0392 - Phantom-Kommando
andere Seite alles einsetzte, um es zu bekommen.
Die Treppe begann nach einem kleinen Flur. Sie führte steil nach unten. Das Licht reichte aus, um die mit Feuchtigkeit überzogenen Stufen erkennen zu können.
Überhaupt war der ganze Keller feucht. An den Wänden klebte das Wasser, und an manchen Stellen rann es sogar in langen Bahnen nach unten, um dort kleine Pfützen zu bilden.
Auf dem Handlauf des Geländers hatte sich ebenfalls ein Film gebildet, der von Hesters Fingern verwischt wurde.
Die Luft roch unangenehm wie altes Brackwasser. Hier hätte mal gelüftet werden müssen. Ich konnte mir gut vorstellen, daß auch Ratten in diesem Keller hausten.
Die Lampe unter der Decke wurde durch ein dünnes Gitter geschützt. Insekten führten Tänze um diese Lichtquelle aus, und erst als wir drei die Treppe hinter uns gelassen hatten, sah ich die Kiste, von der Hester Shapiro gesprochen hatte.
Sie war mittelgroß und reichte der Frau, die direkt neben ihr stand, bis zur Hüfte. Metallbänder preßten die vier Seiten zusammen. Sie mußten erst gelöst werden.
Mein Blick aber war dorthin gefallen, wo der Keller vor einer grauen Wand endete. Genau in diesem rechten Winkel lag eine Gestalt. Sie mußte einmal ein Mensch gewesen sein, jetzt war sie es auch noch, aber auf eine furchtbare Art und Weise verändert.
Ich sah einen verkohlten Körper.
Auch Hester schaute hin, die Hände hatte sie zu Fasten geballt, und in ihren Augen schimmerten Tränen. Ein schlimmer Verdacht keimte in mir hoch, und ich fragte die Frau mit einer beinahe sanft klingenden Stimme: »Wer ist das?«
»Das ist Gordon, mein Mann«, flüsterte sie.
***
Komisch, ich war nicht einmal überrascht, denn mein vorhin aufkeimender Verdacht hatte sich bestätigt. Alles, was mir von Hester bisher erzählt worden war, hatte ich vergessen können. Sie hatte ein Spiel angefangen, das ich nicht einmal jetzt durchschaute, aber ich merkte genau, wie sich mein Herzschlag beschleunigte.
In meinem Blick lag eine Frage, die sie verstand und mir auch eine Antwort darauf gab. »Er ist von ihnen getötet worden. Sie haben ihn mit einem Pfeil erwischt. Er verbrannte vor meinen Augen. Seit dieser Zeit lebte ich nur für meine Rache.«
»Und weshalb tötete man ihn?«
»Weil er etwas besaß, das ihnen gehört. Es befindet sich in der Kiste. Sie haben ihn gejagt.«
»Gut. Mrs. Shapiro. Jetzt sagen Sie mir endlich die Wahrheit. Was befindet sich in der Kiste?«
»Eine Statue«, gab sie flüsternd zurück. »Für diese Wesen ist sie sehr wichtig. Sie nennen sie den silbernen Gott. Mein Mann raubte ihn und wurde deshalb verfolgt.«
Für den Anfang reichte mir die Erklärung. Ich wunderte mich nur, daß Gordon Shapiro tot im Keller neben dieser Kiste lag und die anderen es nicht geschafft hatten, das Ding zu öffnen.
Als ich mit Hester darüber sprach, bekam ich sehr schnell eine Erklärung. »Er ist nicht im Keller gestorben, sondern woanders. Ich erst habe ihn nach unten geschafft.«
»So verbrannt?«
»Ja.« Sie schüttelte sich, bevor sie weitersprach. »Er wurde draußen von ihnen erwischt, aber mein Mann konnte ihnen nicht mehr das sagen, was sie gern gewußt hätten. Aus diesem Grunde mußten sie die Kiste erst noch suchen. Ich habe den Mund gehalten und bin geflohen. In London versteckte ich mich, um Sie abzufangen, denn ich wußte, nur Sie können mir helfen, Mr. Sinclair.«
»Das versuche ich.« Gleichzeitig bemerkte ich, wie der Mann mit der Maske unruhig wurde. Diese Bewegungen sagten mir genug, und auch Hester wußte Bescheid.
»Er nahm mit mir Kontakt auf, Mr. Sinclair. Ich soll die Kiste öffnen, verstehen Sie.«
»Dann machen Sie es.«
»Wie Sie meinen.«
Beide ließen wir sie in Ruhe, als sie auf eine mit einem Regal bestückte Wand zuging. In den einzelnen Fächern lag Werkzeug. An den Rändern klemmten mehrere Punktstrahler, die allesamt abgeschaltet worden waren. Die Lampe an der Decke reichte aus.
Hester suchte nach dem entsprechenden Werkzeug. Die einzelnen Zangen und Hämmer klirrten gegeneinander, als sie bewegt wurden. Eine schaurige Musik geisterte durch den Keller und trieb auf meinen Rücken einen nicht gelinden Schauer.
Schließlich hatte sie das richtige Werkzeug gefunden. Zwischen den Fingern hielt sie eine Zange mit scharfen Backen, die mühelos Metallbänder durchschnitten.
Als sie mich anschaute, nickte ich ihr aufmunternd zu.
»Schneiden Sie die Bänder durch. Auch ich möchte den silbernen Gott sehen.«
Sie stand schon
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