0380 - Ich und der Poltergeist
So frisch und anders. Als ich ihn darauf ansprach, winkte er ab. »Mach mich nicht sauer. Ich habe mich von Shao überreden lassen, so ein komisches Zeug zu nehmen, wo ich mich sonst nur mit Seife und Wasser einreibe. Jetzt rieche ich.«
»Nein, du stinkst.«
»Und wonach, bitte sehr?«
»Nach Freudenhaus.« Suko drehte sich um. »Danke, ich habe verstanden, Mr. Sinclair.«
»Wer war im Freudenhaus? Du, Suko?« Lady Sarah rief es von oben herab. Sie hatte nur die Hälfte verstanden und wollte mehr wissen.
Ich mußte lachen. »Keiner war dort, Lady Sarah. John Sinclair träumt nur mal davon.«
»Ja, ja, ihr Männer.«
Wir erreichten Lady Sarah, und Suko begrüßte sie. »Gut siehst du aus«, sagte er.
Sie winkte ab. »Erzähle doch nichts, Suko. Einer alten Frau macht man keine Komplimente.«
»Das ist kein Kompliment, sondern eine Tatsache.«
Ich hatte mich nach wie vor hinter Suko aufgehalten und blieb ebenfalls stehen, als er auf der Schwelle zum Dachzimmer stoppte und in den großen Raum schaute. Er war sprachlos.
»Na, wie gefällt dir das?« erkundigte ich mich.
»Überhaupt nicht. Und wer zeigt sich dafür verantwortlich?«
»Ein Poltergeist.«
»Ach nein…«
»Doch, er war es. Dagegen haben wir bisher auch noch nicht gekämpft. Diesmal hat es uns erwischt.«
»Und weshalb?«
»Das wollen wir von dir wissen, Suko«, erklärte die Horror-Oma.
Ich drückte meine Hand in Sukos Rücken und stieß ihn über die Schwelle. »Geh rein und schau dir alles ganz genau an.«
Das tat mein Freund gern. Er nahm seine Wanderung auf während sich Lady Sarah gesetzt hatte. Ich war neben dem Tisch stehengeblieben und schaute zu.
Der Chinese nickte. »In der Tat gewaltig«, gab er zu und hob gleichzeitig die Schultern. »Aber was habe ich damit zu tun? Wieso sollte ich euch helfen können?«
»Ist dir nichts aufgefallen?« wollte ich wissen.
»Nein.«
»Hier steht eine Figur«, sagte die Horror-Oma. »Genau zwischen uns auf dem Tisch.«
Erst jetzt hatte der Inspektor sie gesehen. Er trat zögernd näher, nahm die Figur ebenso zögernd in die Hand und betrachtete sie von allen Seiten.
Ich beobachtete ihn gespannt. Auch Lady Sarah ließ ihn nicht aus den Augen. Wir beide sahen die Veränderung, die sich in Sukos Gesicht abspielte. Er stülpte die Unterlippe vor und stellte die Figur vorsichtigzurück auf die Tischplatte.
»Na?« fragte ich.
»Woher habt ihr sie?«
Ich hob die Schultern. »Da mußt du dich schon an Lady Sarah wenden.«
»Bitte, sag es!« forderte mein Freund.
Er gefiel mir nicht, wirkte plötzlich angespannt und auch wie auf dem Sprung. Suko wußte mehr, das war mir klar. Lady Sarah konnte ihm nicht mehr sagen, als sie auch mir schon mitgeteilt hatte. Ihr zuletzt verstorbener Mann hatte ebenfalls nichts über die Figur gesagt.
»Und das ist wirklich alles?« erkundigte sich Suko noch einmal.
»Ja.«
Er schabte über sein Kinn und verengte die Augen. »Das kann verdammt gefährlich werden.«
Jetzt erst mischte ich mich ein. »Rück schon mit der Sprache raus, Alter. Was ist mit dieser Figur los? Du scheinst sie zu kennen.«
»Sicher.«
Die Antwort hatte so lapidar geklungen, daß ich lachen mußte.
»Mehr sagst du nicht?«
»Doch, ich kann dir sogar ihren Namen nennen. Diese Figur stellt Piu Hang dar.«
»Und wer ist das?«
»Ein gefährlicher Geist, der mächtige Kräfte besitzt und sie auch einsetzt, wenn es darauf ankommt. Das habt ihr ja erlebt.«
»Natürlich. Er beherrscht die Telekinese.«
»Wenn es das nur wäre.«
»Los, was ist es noch?«
»Piu Hang ist ein Poltergeist. In Europa werden sie oft unterschätzt. Man nimmt sie nicht ernst. Piu Hang sollte man ernst nehmen. Er besitzt Kräfte, die über die eines normalen Poltergeistes hinausgehen, denn er kann auch Leichen aus den Gräbern holen. Und dann sehen wir gut aus…«
Natürlich waren wir sprachlos. Wenigstens Lady Sarah und ich.
Mit dieser Eröffnung hatten wir beide nicht gerechnet. Es war nur schon mal gut, daß Suko diesen Geist kannte, und darauf sprach ich ihn auch an. »Okay, du kennst ihn. Wo hast du ihn kennengelernt?«
»Das war während meiner Ausbildungszeit. Wir haben über viele Dinge gesprochen und diskutiert. Unter anderem auch über Dämonen und Geister. Da blieb Piu Hang nicht aus.«
»Was macht er?«
»Er ist ein Poltergeist. Erschreckt Menschen, eigentlich ein lustiger Knabe, nur gefällt es mir nicht, wenn er Leichen aus der Erde holt und mit ihnen spielt.«
»Zombies?« fragte
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