0398 - Herr der blauen Stadt
Moment konnten seine Verfolger hinter ihm auftauchen.
Und dann gab es für ihn keine Möglichkeit mehr, zwischen den dicht gedrängten Kriegern hindurchzuschlüpfen. Es würde jetzt schon schwierig sein.
Aber er mußte es einfach riskieren.
Er hatte das Glück, daß keinWaffenklirren seine Bewegungen verraten konnte, er konnte auch keinen Krieger mit dem Ärmel streifen, weil er ja keine Kleidung trug. Aber er sah einen Dolch mit langer Klinge herrenlos auf dem Boden liegen.
Einer der Streitkolben wäre ihm lieber gewesen. Aber der Dolch war einfacher zu erreichen.
Zamorra hob ihn auf.
Sekundenlang hielt er den Atem auf. Für die Indios mußte die Waffe in diesem Moment unsichtbar geworden sein. War es jemandem aufgefallen?
Aber sie kümmerten sich nicht darum.
Zwei von ihnen bewegten sich jetzt statt dessen zu zwei sich gegenüber liegenden Öffnungen in der Gangwand. Sie verschwanden durch die linke Öffnung.
Zamorra schaffte es jetzt, sich an den anderen vorbeizuschieben. Niemand sieht mich! Er hätte die Krieger berühren und niederschlagen können.
Aber er verzichtete darauf. In diesem Moment wurde es aus Richtung seiner Zelle laut. Die dort verwirrt suchenden und überlegenden Krieger hatten sich entschlossen, außerhalb des Kerkers nach dem Geflüchteten zu suchen und näherten sich jetzt.
Ein wildes Palaver begann, von dem Zamorra keine Silbe verstand. Er wollte es auch gar nicht. Er wollte nur verschwinden.
Er erreichte die beiden Durchgänge. Interessiert stellte er fest, daß es sich bei den Türplatten um die gleiche Konstruktion handelte wie bei seiner Zelle, nur waren hier die Platten zum Gang hin angebracht. Vermutlich waren die Türen also nur von den dahinter liegenden Räumen aus zu bedienen.
Er sah, wie die beiden Krieger im linken Durchgang eine Treppe hinauf hasteten. Mit denen wollte er lieber nicht zusammenstoßen. Er wußte, daß er seine Konzentration nicht mehr lange aufrecht halten konnte. Er wandte sich also nach rechts, weil sich in dem dahinter liegenden Raum niemand befand.
Hinter ihm nahm die aufgeregte Diskussion unverändert ihren Fortgang.
Zamorra glitt neben die Tür und sah sich um. Er entdeckte in einem Mauerloch eine Art Hebel, umschloß ihn mit der Hand und zog langsam daran.
Die Steinplatte bewegte sich.
Zamorra schloß die Tür. Die Krieger wurden auf diesen Vorgang natürlich aufmerksam, aber für den Augenblick hatte Zamorra sie abgeschüttelt.
Sie würden die Platte vom Gang aus nicht öffnen können. Wenn sie ihn jetzt erreichen wollten, mußten sie mindestens einen weiten Umweg machen.
Der Parapsychologe kümmerte sich nicht weiter darum, seine relative Unsichtbarkeit aufrecht zu erhalten. Er sah sich um. Aus dem Raum führten drei ›normale‹ Türen in andere Zimmer. Die Durchgänge waren mit Fellen verhängt. Zamorra wählte aufs geratewohl die mittlere Tür und trat hindurch.
Im nächsten Moment verwünschte er seinen Leichtsinn.
Er hätte hier in eine Falle geraten können. Das war ein Aufenthaltsraum für die Tempelkrieger, und es war bestimmt nur Zufall, daß sich gerade niemand hier aufhielt. Aber Zamorra sah Waffen und Lederrüstungen herumliegen.
Seine Augen blitzten. Er glitt in eine Art Kilt und einen ledernen Brustharnisch, der mit metallenen Plättchen besetzt war, schlang sich einen geflochtenen Gürtel um die Taille und klemmte den Dolch dahinter fest.
Einen Helm, der paßte, entdeckte er auch.
Dann verließ er den Raum wieder. Seine helle Haut würde ihn zwar jederzeit verraten, von seiner Körpergröße mal ganz abgesehen, aber für den ersten Moment würde es reichen. Zudem fühlte er sich durch den Harnisch und den Helm schon etwas geschützter.
Er benutzte jetzt wesentlich vorsichtiger den nächsten Durchgang.
Dort führte eine Treppe steil nach oben.
Zamorra stieg hinauf. Diesmal war er vorsichtig. Zum einen konnte er nicht wissen, was sich hinter der oberen Tür befand, und zum anderen waren Treppen zuweilen bösartige Fallen. Er ahnte zwar nicht, daß Rob Tendyke vor ein paar Minuten einer solchen Falle zum Opfer gefallen war, aber er paßte trotzdem auf und prüfte jeden Stufe erst sorgfältig, ob sie seinem Gewicht standhielt oder irgendwie drehbar gelagert war.
Schließlich erreichte er die obere Tür, die abermals von Fellen verschlossen wurde.
Er lauschte, konnte aber keinen Laut vernehmen. Da schlug er die Felle zur Seite und schlüpfte in den dahinterliegenden Raum.
Eine mächtige Faust raste auf ihn zu und
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