0391 - Der flüsternde Tod
müssen mich verstehen. Ich kann einfach nicht darüber sprechen. Es ist zu schlimm. Ich… ich muß mich erst selbst zurechtfinden. Es ist auch nicht ganz bestimmt, was ich Ihnen gesagt habe. Erst wenn wir ihn sehen, möchte ich darüber reden.«
»Kennen Sie den flüsternden Tod?« fragte Suko.
»Nein, dann würde ich nicht mehr leben. Er ist grausam und lockt die zu sich, die sich ihm zeigen.«
»Aber Sie wissen, wie er aussieht?«
»Ja.«
Diesmal ließ ich nicht locker und drängte auf eine Antwort.
»Dann sagen Sie es uns. Geben Sie uns eine Beschreibung dieses Dämons. Das können Sie doch.«
»Ja, das geht.« Er hob die Schultern. »Es ist so, der flüsternde Tod wird in alten Sagen und Legenden beschrieben. Ich glaube, daß ihn niemand so recht gesehen hat, obwohl man ihn als ein Monstrum beschreibt, das nur mehr aus einem blauschwarzen, riesigen Knochenschädel besteht, in dem wiederum eines besonders auffällt. Es ist der breite, dicke und blutrot geschminkte Mund.«
Ich war skeptisch. »Ein Totenschädel mit Lippen?«
»So sagt es die Geschichte.«
Mit einer kurzen Drehung wandte ich mich an Suko. »Wie siehst du die Sache?«
»Ich würde sie erst mal glauben.«
»Gut, einverstanden.« Ich blickte auf meine Uhr. »Hier haben wir wohl vorläufig nichts mehr zu suchen. Andere Dinge sind wichtiger. Wir müssen nach Devon.«
»Zu Fuß werden wir länger brauchen«, sagte Tasso.
»Dann nehmen wir eben den Bentley…«
***
Officer Rolly Watson übte seinen Dienst bereits fünfzehn Jahre aus.
Er kannte jeden Stein in Devon, und auch jeder Bewohner war ihm bekannt sowie dessen Familienangelegenheiten. Aber was in den letzten drei Stunden in Devon geschehen war, hatte dem berühmten Faß den Boden ausgeschlagen. Da hatten sich die Ereignisse überschlagen, es war zu grauenhaften Vorfällen gekommen, und er, Rolly Watson, der Polizeigewaltige, war praktisch ins Abseits gedrängt worden.
Die beiden Typen aus London hatten das Kommando übernommen. Sie suchten nach dieser Zigeunerin, die von zwei jungen Männern entführt worden war. Das alles wußte Watson, er hatte es aber hingenommen und war nicht eingeschritten, weil er nur an den Fall dachte und daran, daß er den Zigeunern die Schuld an den Ereignissen in die Schuhe schob.
Sollten die Angeber aus der Großstadt selbst sehen, wie sie zurechtkamen. So hatte er gedacht.
Vor wenigen Minuten war alles anders geworden. Er war in sein Office zurückgekehrt, hatte das Fenster geöffnet, sich hinausgelehnt und die Straße entlanggeschaut.
Auf der Mitte waren sie zu sehen.
Sie kamen von rechts, und jeder Abdruck glich dem vorhergehenden genau aufs Haar.
Die Spur des Teufels.
Rolly war nicht fähig gewesen, sich zu bewegen. Er hatte sofort an Betty Jordan gedacht. Sie war die letzte Tote in diesem Fall gewesen.
Sie war in diesen Fall mit hineingezogen worden, weil sie auch zu den treibenden Kräften gehört hatte, die Sarita ins Verderben schickten.
Jetzt war sie tot, zu Staub zerfallen, weil sie Kontakt mit einem Satans-Sigill gehabt hatte.
Darüber dachte der Mann am Fenster nach, und er brauchte kein großer Knobler zu sein, um zu wissen, was dies bedeutete.
Jeder, der mit der Spur in Berührung kam, starb. Kaum hatte er Kontakt, zerfiel er zu Staub.
Wenn es nur ein Abdruck gewesen wäre, man hätte ihn ausklammern können, aber es waren mehrere, mindestens zehn, und es wurden immer mehr, wie Watson sehen konnte.
Sie kamen auf sein Haus zu.
Jemand mußte im Unsichtbaren daherschreiten, wobei er nur dann sichtbar wurde, wenn einer seiner Füße Kontakt mit dem normalen Boden bekam. Wie es hier geschah, denn weitere Abdrücke zeigten sich auf der Straßenmitte.
Rolly wäre am liebsten verschwunden, er blieb. Etwas zwang ihn dazu, einfach zuzuschauen, und er sah, wie bei der Geburt eines Abdrucks zunächst nur ein kleines Flammenoval entstand, das bereits die Form eines Hufeisens besaß, bevor es zusammensackte und sich in den Boden eingrub, wo auch dann die Fratze des Leibhaftigen entstand.
Sie leuchtete in einem kalten Gelb, das Hufeisen hatte die Farbe von dunklem Blut.
Rolly Watson stand unbeweglich. Mit seinem massigen Körper füllte er fast das gesamte Fenster aus. Hätte die Spur jetzt die Richtung verändert und wäre auf ihn zugekommen, bei Gott, er hätte nicht einmal die Kraft besessen, um nach hinten in sein Office zu tauchen. So fasziniert war er von diesen unheimlichen Vorgängen, die mit einer erschreckenden Lautlosigkeit
Weitere Kostenlose Bücher