0388 - Der Dämonensarg
fiel der Knöcherne nach unten.
Und genau auf sie.
Von den bleichen Füßen wurde zuerst ihr Kopf getroffen, dann rutschten sie ab, berührten die Schultern, glitten noch weiter, und als Terry sich bückte, dabei die Hände gegen ihr Gesicht schlug, spürte sie sehr deutlich, wie das uralte Skelett über ihren Rücken glitt, zu Boden fiel und dort in einer verrenkten Haltung liegenblieb.
Nur langsam überwand sie ihren Schock, drückte den Körper hoch und den Rücken durch.
Die anderen hingen noch an den Ästen. Für Terry war es nur eine Frage der Zeit, wann auch sie herabfielen und die bleichen Gebeine um den Baumstamm verteilen würden.
Sie blieb noch stehen, starrte das vor ihr liegende Skelett an und konnte einfach nicht anders. Zuerst hob sie den rechten Fuß an, dann trat sie zu. Wuchtig, hart. Sie legte all ihre Wut und ihre Kraft in diesen Tritt, der den Knöchernen nicht nur erwischte, ihn auch zertrümmerte. Sogar den Schädel ließ sie nicht aus, hämmerte zweimal zu, damit das bleiche Gebein in zahlreiche Stücke zersprang.
Erst dann ging es ihr besser.
Tief holte sie Luft, bevor sie über die Knochen hinwegsprang und auf ihren Freund zulief, der sie schon erwartet hatte.
Sie fiel ihm in die Arme.
Es war ein Aufschluchzen, das über ihre Lippen drang. »Halt mich fest, halt mich bitte fest!«
Ed hielt den zitternden Körper an sich gepreßt. Er konnte nicht einmal sagen, wer mehr Angst verspürte. Seine Freundin oder er. Ed kam sich wie ein Schuft vor, weil er einfach stehengeblieben war und zugeschauthatte, wie sich aus dem Nichts die Skelette bildeten und Terry bis aufs Mark erschreckten.
»Ist alles okay?« fragte er und fuhr über ihr Haar. »Ist wirklich alles okay?«
»Nein«, hauchte sie. »Nein, verdammt! Nichts ist okay. Du hast sie doch auch gesehen…«
»Ja.«
»Wo kamen sie her?«
»Ich weiß es nicht«, flüsterte er. »Ich weiß es wirklich nicht. Sie waren plötzlich da, ich sah den Nebel zwischen den Ästen, dann kamen sie hervor.«
»Ed, dieser Wald ist verflucht.«
»Ja, das stimmt.«
Terry drückte sich von ihm weg. Sie wischte über ihre Augen, die Lippen hatte sie fest zusammengepreßt. Dann drehte sie sich um, damit der andere ihre Tränen nicht sah.
Es waren Tränen der Verzweiflung. Sie fürchtete sich vor den Skeletten und der Zukunft.
»Laß uns gehen!«
Ed lächelte verzerrt. »Und wie verhält es sich mit dem Schatz? Wolltest du ihn nicht suchen?«
»Nein! Nein! Nichts mehr…«
»Weshalb nicht?«
»Ich will ihn nicht mehr. Ich will nur noch weg. Fort aus dem Wald, Ed. Du doch auch, oder?« Sie schaute ihn bittend an, und Ed nickte.
»Ja, ich habe Angst.«
»Nicht einmal geholfen hast du mir«, warf sie ihm vor. »Du hast mich allein gelassen…«
»Ich konnte nicht, war wie gelähmt.«
»Schon gut. Mir erging es ebenso. Auch ich konnte mich nicht so bewegen. Weiter…«
Plötzlich drehte sich Terry um. Dem Baum warf sie keinen Blick mehr zu, schaute rechts an ihm vorbei und lief so rasch wie möglich durch das hohe Gras davon.
Ed zögerte noch. Er hatte eine trockene Kehle bekommen. Irgend etwas kratzte dort und saß wie ein Klumpen. Die Angst zeichnete auch ihn, ebenso eine innere Unsicherheit, über die er nicht hinwegkam.
Sie standen unter Kontrolle. Das war ihm klargeworden. In diesem Wald lebten oder hausten Gestalten, die ihnen überlegen waren.
Langsamer, als er es eigentlich wollte, folgte er seiner Freundin in die Tiefe des Buschwerks hinein, durch das sie sich erst einen Weg bahnen mußten, denn in dieser Gegend wuchsen nicht so viele Bäume. Da war der Wald in der Höhe lichter geworden.
Sie fanden sogar einen schmalen Pfad und nahmen den typischen Geruch wahr, der von einem stehenden Gewässer ausging.
»Wir sehen bestimmt gleich einen Tümpel«, sagte Terry, die die Führung übernommen hatte.
»Geh weiter. Bitte.«
»Ja, ja…«
Sie mußte sich bücken, denn die Zweige von beiden Seiten waren zu einem tief hängenden Dach zusammengewachsen.
Die Kehren wurden enger, die Unterlage glatter, der Weg führte einwenig bergab auf einen dunkel schimmernden Tümpel zu, der wie ein Oval aussah und dessen Uferränder von dichtem Strauchwerk bewachsen war. Zudem stachen noch Schilfrohre aus dem Boden wie lange Röhren, in deren Öffnungen man hineinschauen konnte.
Auf dem Tümpel bewegte sich nichts. Nur über ihm tanzten Mückenschwärme. Ed und Terry blieben stehen. Sie hielten sich an den Händen gefaßt und suchten beide nach
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