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0379 - Das Tor zur Hölle

Titel: 0379 - Das Tor zur Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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fand es schwer, den Blick von dem faszinierend grausigen Bild zu wenden. Die Außentemperatur betrug einhundertundvierzig Grad absolut, der atmosphärische Druck lag bei Tausenden von Atmosphären - mit rapiden Schwankungen, die bis zu mehreren hundert Atmosphären ausmachten. Methantümpel erstarrten von einer Sekunde zur andern, um einen Atemzug später wieder zu schmelzen und weiße Fahnen übersättigten Dampfes in den Sturm zu entlassen. Freies Methan erstarrte im Wirbeln des unaufhörlichen Orkans und fiel in Klumpen merkwürdig langsam zu Boden, um dort weiterzuwachsen, bis eine erneute Druckschwankung den Prozeß umkehrte und der Brocken sich in Sekundenschnelle verflüssigte und zu verdampfen begann. Methanschnee, der im Maserlicht grünlich schimmerte, fiel hier und dort über grauweiße Ammoniakkristalle. Gefrorene Methaneinschlüsse in hochaufragenden Monolithen aus Ammoniakeis verflüssigten sich und gefroren von neuem in raschem Wechsel, erzeugten Erosionseffekte, die mit dem Zeitraffer aufgenommen zu sein schienen, und brachten die Felsen zum Einsturz.
    Es war eine Landschaft, überlegte Flagg, in der nur der Wandel beständig war. Es war eine Landschaft, in der nur großmaßstäbliche Änderungen Bedeutung hatten. Die kleinen Wandlungen waren so zahlreich und so unaufhörlich, daß das Auge müde wurde, sie zu registrieren.
    Wie zum Beispiel das Entstehen eines mattschimmernden konischen Gebildes, das am Fuße eines mächtigen Ammoniakfelsens aus dem Eis wuchs und erst zu wachsen aufhörte, als es eine Höhe von mehr als zwei Metern erreicht hatte.
    Opal Flagg sah es nicht, und auch die Relieftastung, die er wenige Minuten später durchführte, nahm es nicht wahr. Die Empfindlichkeit des Orters war zu gering.
     
    *
     
    Captain Laffitte kratzte sich dort, wo er früher einen Bart zu tragen pflegte - bevor das strenge Reglement der Flotte ihn dazu zwang, sich einer Rasur zu unterziehen. Er dachte einen Augenblick nach, dann schrie er: „Bonmarchal!"
    Korporal Bonmarchal, der unmittelbar neben Laffitte an einem Bildmeßtisch arbeitete, sah auf.
    „Sir?"
    „Wie heißt Trobos auf lateinisch?" Pie Bonmarchal war niemals verlegen. Klein, stämmig, mit einem graumelierten Haarkranz um das ansonsten kahle Haupt, war es ihm gelungen, sich durch das Schulsystem seines Heimatbezirks Europa-West zu schleusen, ohne auch nur eine einzige Lektion Latein in sich aufzunehmen. Dennoch war er niemals verlegen.
    „Trobum, Sir", lautete die stramme Antwort.
    „Und Scorcher?"
    „Scorcherus, Sir."
    „Gut, Bonmarchal! Inter Trobum et Scorcherum planetam interposui!"
    „Jawohl, Sir", bestätigte Bonmarchal, ohne mit der Wimper zu zucken. Dann, nachdem er eine angemessene Zeitspanne hatte verstreichen lassen, erkundigte er sich ungerührt: „Was heißt das, bitte, Sir?"
    „Zwischen Trobos und Scorcher habe ich einen Planeten gesetzt. Kepler."
    Der bereitwillig gegebenen Erklärung folgte ein drohender Blick.
    „Bitte keine Weisheiten bezüglich Kepler und seiner mangelnden Kenntnis von Trobos und Scorcher.
    Kepler sagte ,zwischen Mars und Jupiter'. Ich wandelte den Spruch für meinen Bedarf ab."
    Er warf den Schreibstift verdrossen auf das große, mit hastig gekritzelten Formeln bedeckte Stück regenerierbarer Folie und stand auf. Etwas theatralisch, aber nichtsdestoweniger ernsthaft erklärte er: „Zwischen Trobos und Scorcher fehlt ein Planet. Es muß früher einen gegeben haben. Ich frage mich, wohin er verschwunden ist."
    Pie Bonmarchal stand in Habachtstellung. Er wußte, daß der Vortrag erst begonnen hatte.
    „Es gibt Naturgesetze", fuhr Sy Laffitte fort", die die Radien der Umlaufbahnen der Planeten in Mehrplanetensystemen betreffen. Der Grund, warum es ein solches Gesetz gibt, ist vorerst ungenügend bekannt. Niemand kann sich vorstellen, warum aus dem Urnebel, aus dem sich das Zentralgestirn und auch die Planeten bilden, Planeten nicht an beliebigen Orten und daher mit beliebig weiten Umlaufbahnen entstehen sollten. Man hält es für möglich, daß die Entwicklung sich tatsächlich so vollzieht - aber im Laufe der späteren Entwicklung findet offenbar eine Auslese statt. Viele der jüngst entstandenen Himmelskörper verschwinden - durch Kollision, Abwanderung, Auflösung. Diejenigen, die übrigbleiben, haben Umlaufbahnen, deren Radien in einem ganz bestimmten Verhältnis zueinander stehen. Das Gesetz besagt nicht, wie dieses Verhältnis zahlenmäßig auszusehen hat. Es stellt nur fest, daß eine

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