0391 - Sein Alibi zerbrach wie Glas
Außerdem sollte der Laden Tag und Nacht unter Bewachung stehen, allerdings unauffällig. Im Laden selbst sollte eine Sendeanlage eingebaut werden, die es dem Hauptquartier möglich machte, jedes Gespräch mit anzuhören. Ted MacKeever hatte außerdem ein Formular ausgefüllt und unterschrieben, das uns ermächtigte, die Telefonleitung anzuzapfen und alle Gespräche auf Band aufzunehmen.
Wir waren uns klar darüber, dass der kleinste Fehler die Gangster warnen und unsere Pläne zunichtemachen würde. Zusammen mit Mr. High, dem Chef des New Yorker FBI, stellten wir eine Liste der fähigsten Leute zusammen, die sich an dieser Aktion beteiligen sollten.
Zum Abschluss sagte Mr. High noch: »Die Gangster hatten zweifellos nicht die Absicht, Jeff MacKeever zu töten. Es ist aber geschehen. Das wird sie zwar nicht von ihrer Tätigkeit abbringen, es wird sie jedoch übervorsichtig machen. Wir werden in der Presse den Anschein erwecken, dass wir an einen Raubüberfall glauben. Sie, Mr. MacKeever, geben am besten morgen eine Anzeige auf: Geschäftseröffnung und Stellenangebot für einen Verkäufer. Achten Sie auf alle Menschen, die mit Ihnen in Kontakt zu kommen versuchen.«
»Natürlich«, sagte MacKeever.
Mr. High fuhr fort: »Wenn Sie morgen Ihren Laden eröffnen, wird sich Agent Cotton bei Ihnen um acht Uhr um die ausgeschriebene Stelle bewerben.«
Ted MacKeever verabschiedete sich von uns. Ihm folgte ein FBI-Beamter, der den Auftrag hatte: verdeckte Beschattung! Das bedeutete, dass er auf keinen Fall einem möglichen zweiten Beschatter auffallen durfte. Im Zweifelsfall musste er die Verfolgung abbrechen und sich von einem Kollegen ablösen lassen.
Wir sollten inzwischen versuchen, mit Gerrett Brentwood, den sie den Schatten nannten, Verbindung aufzunehmen.
Zusammen lasen wir alles durch, was über diesen Mann in unseren Akten vermerkt war.
Er war kein Spitzel, er hatte sich auch noch nie persönlich mit der Polizei in Verbindung gesetzt, aber wenn er irgendwo ein Verbrechen beobachtete, und in der Gegend, in der er sich herumtrieb, gab es viele Verbrechen, dann telefonierte er und meldete, was er gesehen hatte. In seiner Krankengeschichte wurde die triebhafte Neugier erwähnt, anderseits hieß es in einem Gutachten, dass Brentwood ein sehr schwaches Gedächtnis habe und diesen Mangel im Zweifelsfalle mit Lügengeschichten überspielen würde.
Allmählich verstanden wir, weshalb die Gangster Brooklyns ihn verschonten. Sie hatten nichts von ihm zu fürchten. Brentwood konnte zwar sagen, was er gerade sah, aber sein Erinnerungsvermögen war so gering, dass er keinen der Gangster beschreiben oder wiedererkennen würde.
Als letzte Adresse war ein kleines Hotel am East River angegeben. Er hatte dort gewohnt, als er zum letzten Mal aus der Nervenheilanstalt entlassen wurde. Danach gab ps keine Eintragung mehr.
Wir machten uns auf den Weg, um den Schatten zu suchen.
Die Aktion Harlan Street war gestartet.
***
Es war ein trüber, grauer Herbsttag. Der Regen fiel gleichmäßig und unaufhörlich gegen die Autoscheiben, und die Farbe des East River war grau-braun. Wir parkten ein paar Yards von der Anlegestelle der Fähre entfernt und blieben einen Moment zögernd neben dem Auto stehen.
»Das Wasser steigt immer noch«, sagte Phil, und wir starrten auf die schaumig-gelben Wellen, die die Holzplanken umspülten. Dann liefen wir über die verlassene Straße zu dem verfallenen Gebäude hinüber, in dem das Hotel war, das den treffenden Namen Sunny House hatte.
Die Haustür war unverschlossen. Wir kamen in ein feucht-kaltes Treppenhaus. Es stank nach Zwiebeln und Abfällen. Direkt neben der Tür war ein kleines Glasfenster, hinter dem man einen Wohnraum sehen konnte. Irgendwo plärrte ein Radio, dazwischen kreischte eine Frau.
Neben dem Glasfenster ging plötzlich eine Tür auf, und ein kleiner, alter Mann kam heraus..
»Suchen Sie ein Zimmer?«, fragte er. »Sie könnten eventuell sogar eins mit Blick auf den River haben.«
»Nein, danke schön, wir wollten nur einen Freund besuchen«, sagte Phil. Der Mann starrte uns einen Moment unentschlossen an, weil er nicht genau erkennen konnte, wie wir aussahen. Es war zu dunkel.
»Wie heißt dönn Ihr Freund?«, fragte er dann.
»Gerrett Brentwood«, antwortete Phil. Der Mann wollte etwas antworten, aber in diesem Moment polterte jemand die Treppe herunter, und seine Aufmerksamkeit wurde abgelenkt.
Ein kleiner dicker Mann, der einen schweren Koffer trug, kam
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