0392 - Phantom-Kommando
so ging ich einigermaßen beruhigt auf den Hauseingang zu.
Diesmal legte ich auch den Riegel vor die Tür. Ich rechnete mit weiteren Angriffen. Da waren wir im Innern geschützter als draußen.
Über die Steintreppe erreichte ich die Küche und wollte die Tür zum Wohnraum völlig öffnen, als mir etwas entgegengeweht wurde. Der Geruch von kalter Asche, von Rauch und Ruß.
Das war vorhin nicht so gewesen.
Blitzschnell zog ich die Waffe und blieb vor der halb offenen Tür stehen. Ich hatte bereits den rechten Fuß gehoben, um zuzutreten, als ich Hesters Stimme vernahm. Sie klang verdammt gepreßt und auch irgendwie anders.
»Kommen Sie ruhig, Mr. Sinclair!«
»Was ist passiert?«
Ich bekam keine direkte Antwort. Dafür hörte ich den nächsten schrill klingenden Satz, der mir einen kalten Schauer über den Rücken trieb. »Kommen Sie, sonst killt er mich!«
***
Genau diese Worte hatten den Ausschlag gegeben. Ich blieb vorsichtig und trat die Tür ganz auf.
Sie flog nach innen, ich huschte geduckt über die Schwelle und erkannte die Bescherung. Ob sich Hester an meine Anweisungen gehalten hatte oder nicht, war jetzt egal. Jedenfalls hatte es eine der Silbermasken geschafft, die Frau in seine Gewalt zu bekommen.
Das Wesen berührte die Frau nicht einmal. Es stand nur da und zielte auf Hester. Dabei stand die Spitze des Pfeils in Flammen, nur breitete sich das Feuer seltsamerweise nicht aus, es blieb auf diesen einen Fleck konzentriert, ähnlich wie bei einer Pechfackel.
Dicht hinter der Tür war ich stehengeblieben. Mein Blick glitt auch dem Kamin entgegen. Aus ihm quollen weiterhin Ruß- und Ascheteilchen, die sich nebelartig im Raum verteilten und mir eigentlich bekanntgaben, auf welche Art und Weise der Maskenträger den Raum betreten hatte. Er war durch den Kamin gekommen.
Hesters Angst war nicht gespielt. Sie hielt die Lippen geschlossen und bewegte die Augendeckel mehrmals auf und nieder, als wolle sie mir irgendwelche Zeichen geben.
Ich ging trotzdem weiter und ließ es darauf ankommen. Wenn ich stehenbleiben sollte, würde mir der andere das schon irgendwie deutlich machen.
Nach drei Schritten hatte er sich noch immer nicht gerührt, zudem hielt ich noch meine Beretta in der Rechten.
Dann aber sagte Hester etwas. »Er wird mich töten, wenn Sie noch einen Schritt machen!«
»Woher wissen Sie das?«
»Er hat es mir mitgeteilt.«
»Ich habe nichts gehört.«
»Er kann auch nicht sprechen, sondern hat sich in meinen Gedankenkreis eingeschaltet. Hüten Sie sich.«
Ich blieb stehen, denn allmählich wurde die Sache interessant und nahm auch Gestalt an. Wie kam es, daß nur die Frau Kontakt mit ihm hatte und nicht ich? War sie vielleicht bei diesem Wesen bekannt? Davon ging ich zunächst einmal aus.
Meine nächste Frage galt Hester. »Sie kennen diese seltsame Person, nicht wahr?«
Hester zögerte mit einer Antwort. Das bewies mir wiederum, daß ich mit meiner Vermutung nicht so weit daneben lag.
»Reden Sie! forderte ich sie auf.«
»Ja.«
»Okay, so weit sind wir schon mal. Sie haben es geschafft, mir die Ahnungslose vorzuspielen, das ist vorbei. Wenn Sie diese Personen kennen, müssen Sie auch mehr über sie wissen, über ihre Entstehung, ihren Mythos, die Hintergründe…«
»Nein!« Gepreßt hatte die Antwort geklungen. Einfach zu unglaubwürdig.
Ich sah sie mir sehr genau an. Auf ihrer Stirn zeigte sich eine breite Schweißspur, die sich aus Perlen zusammensetzte. Der Mund stand offen. Sie atmete zischend, schluckte dabei und schaute mir flehend in die Augen. Wahrscheinlich sollte ich aufhören, meine Fragen zu stellen, aber daran dachte ich nicht.
Ich tat sogar noch etwas, hob das Bein an, damit es wirkte, als wollte ich einen weiteren Schritt vorgehen.
»Er bringt mich um!« Hastig hatte Hester das Wort hervorgestoßen.
Meine Antwort war nicht gerade gentlemanlike, aber diese Person hatte mich schon zu oft an der Nase herumgeführt, als daß ich sie so einfach davonkommen lassen wollte. »Wenn Sie mir nicht sagen, was Sie wissen, gehe ich weiter. Und meine Kugel ist schneller als der Pfeil. Da kommt der Maskenträger nicht gegen an.«
Hester litt. »Verstehen Sie doch, ich kann es nicht! Es ist mir einfach nicht möglich, Ihnen etwas zu sagen. Er… er hat es mir verboten. Ich habe Befehle.«
»Gut, das verstehe ich. Wenn ich Sie so höre, sind Sie auch in der Lage, mit ihm zu reden – oder?«
»Ja.«
»Dann können Sie ihm von mir etwas ausrichten. Sagen Sie ihm, daß ich
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