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0380 - Jagd auf die Teuflische

0380 - Jagd auf die Teuflische

Titel: 0380 - Jagd auf die Teuflische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Schwertspitze oder der Schneide nur die wenigen ungeschützten Stellen der Gardisten, die niemals damit gerechnet hatten, daß eine Klinge so weit vorstoßen konnte, ohne von der eigenen abgeblockt zu werden. Zu hören war nur das Pfeifen, mit dem Wangs Schwert die Luft durchschnitt, und die gellenden Schreie der Getroffenen. Dann stürmte der Mongole bereits zur Tür hinaus.
    »Haltet ihn!« brüllte der Hauptmann, der sich endlich den Wein aus den Augen gewischt hatte. Nur dadurch, daß er nicht mitgekämpft hatte, war er bisher unverletzt gewesen. Denn Wang führte sein Schwert nur gegen jene, die ihn bedrängten.
    Die Gardisten, die Zamorra in die Mangel genommen hatten, wichen zurück und nahmen die Verfolgung des Mongolen auf. Er war ihnen wichtiger als sein Begleiter, den sie vielleicht noch nicht einmal als den Mann wiedererkannt hatten, der seinerzeit heimlich in den Palast eingedrungen, erwischt und vom König zum Tode verurteilt worden war. Die Gardisten stürmten ihrem Hauptmann nach nach draußen.
    Wang Lee hatte direkt neben der Tür gewartet und schlug sofort zu. Zwei Gardisten starben, ehe die anderen überhaupt begriffen, wo der Gegner stand. Aber dann waren sie da.
    Draußen vor der Schänke war ein hölzerner Gehsteig mit Geländer, auf dem man sich auch bei nach tagelangen Regenfällen verschlammter Straße trockenen Fußes bewegen konnte. Er war schmal - um eine Handbreite zu schmal für Wang, der hin und her tänzelte und auswich und angriff. Er strauchelte, stürzte auf die Straße.
    Und da hatten sie ihn.
    Ein Schwert schlug ihm die Waffe aus der Hand, zwei andere saßen im nächsten Moment an seiner Kehle. Der Mongole erstarrte. Still blieb er liegen. Bei der geringsten Bewegung würde er sich selbst erdolchen.
    »So, mein Freund«, knurrte der Hauptmann zufrieden. »Das wär’s dann wohl. Seine Majestät wird sich freuen, das Urteil über einen aufsässigen Deserteur fällen zu dürfen.«
    Wang Lee preßte die Lippen zusammen. Er schwieg. Was sollte er auch sagen?
    Er hoffte, daß Zamorra eine Möglichkeit fand, ihn wieder herauszuholen. Ansonsten war sein Ende besiegelt. Der König war dafür bekannt, daß er nicht lange fackelte. Todesurteile wurden im allgemeinen innerhalb von weniger als vierundzwanzig Stunden vollstreckt.
    Aber Wang war der Ansicht, daß es für seinen Kopf einen besseren Verwendungszweck gab, als auf einen Pfahl gespießt am Stadttor ankommende Reisende zu erschrecken.
    Nur Zamorra konnte ihm helfen.
    Aber Zamorra kam nicht…
    ***
    Zamorra ließ das Schwert sinken, als er unerwartet Luft bekam. Rasch sah er sich um. Ein paar Gardisten lagen am Boden; zwei davon versuchten gerade wieder, sich zu erheben. Die anderen stürmten nach draußen. Aber Zamorra ahnte, daß sie ihn nicht lange in Ruhe lassen würden. Gleichgültig, ob sie Wang Lee faßten oder er ihnen entkam - sie würden sich erinnern, daß da noch ein Mann gewesen war, und sie würden ihn suchen. Er mußte erst einmal verschwinden.
    Das Schwert noch in der Hand, drängte er sich durch die hastig zur Seite tretenden Gäste und Mädchen zur Hintertür. Der Wirt wollte die Hand ausstrecken, um ihn festzuhalten, aber Zamorra war schneller. Er stieß die Tür auf, schlüpfte hindurch und schlug sie dem verdutzten Wirt vor der Nase zu.
    Eine Art Diele schloß sich an, von der ein Teil zu einer Küche ausgebaut war. Dort zuckte ein Sklave zusammen und mimte unverzüglich emsige Geschäftigkeit. Als ihm klar wurde, daß nicht sein Herr und Meister, sondern ein Fremder hereingestürmt war, war Zamorra schon bei ihm.
    »Der Ausgang! Wo ist er?« stieß der Professor hervor.
    Angesichts des Schwertes in seiner Hand wies der Sklave stumm und mit weit aufgerissenen Augen zu einem Vorhang. Zamorra spurtete hinüber, schlüpfte hindurch und befand sich in einem Hinterhof. Hinter ihm polterte jetzt der Wirt zur Küche herein. Vermutlich wollte er Zamorra fassen und festhalten, um sich eine Belohnung zu verdienen.
    Daraus, mein Lieber, wird nichts, dachte Zamorra, steckte das Schwert in die Scheide, drehte sich und sprang. Er hielt sich an der Dachkante über der Tür fest, pendelte kurz und stieß den Wirt mit den Stiefeln zurück, als der durch den Vorhang hetzte.
    Aus der Bewegung heraus wuchtete Zamorra sich mit einem schnellen Klimmzug auf das Dach.
    Das obere Stockwerk mit den Gästezimmern war kleiner gebaut als die Schankstube und die Wirtschaftsräume; es gab eine rund zwei Meter breite Galerie, die das gesamte

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