0390 - Ich folgte der Teufelsspur
wollen.«
»Sie hätten sie nicht in den Ort schicken sollen.«
»Sollte ich sie von allem fernhalten? Sicher, Sie haben recht, Mr. Sinclair. Nach den Vorgängen hätte ich sie nicht allein gehenlassen sollen. Das kann ich mir ankreiden, aber ich habe mit etwas toleranteren Menschen gerechnet und nicht mit Leuten, die Sarita sofort als eine Hexe betrachten.« Er schaute sich um. »Kommen Sie, gehen wir wieder. Mehr konnte ich Ihnen nicht zeigen.«
Wir verließen den Wagen, blieben vor der Tür stehen und schauten auf die Gruppe der Menschen. Sie unterhielten sich flüsternd. Nur das Bellen eines Hundes klang laut.
»Haben Sie eine Ahnung, wo wir mit der Suche anfangen können?« fragte Suko.
Der Sippenführer überlegte eine Weile, bevor er den Kopf schüttelte.
Ich hatte einen Einwand. »Officer Watson wird uns helfen müssen«, erklärte ich hart. »Er kennt auch die Leute, die das Mädchen entführt haben.«
»Und er hat nicht eingegriffen?« fragte Tasso.
»Er war nicht dabei.«
Der Zigeuner ballte die Hand. »Das ist kein Argument. Als Polizist hätte es zu seinen Aufgaben gehört, etwas zu unternehmen. Das hat er nicht gemacht, so ist er mitschuldig. Ich frage Sie beide. In welch einer Welt leben wir eigentlich? Hat sich denn überhaupt nichts verändert seit den finsteren Zeiten des Mittelalters?«
»Doch, es hat sich etwas verändert«, antwortete ich.
»Und was?«
»Die Methoden gewisser Menschen sind feiner und raffinierter geworden. Trotzdem nicht weniger gefährlich. Heute foltert man in zivilisierten Ländern anders.«
»Ja, leider…«
»Das bringt uns aber nicht weiter. Wir müssen Sarita finden und werden eine Suchaktion starten.« Mein Blick fiel nach oben. Ich schaute in den Himmel, sah, daß er grau wurde und die Sonne längstuntergegangen war. Die Dämmerung hatte Einzug gehalten, bald würde es dunkel sein, dann sanken die Chancen.
»Wie wollen Sie es machen?« fragte Tasso.
»Officer Watson wird uns die Adresse der beiden Männer geben. Wir fahren hin…«
»Und finden sie bestimmt nicht im Haus.«
»Das ist möglich.«
»Lassen Sie uns doch die Umgebung absuchen. Wir alle werden helfen. Dieser Watson braucht…«
Die folgenden Worte sparte sich der Mann. Er blieb lauernd stehen, weil er etwas gerochen hatte.
Auch Suko machte ein anderes Gesicht, während ich noch immer nichts herausfand.
»Was ist denn los?« fragte ich.
»Da brennt etwas«, flüsterte mein Freund.
»Oder verbrennt«, sagte Tasso dumpf. Er feuchtete einen Finger an, hob die Hand und versuchte so, die Windrichtung festzustellen.
Andere Zigeuner kamen dazu, und ein älterer Mann gab die Erklärung, nach der Tasso suchte.
»Es kommt von dort, wo einmal die Kirche gestanden hat und abgebrannt ist…«
***
Die Liston-Brüder waren wie von allen Geistern verlassen, als sie auf die wabernde Flammenwand starrten und die Hitze spürten, die ihnen entgegengetrieben wurde. Mitleid mit dem Mädchen hatten sie nicht, ihre menschlichen Gefühle waren von einer fremden Kraft aufgehoben worden.
»Brenn, Hexe, brenn!« Dumpf drangen die Worte aus Wade Listons Mund. Auch sein Gesicht hatte einen völlig anderen Ausdruck bekommen. Die Augen waren weit geöffnet. Der Mund stand offen, und ein böser Schimmer schien sich wie ein Schleier über seine Züge gelegt zu Haben.
Ken erging es ähnlich. Nur sprach er nicht, sondern lachte. Es sah so aus, als wäre sein umnebeltes Gehirn einfach nicht in der Lage, den Vorgang richtig zu erfassen. Er sah nur das Feuer, hielt die leere Flasche noch in der Hand und schleuderte sie dann in die Flammen.
Sie prallte neben dem Mädchen gegen die Mauer und zerbrach.
Kein Laut drang aus dem Mund der Sterbenden.
Dieses Sterben ohne Geräusch wunderte die beiden. Sie dachten aber nicht weiter darüber nach und stierten auf den wabernden Hitzeschleier, der zuckend vor der Feuerwand stand.
Die Flammen fauchten. Reisig brannte laut knallend und explodierte regelrecht, so daß glühende Stücke in die Höhe geschleudert wurden.
Wade Liston wollte die Gestalt des Mädchens sehen. Er ging zur Seite, die Hitze traf ihn nicht mehr so stark, sein heißes Gesicht kühlte ab, und er konnte sie entdecken.
Sie saß noch immer.
Steif wie eine Puppe hing sie in den Ketten. Längst hatte ihre Kleidung Feuer gefangen, und die Flammenarme huschten wie gierige Finger über ihre Haut, die verbrannt wurde.
Wade hatte schon verbrannte Menschen gesehen. In den Nachrichtensendungen des Fernsehens wurden
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