0388 - Der Tote mit meinem Gesicht
Süden der Stadt sei. Nachteiliges war über den Nacht-Club nicht bekannt.
»Wem gehört der Laden?«
Der Kollege, der über die Einzelheiten vom Mordfall Korman nicht unterrichtet war, antwortete arglos: »Ich glaube, einer Frau. Moment, ich hab‘ den Namen doch vor kurzem noch gewußt. Richtig, Norma Bartoli heißt die Lady.«
***
Phil und Leutnant Roon aßen zusammen in einem kleinen Lokal am Stinset Strip. Entgegen seiner Gewohnheit trank der G-man zwei Whisky zum Lunch. Aber er konnte es sich erlauben, denn der Corvette stand auf dem Hof der FBI-Fahrbereitschaft.
»Vieles ist mir noch völlig unklar«, sagte der Leutnant. »Ich verstehe auch nicht, warum man erst einen Reporter benachrichtigt, um Jerrys Leiche fotografieren zu lassen, und warum man die sterblichen Reste dann wegbringt. Noch dazu in verhältnismäßig kurzer Zeit, falls die Angaben stimmen, die Saul Yager gemacht hat und falls dessen Uhr einigermaßen richtig ging.« Phil zuckte die Schultern. »Irgendwas steckt natürlich dahinter. Aber was? Wenn die Fotos von Jerrys Leiche nicht so verteufelt scharf und genau wären, würde ich sagen, man versucht uns aus irgendeinem Grund hinters Licht zu führen. Man versucht, uns die Bilder einer Puppe anzudrehen.«
»Aber wo ist die Leiche?«
»Wahrscheinlich im Pazific.«
»Haben Sie Norma Bartoli schon vernommen?«
»Nein. Ich will meinen Trumpf nicht vergeben. Ich will ganz sorgfältig Vorgehen. Die Frau hat mich zwar gesehen. Aber sie weiß sicherlich noch nicht, daß ich G-man bin. Heute abend — der Club öffnet um neun Uhr seine Pforten — werde ich mich in dem Etablissement ein bißchen umsehen und umhören. Was ich dann unternehme, richtet sich nach dem Ergebnis meiner Erkundungen.«
»Glauben Sie, daß die Frau etwas mit Kormans Tod zu tun hat?«
»Ich habe noch keine Vorstellung. Auf jeden Fall ist das Streichholzbriefchen ein wichtiger Hinweis. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Korman, der ja steckbrieflich gesucht wurde, in eine Bar gegangen ist und sich dort hat sehen lassen. Aber irgendwoher muß er das Briefchen ja haben. Vielleicht gibt es in der Bar jemand, der eine Verbindung zu Korman gehabt hat. Es ist alles schon vorgekommen. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, daß dieser ›jemand‹ irgendwann und irgendwo — meinetwegen in Kormans Versteck — mit dem Burschen zusammengetroffen ist. Korman war Raucher. Die Obduktion hat ergeben, daß er sogar ein sehr starker Raucher war. Vielleicht hatte er gerade keine Zündhölzer, kein Feuerzeug. Die Person aus der Hawaii-Bar aber hatte das Reklame-Briefchen bei sich und überließ es Korman.«
Roon nickte. Lustlos stocherte er in seinem Essen herum.
»Vielleicht wäre es angebracht, wenn Sie sich einen Durchsuchungsbefehl besorgen. Vielleicht stoßen Sie in der Bar auf etwas Interessantes. Es wäre schade, wenn Ihnen die Hände gebunden sind, nur weil Sie versäumt haben, sich das erforderliche Dokument zu beschaffen.«
Phil nickte. »Das ist eine gute Idee. Ich werde mich gleich mit dem verantwortlichen Richter in Verbindung setzen.«
***
In der Höhe der Hermosa Beach verläuft die Manhattan Avenue schnurgerade. Es ist ein elegantes Viertel, aber so uneinheitlich wie das Zentrum einer mittelalterlichen Stadt, in dem sich moderne Architekten austoben durften. — An der Manhattan Avenue findet man alte Häuser mit Türmchen und Giebeln, teure Fertigbauten, Springbrunnen und erleuchtete Swimmingpools, gelungene Kopien Schweizer Häuser und sogar einen schmalen turmartigen Bau, der wie ein weißer Obelisk in die kalifornische Luft zeigt, sieben Zimmer enthält, aber nur jeweils eins pro Etage. Er wurde von einem Architekten entworfen, der um jeden Preis Aufmerksamkeit erregen wollte.
Die Hawaii-Bar lag in einem durchschnittlichen, unauffälligen Doppelhaus auf der Pazific-Seite. Das heißt, die Rückfront des Gebäudes wies auf den breiten, cremefarbenen Strand der Hermosa Beach.
Die Bar hatte sich einen seltsamen Nachbarn ausgesucht. Der rechte Flügel des Doppelhauses wurde von einem Beerdigungsinstitut eingenommen. Phil kurvte den Corvette auf den kleinen Parkplatz, der neben dem Gebäude lag.
Es standen nur wenige Wagen auf dem hellen Betonboden. In einem saß ein großer blonder Mann. Er rauchte. Phil setzte den Corvette neben das Fahrzeug. Es war ein blauer Chrysler. Der Blonde blickte gelangweilt durch das Seitenfenster, wandte den Kopf ab und ließ die Zigarette im Mundwinkel wippen. Die Glut wurde
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