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038 - Der Geistervogel

038 - Der Geistervogel

Titel: 038 - Der Geistervogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James R. Burcette
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unendlich langer, hagerer Mensch, der wie ein preußischer Unteroffizier sprach.
    „Nun, was ist, Doktor?“ fragte der Kommissar, der seine Ungeduld kaum verbergen konnte. „Daß das Mädchen tot ist, können wir selbst sehen. Todesursache und ungefähren Zeitpunkt des Todes, bitte!“
    Der Regen fiel in dichten Schnüren. Hans-Dieter Weber hielt einen riesigen Schirm über den Arzt, der sich bedächtig aufrichtete und den Kommissar anblickte.
    „Todeszeit: ungefähr zwischen fünf und sieben Uhr morgens“, sagte er. „Todesursache: da will ich mich nicht festlegen.“
    „Na hören Sie mal“, protestierte Kommissar Friedsen. „Sie müssen doch etwas festgestellt haben!“
    „Das schon.”, sagte der Arzt abweisend. „Einiges sogar. Es hört sich alles ziemlich unwahrscheinlich an, deshalb will ich nicht meine Vermutungen zum besten geben, ich warte lieber auf die Ergebnisse der Obduktion.“
    „Nichts da” knurrte Friedsen. „Heraus mit der Sprache, Doktor!“
    Dr. Bäumler seufzte. „Nun gut“, sagte er. „Die Wunden sehen aus, als hätte ein großer Vogel Fleischstücke heraus gehackt. Es sind auch einige Spuren am Körper zu sehen, die von riesige Krallen herstammen könnten. Arm und Beine sind mehrfach gebrochen das Genick ebenfalls, wahrscheinlich ist das auch die Todesursache. Das Mädchen kann aber schon vorher tot gewesen sein. Es sieht so aus, als wäre …“ Er schwieg und preßte die Lippen zusammen. „Es sieht ganz so aus, als wäre das Mädchen von einem Flugzeug abgeworfen worden!“
    Friedsen sah den Arzt überrascht an. „Ich weiß“, sagte Bäumler. „Es hört sich dumm an. Aber Sie können sich sicherlich noch an den Fall vor zwei Jahren erinnern, wo sich bei einem Fallschirmspringer der Fallschirm nicht geöffnet hatte und er wie ein Stein Boden fiel. Ich führte damals die Obduktion durch. Und diese Tote sieht genauso aus. Sie fiel aus großer Höhe zu Boden.“
    Kommissar Friedsen rieb sich weiter die Nase. „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann würde das bedeuten, daß ein Riesenvogel das Mädchen inseinen Krallen gehalten hätte, Fleischstücke aus dem Körper gepickt hätte und dann den Körper aus großer Höhe niederfallen ließ. Das ist doch Unsinn!“
    „Das habe ich auch nicht behauptet!“ tobte Bäumler los. „Sie legen mir Worte in den Mund, die ich …“
    „Ist schon gut“, unterbrach ihn Friedsen. Er winkte ab.
    „Ich sage Ihnen nichts mehr“, stellte Dr. Bäumler beleidigt fest. „Sie bekommen dann den Obduktionsbefund.“ Er wandte sich ab.
    „Was halten Sie davon, Weber?“ fragte der Kommissar seinen Assistenten.
    Weber zuckte mit den Schultern. Er war dreißig, seit einem Jahr verheiratet und wäre lieber zu Hause bei seiner Frau gewesen, als hier am Strand. Wenn man Weber das erste Mal sah, hielt man ihn für einen Dorftrottel: seine Stirn war niedrig, die Augenbrauen buschig, die Nase glich einer klobigen Kartoffel. Er stand meist mit vorgerecktem Kinn da, die Unterlippe über die Oberlippe geschoben, und sein Blick war starr. Aber der äußere Eindruck täuschte, er war ein durchaus intelligenter Polizeibeamter, der überdies noch freundlich und hilfsbereit war.
    „Keine Ahnung“, sagte Weber. „Das mit dem Riesenvogel war ja ein Scherz von Ihnen, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß jemand das Mädchen in ein Flugzeug gesteckt hat und dann über der Insel abwarf. Die Wunden sehen ebenfalls sehr merkwürdig aus. Das scheint ein Fall zu sein, bei dem sich Ihre Magengeschwüre vermehren werden, Chef.“
    Friedsen grinste, warf der Toten einen Blick zu, und das Grinsen wurde zu einer Grimasse.
    „Nehmen wir uns die Bewohner der Insel vor“, sagte Friedsen seufzend.
    „Einen Unfall können wir wohl ausschließen?“ fragte Weber.
    „Allerdings“, meinte der Kommissar. „Wenn sich hier eine Steilküste befinden würde, dann könnte man einen Unfall annehmen, aber diese verdammte Insel ist flach wie ein Pfannkuchen. Es gibt eine Möglichkeit.”
    „Sie denken an den Leuchtturm, Chef?“
    Der Kommissar nickte. „Genau“, sagte er. „Aber der ist einen Kilometer entfernt. Nehmen wir nun mal an, jemand hat das Mädchen vom Leuchtturm heruntergeworfen, dann muß er es aber hierher gebracht haben. Na ja, wir werden uns auch mit dem Leuchtturmwärter unterhalten.“
    „Und die Wunden?“ fragte Weber.
    „Sie stellen heute ziemlich einfältige Fragen, Weber“, brummte der Kommissar. „Halten Sie mich für einen Hellseher?

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