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038 - Der Geistervogel

038 - Der Geistervogel

Titel: 038 - Der Geistervogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James R. Burcette
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faltig, die Augen lagen tief in den Höhlen und blinzelten den Kommissar kurzsichtig an. Sie ging nach vorn gebeugt, und ihre rechte Hand zitterte stark.
    „Nehmen Sie bitte Platz“, sagte sie. Ihre Stimme war fast unhörbar. Schwerfällig ließ sie sich in einen alten Stuhl fallen
    „Sie wollten mit uns sprechen, Frau Nielsen?“ begann Friedsen.
    „Ja“, sagte die Alte. „Ich muß unbedingt mit Ihnen sprechen.
    Es geht um Ingruns Tod.“
    „Und was wollen Sie mir da berichten?“
    „Ich sah den Vogel“, sagte sie noch leiser.
    „Was sahen Sie?“
    „Den Vogel”, wiederholte sie. „Ich sah ihn schon öfters.“
    Friedsen und Weber wechselten einen vielsagenden Blick.
    „Und was war das für ein Vogel, Frau Nielsen?“ fragte der Kommissar, ohne sich seine Ungeduld anmerken zu lassen.
    „Ein Riesenvogel. Herr Kommissar“, erläuterte sie.
    „Frau Nielsen“, sagte Friedsen, schon wesentlich weniger geduldig. „Sie sind stark kurzsichtig, nicht wahr?“
    „Ja“, sagte die Alte und nickte. „Ich habe aber eine Brille.“
    Sie zog eine Nickelbrille aus ihrer Schürze und setzte sie auf. „Mit dieser Brille sehe ich aus wie ein Junge.“ Sie lachte glucksend. „Ich kann mir vorstellen, was Sie denken, Herr Kommissar. Die Alte spinnt, das denken Sie doch. Sie brauchen nicht zu antworten. Ich spinne nicht. Und ich kann mich darauf verlassen, was ich gesehen habe.“
    „Nun gut“, seufzte der Kommissar. „Was sahen Sie?“
    „Den Riesenvogel“, sagte sie. „Er ist mindestens mannsgroß.“
    „Hm“, meinte Friedsen skeptisch.
    „Seine Flügel sind mindestens vier Meter groß“, sagte sie.
    „Sein Gefieder ist weiß, fast durchsichtig. Es sieht wie Nebel aus. Er hat riesige Krallen und einen großen Schnabel. Er sieht aus wie ein Adler.“
    Der Kommissar seufzte wieder, und Weber stimmte in das Seufzen ein. Sie glaubten der Alten kein Wort.
    „Ich sah diesen Vogel schon ein paarmal“, sagte sie. „Er tauchte immer auf, wenn dann etwas Furchtbares geschah.
    Bei der Springflut vor zwei Wochen sah ich ihn auch. Sie glauben mir doch, Herr Kommissar?“
    „Das hört sich alles ein wenig unwahrscheinlich an, Frau Nielsen“, sagte Friedsen.
    „Es ist aber so“, sagte sie spitz. „Und heute sah ich diesen Riesenvogel wieder. Ich sage immer Geistervogel, wenn ich von ihm spreche. Und heute trug er etwas zwischen den Krallen. Ich konnte nicht erkennen, was es war. Es strampelte hin und her. Ich sah den Vogel nur wenige Sekunden lang, dann war er verschwunden.“ Friedsen stand auf. „Sie haben uns sehr geholfen, Frau Nielsen“, sagte er reserviert. Er hatte keine Lust, sich diesen Unsinn noch länger anzuhören.
    Die Alte lächelte schwach, dann schüttelte sie traurig den Kopf.
    „Sie glauben mir nicht“, sagte sie. „Für Sie bin ich eine verrückte Alte, die sich Stories ausdenkt, nicht wahr?“
    „Nochmals herzlichen Dank, Frau Nielsen.“
    Die Alte sah den beiden Männer nach, schloß die Augen und schüttelte wieder den Kopf. „Niemand glaubt mir. Aber ich habe den Vogel gesehen. Und er trug Ingrun zwischen den Krallen!“
    „Was sagen Sie dazu, Weber?“ schnaubte Friedsen wütend.
    „Da hat irgend jemand nicht dichtgehalten und Schauergeschichten erzählt, die wahrscheinlich die Alte aufgeschnappt hat und sich nun wichtig machen will. Ein Geistervogel! Haben Sie schon mal so einen Blödsinn gehört?“
    „Nein“, kicherte Weber. „Manche Leute haben eine rege Phantasie.“
    „Das kann man wohl sagen“, knurrte der Kommissar ungehalten. „Ich bin gespannt, was uns der Leuchtturmwächter für eine Story auftischen wird.“
    „Ich auch“, sagte Weber. „Vielleicht erzählt er uns etwas von Riesenseeschlangen, die sich jede Nacht beim Leuchtturm treffen!“
    Friedsen lachte. „Möglich ist alles“, sagte er.
    Auf der Insel gab es kein Auto. Man ging zu Fuß oder fuhr mit dem Fahrrad. Den beiden Polizeibeamten blieb nur die erste Möglichkeit offen. Verdrossen stapften sie durch den knöcheltiefen Schlamm.
    Ihre Laune hatte den Nullpunkt erreicht, als sie beim Leuchtturm eintrafen. Ihre Ankunft war beobachtet worden.
    Ein kleines, verhutzeltes Weibchen öffnete die Tür und lächelte scheu. Früher mochte sie mal hübsch gewesen sein, jetzt war nicht viel davon übrig geblieben. Das Gesicht war hager, die Nase sprang wie ein Geierschnabel hervor.
    Ihre Augen waren dunkel, und sie schielte ein wenig. Der farblose Mund war scharf wie eine Messerklinge. Das dunkle Haar, das

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