Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0398 - Herr der blauen Stadt

0398 - Herr der blauen Stadt

Titel: 0398 - Herr der blauen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
Er mußte handeln.
    Fast geräuschlos huschte er nach vorn.
    Er sah einen Krieger vor dem Tempel-Portal. Der Indio, angetan mit einer Art ledernem Harnisch und einem metallenen Helm, langweilte sich offensichtlich. Als Wache war er nicht gerade besonders wach.
    Tendyke war neben ihm, als der Indio Verdacht schöpfte. Aber der Krieger kam nicht mehr dazu, einen Warnschrei auszustoßen oder Tendyke anzugreifen. Der Abenteurer holte ihn mit einem weit ausholenden Schwinger von den Beinen.
    Hastig nahm er dem Bewußtlosen den Harnisch und den Helm ab. Beides paßte ihm, obgleich der Indio von geringerer Körpergröße war als der Amerikaner. Aber er besaß einen großen Kopf und war wohlbeleibt; Tendyke schaffte es sogar noch, den Lederharnisch mit seinem Stetson auszustopfen. So brauchte er den breitrandigen Hut nicht zurückzulassen, was er ein wenig bedauert hätte.
    Der Harnisch war zu kurz, um das Hüftholster mit dem langläufigen Revolver zu verdecken. Das machte nichts; um so leichter ließ die Waffe sich ziehen. Tendyke hoffte, daß er sie nicht benutzen mußte.
    Er verschwand im Innern des Tempels.
    Viel würde ihm seine Tarnung wohl nicht nützen. Aber sie half, Gegner auf den ersten Blick zu täuschen. Zu einem zweiten Blick wollte Tendyke die jeweiligen Krieger erst gar nicht kommen lassen.
    Nur den unsichtbaren Beobachter, dessen nicht menschliche Augen nach wie vor jede seiner Bewegungen zu beobachten schienen, wurde er so nicht los…
    ***
    »Dieser Narr«, murmelte der Zauberpriester. »Glaubt er wirklich, damit etwas erreichen zu können?«
    »Was deutet Ihr an, Herr?« fragte der Zwölftschaftführer der Tempelsoldaten.
    »Er schlug einen Wächter nieder und nahm dessen Rüstung an sich«, sagte der Zauberpriester. »Er bewegt sich jetzt abwärts zu den Kerkerräumen. Er wird seinen Artgenossen befreien wollen.«
    »Wir hindern ihn daran«, verkündete der Zwölftschaftführer und eilte davon. Der Priester sah ihm nicht nach. Er konzentrierte sein augenloses Sehen weiterhin auf den Eindringling. Und er fragte sich, warum der seinen bösen Zauber jetzt nicht einsetzte und statt dessen so primitiv vorging.
    Oder war das alles nur Teil einer groß angelegten Täuschung?
    Wie auch immer – der Eindringling würde gefangengenommen werden.
    Die Tempelsoldaten waren geschult, auch mit einem Hauch von Magie fertig zu werden. Notfalls würden sie den Fremden töten, statt ihn gefangenzunehmen, wenn eine Gefangennahme mit zu großer Gefahr für Leib, Leben und Tempel verbunden war.
    Nach der Gefangennahme des Eindringlings mußte das Ritual vorbereitet werden. Die Zeit arbeitete meist für den Feind. Deshalb mußten diese beiden Feinde so schnell wie möglich den Opfertod sterben.
    Am besten noch ehe die Sonne des kommenden Tages den Zenit erreichte…
    ***
    Cuataxi verschwand.
    Diesmal sah es keiner so deutlich, weil es zu dunkel war und nur ein paar Stablampen für etwas Licht sorgten. Aber Jorgensen glaubte dennoch klar zu erkennen, wie der Grabräuber jäh schrumpfte, um im Schrumpfen durchsichtig zu werden und zu verschwinden.
    Der Archäologe sah noch das Aufblitzen an der Waffenmündung. Den Knall des Schusses hörte er schon nicht mehr. Die Kugel erreichte ihn erst recht nicht.
    Der Forscher eiferte Lots Frau nach, die zur Salzsäule erstarrt war.
    Bloß brauchte er sich dazu nicht nach dem himmlischen Feuer umzudrehen, das die Städte Sodom und Gomorrha verschlang. Das Bild des verschwindenden Huaquero reichte völlig aus.
    Fast eine Minute lang stand er da und wartete auf den Einschlag der tödlichen Kugel. Er konnte nicht begreifen, daß er noch lebte. Er mußte doch tot sein. Er hatte keine Chance gehabt, der Kugel auszuweichen.
    Aber sie hatte ihn nicht erreicht.
    Sie mußte mit dem Grabräuber verschwunden sein, als sie gerade den Lauf seiner Waffe verließ!
    Erst nach einer ganzen Weile konnte Jorgensen das Geschehene halbwegs verarbeiten.
    Er wunderte sich, daß die anderen Grabräuber nichts unternahmen.
    Aber auch sie waren fassungslos. Sie hatten jetzt selbst erlebt, wie ein Mensch aus der Weltgeschichte verschwand.
    Und die Angst erfaßte sie, daß sie die nächsten sein sollten.
    Jorgensen machte keine Anstalten, ihnen zu erklären, was für das Verschwinden verantwortlich war. Sollten sie ihre Angst doch auskosten!
    Außerdem – würde kein weiterer Mensch mehr verschwinden können.
    Denn die Scheibe war mit dem Anführer verschwunden. Er hatte sie in der Hand gehalten, als er auf

Weitere Kostenlose Bücher