0393 - Der Vampir von London
herzustellen. Er wollte versuchen, seinen Geist mit dem Kontrollbewußtsein zu verbinden, um mehr über den Vampir herauszufinden. Wo steckte der? Von wo aus übte er seine Kontrolle aus?
Sheila bewegte sich unruhig. Ihr Mund öffnete sich. Unwillkürlich erwartete Gryf, daß sie etwas sagte, aber sie blieb stumm.
Die Kontrollmacht zog sich zurück. Gryf spürte, wie die Aura zusehends schwächer wurde. Der Vampir floh aus dem Körper, den er vorübergehend in Besitz genommen hatte. Gryf versuchte ihm zu folgen, aber es gelang ihm nicht schnell genug, sich darauf einzustellen.
»Nein…«, stöhnte in diesem Moment Terence Brody entgeistert auf. »Nein, das ist doch unmöglich!«
Gryf wurde durch diese Äußerung aus seiner Konzentration gerissen. Unwillig sah er Terence an. Mußte dieser Mann denn alles kaputtmachen? Gryf hätte es fast geschafft, den Anschluß wieder zu finden, und jetzt das…
»Da - das gibt es doch nicht«, stammelte Terence und deutete auf Sheilas Kopf.
Jetzt sah es auch der Druide.
In Sheilas halb geöffnetem Mund schimmerten Vampirzähne.
Gryf schüttelte langsam den Kopf. Es konnte nicht sein. Der Unheimliche hatte nur ihren Geist unter seiner Kontrolle, konnte aber keine körperlichen Veränderungen hervorrufen. Gryf tastete mit den Fingern über Sheilas Zähne. Sie waren normal. Die langen spitzen Augenzähne waren eine Täuschung. Sie wurden nur vorgespiegelt.
Im gleichen Moment wich die Lähmung. Sheila bewegte den Kopf und schnappte nach Gryfs Finger. Der Druide schaffte es gerade noch, die Hand zurückzuziehen. Millimeter vor seinen Fingerspitzen klappten die Zähne der jungen Frau hart aufeinander.
»Sheila! Was tust du?« stöhnte Terence auf.
Sie öffnete die Augen wieder. Entgeistert sah sie die beiden Männer an. »Was ist denn jetzt wieder passiert?« fragte sie.
»Du weißt es wieder nicht?« staunte Terence. Sheila schüttelte nur den Kopf.
Gryf versuchte, einen Resthauch der Vampir-Magie wahrzunehmen. Aber sie war verloschen, zurückgezogen. Er hatte die Spur verloren.
Aber er war sicher, daß sie etwas mit diesem Haus zu tun hatte. Aber in welcher Form? Was war mit diesem Zimmer?
»So kommen wir wohl nicht weiter«, sagte er leise. »Ich muß es mal ein wenig anders anfangen.«
»Was haben Sie jetzt vor?« fragte Terence mißtrauisch. Er sah Sheila an und versuchte die langen Vampirzähne zu erkennen. Aber die Illusion war verschwunden.
Gryf antwortete nicht. Er grübelte, wie er an Informationen über die Geschichte dieses Hauses kommen konnte, ohne dabei wieder mit Mrs. Ceteby aneinander zu geraten.
Es mußte einen Grund für den Vampir haben, daß er ausgerechnet dieses Zimmer in diesem Haus als Kontaktzone gewählt hatte.
Aber welchen Grund?
Und wie stellte der Blutsauger es an?
***
Zamorra betrachtete die schmale Gasse zwischen den Häusern, die auch Gryf schon abgesucht hatte. Gerade so breit, daß man hindurch laufen konnte, dämmerig - die Häuser waren rechts und links so hoch, daß das Licht den Spalt dazwischen nicht mehr richtig erreichte. Der Boden war unbefestigt.
Aus dieser Mini-Gasse heraus war also der Amulett-Dieb Dandridge erstochen worden…
Mit seinem Amulett hätte Zamorra die Aktion möglicherweise noch rekonstruieren können - mit einer Menge psychischen Kraftaufwandes, der um so größer wurde, je mehr Zeit mittlerweile verstrich; irgendwo gab es eine Grenze, jenseits der nichts mehr ging. Aber gerade dieses Amulett war ja entwendet worden und war desaktiviert…
Der Parapsychologe seufzte.
Er faßte unwillkürlich in seine Jackentasche. Darin befand sich sein Dhyarra-Kristall, den er mitgenommen hatte, als er mit- Gryf zusammen aufbrach. Zamorra rechnete zwar nicht mit einen Angriff - niemand konnte schließlich Voraussagen, daß er ausgerechnet in diesem Moment hier erschien. Aber trotzdem war es sicherer, sich nicht ganz schutzlos zu bewegen. Und der Dhyarra-Kristall, richtig eingesetzt, war immerhin eine gefährliche Verteidigungs- und Angriffswaffe.
Zamorra machte ein paar Schritte in den Spalt zwischen den Häusern hinein. Sofort umfing ihn die Dämmerung. Hier war es auch ein wenig muffig. Die Häuser schienen nicht sonderlich gut gegen Feuchtigkeit isoliert zu sein. Zamorra hätte es nicht gewundert, wenn aus Rissen in den Wänden ganze Heere von Ratten hervorgekommen wären.
Aber es kamen keine Ratten.
Was erwarte ich hier eigentlich zu finden? fragte Zamorra sich. Nach vierundzwanzig Stunden war doch jede Spur so
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