rasen lenkte, erkannte ich deutlich einige Fußabdrücke. Das Gras hatte sich zwar fast ganz wieder aufgerichtet, aber der Boden darunter war etwas eingetreten.
Leider waren die beiden Abdrücke zu unscharf, um einen Gipsabdruck davon anzufertigen. Der Mörder hatte offenbar keine scharfkantigen Schuhe getragen.
»Suchen Sie Erdbeeren, Mister Cotton?«, brummte es über mir.
Ich richtete mich auf. Wesley war wahrscheinlich durch den Lichtschein auf meine Erdarbeit aufmerksam geworden.
Ich erklärte ihm den Fluchtweg, doch er zuckte nur die Achseln.
»Damit lässt sich nichts anfangen«, erklärte er.
Ich musste ihm recht geben. Als ich wieder in das Mordzimmer zurückkehrte, wurde die Leiche gerade abtransportiert.
Ein Spezialist der Mordkommission und Phil waren dabei, den Raum auf Fingerabdrücke zu untersuchen.
Phil stäubte das graue Pulver über den Telefonhörer. Mit einem feinen Pinsel verteilte er das Pulver.
Ein gutes Dutzend Abdrücke wurde sichtbar. Sie lagen zum Teil schon übereinander.
Einen besonders schönen, vollkommenen Daumenabdruck entdeckte Phil an der Hörmuschel. Er zog ihn sorgfältig auf eine Klebefolie und steckte das Stück in ein Reagenzglas, das ein Kollege der Mordkommission bereithielt.
Wir untersuchten noch gemeinsam das Fenster. Nach meiner Theorie hatte der Mörder draußen gestanden und mitgehört.
Caldwell musste dem Fenster den Rücken zugewandt haben, der Mörder war lautlos eingestiegen, hatte Caldwell niedergeschlagen und den Hörer wieder aufgelegt.
Das Fensterbrett interessierte uns besonders. Auf dem weißen Schleiflack fanden wir drei verwertbare Spuren.
Wesley war einverstanden, dass Phil mit den abgezogenen Fingerabdrücken sofort nach New York zurückfuhr. Wir wollten die Auswertung noch heute Nacht haben.
Ich fuhr mit Wesley in sein Büro zurück, nachdem er das Mordzimmer versiegelt hatte. Die Dienstboten hatte Wesley für den nächsten Tag in sein Büro bestellt.
Aus seinem Schreibtisch holte der Lieutenant eine noch halb gefüllte Thermosflasche mit doppelt starkem Kaffee. Er schob mir einen Pappbecher mit der noch heißen Flüssigkeit zu.
Kaum kitzelten die ersten Schlucke die Magenwände, da klingelte das Telefon.
Wesley seufzte und angelte nach dem Hörer. Er lauschte ein paar Sekunden, dann riss es ihn vom Stuhl.
»Ich komme sofort«, donnerte er in die Muschel. Mit Schwung flog der Hörer auf die Gabel.
Das nächste Bett sollte ich erst am frühen Morgen sehen.
***
Phil raste durch das auch nachts hell erleuchtete New York. Der Verkehr war spärlich, sodass er in neuer Rekordzeit zum FBI-Gebäude in der 69. Straße kam.
Im Laufschritt trug er die Abdrücke zur Nachtbereitschaft. Der Kollege nahm ihm die Prints ab und machte sich sofort ans Verschlüsseln.
Minuten später lief das elektronische Rechengehirn an. Als die Lochkarte eingegeben wurde, verglich die Maschine sie mit sämtlichen anderen, die aus dem Speicher rollten.
Mit gespanntem Blick starrten sie auf den Auswurfkasten. Dort mussten die Karten hineinfallen, die mit den gefundenen Angaben übereinstimmten.
Das Häufchen wurde immer kleiner. Schließlich waren alle Karten durchgelaufen, ohne dass eine einzige aussortiert worden war.
Enttäuscht blickte Phil auf.
»Bei uns ist jedenfalls keiner der Abdrücke registriert. Fragen wir im Zentralarchiv in Washington nach«, schlug der Programmierer vor.
An einer Spezialmaschine verschlüsselte er die notwendigen Angaben so, dass sie per Fernschreiber zur FBI-Zentrale Washington gesendet werden konnten.
Als die Nachricht abgesetzt war, begab sich Phil zum nächsten Telefon. Die Antwort konnte erst in einer halben Stunde da sein.
Inzwischen rief er Mr. High an und erzählte in knappen Worten die letzten Ereignisse.
Der Fernschreiber begann zu ticken, noch bevor Phil zurück war. Mit freudigem Gesicht nahm der Kollege die lange Nachricht von der Schreibrolle.
Er fand Phil in der Kantine, wo er gerade
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