0398 - Herr der blauen Stadt
aus der kraftlos werdenden Hand gefallen war, schob den Sicherungsstift herum und trottete dann auf seinen kurzen Säulenbeinen hinter den anderen her.
Rechts und links der metallisch grauen Straße erhoben sich blaue Bauwerke…
***
Tendyke stürzte. Er ließ die erbeutete Waffe fallen und versuchte sich festzuhalten, aber seine Hände glitten von den obersten Stufenkanten ab.
Unwillkürlich kugelte er sich ein. Sekunden später schlug er schon auf, rollte sich wie ein Fallschirmspringer ab, um dem Aufprall die Wucht zu nehmen. Aber er wurde ohnehin abgefedert. Der Boden unter ihm war weich, etwas morastig. Als Tendyke sich erhob, stand er gut fünfzehn Zentimeter tief in weichem Schlamm.
Der hatte ihm möglicherweise das Leben gerettet!
Er sah sich um. Viel zu sehen gab’s nicht, weil es hier unten stockfinster war. Mit einem schnellen Griff vergewisserte der Abenteurer sich, daß er seinen Revolver nicht verloren hatte. Die Waffe war jetzt allerdings mit Schlamm verschmiert; ob sie noch funktionierte, war nicht sicher.
Trotzdem schob er jetzt endlich die Lederschlaufe zur Sicherung wieder über den Hammer des im Holster stecken den Revolvers. Jetzt war ein Verlieren unmöglich geworden.
Selbst wenn das Ding nicht mehr schoß, konnte man es noch als Schlagwerkzeug verwenden…
Ein Blick nach oben verriet ihm, daß er ungefähr sechs Meter tief gestürzt war. Unmöglich, mit einem kräftigen Sprung wieder hinauf zu gelangen.
Wenn es hier nicht noch einen weiteren Ausgang gab, saß er fest. Er konnte keine Möglichkeit entdecken, nach oben zu klettern. Die Wände schienen weit ab von der Falltür in der Treppe zu sein.
Eine anscheinend perfekte Falle.
Oben erschienen die Köpfe zweier Indio-Krieger. Sie spähten nach unten.
Tendyke versuchte, aus ihrem Gesichtsfeld zu entkommen, aber das war nicht so einfach. Der Morast hielt seine Stiefel förmlich fest, und als er sich mit einiger Anstrengung seitwärts bewegte, ging das nicht lautlos vonstatten. –Die beiden Krieger riefen sich gegenseitig etwas zu, dann verschwanden sie. Sie kümmerten sich nicht weiter um Tendyke. Er hörte ihre Schritte auf den Steinstufen, und dann klappte die Falltür plötzlich wieder hoch. Jemand mußte eine Art Rückstellmechanismus betätigt haben.
Es wurde stockfinster.
Tendyke holte tief Luft, schnupperte. Er konnte einen leichten Modergeruch wahrnehmen, aber das lag an der erstaunlich hohen Luftfeuchtigkeit in diesem Verlies. Nun, der Morast mochte dafür sorgen. Verwesungsgeruch konnte der Abenteurer dagegen nicht wahrnehmen.
Also lauerte zumindest kein bösartiges Raubtier hier unten, das von Zeit zu Zeit gefüttert werden mußte.
Aber das erleichterte ihm die Sache auch nicht. Er mußte einen Weg finden, aus diesem Verlies zu entkommen. Und zwar, bevor sich wieder irgendwo eine Tür öffnete und die Indios kamen, um ihn zu holen.
Denn dann würde er sie nicht noch einmal austricksen können.
Vielleicht ließen sie ihn auch einfach hier unten verhungern… vielleicht gab es überhaupt keinen Weg hinaus…
Er griff in die Tasche, zog das Feuerzeug heraus und knipste es an.
Die Flamme schuf eine mäßige Helligkeit. Tendyke versuchte sich zu orientieren.
Der Raum, in dem er sich befand, war nicht besonders groß. Ein Hohlraum unter der Treppe, zwei Meter in jeder Richtung darunter in die Breite gehend. Das war alles. Keine Öffnung zu erkennen… nur die Falltür oben in der Treppe, durch die er hinabgestürzt war.
Er ließ die Flamme wieder erlöschen.
»Na wartet«, murmelte er. »Das habt ihr euch so gedacht… aber ohne mich!«
Es gab einen Weg hinaus. Er mußte ihn nur schnell genug finden.
***
Der Harnisch und der Helm schützten Zamorra, als er die Treppe wieder hinunterstürzte. Auf halber Höhe schaffte er es, sich abzufangen, und richtete sich wieder auf. Seine Arme und Beine schmerzten, wo er gegen die steinernen Stufen geschlagen war. Ein paar prachtvolle blaue Flecken waren das Resultat. Er konnte dabei noch froh sein, daß er den Sturz so glimpflich überstanden hatte.
Oben trat jetzt ein breitschultriger Krieger durch die Tür. Es war der Mann, der hinter den Fellen gestanden und zugeschlagen hatte. Er mußte Zamorra erwartet haben.
Der Parapsychologe hätte damit rechnen müssen. Es war närrisch gewesen zu glauben, daß er sich in diesen Tempelmauern bewegen konnte, ohne daß irgend jemand das registrierte. Spätestens das Schließen der Steintür hatte ihn wieder verraten.
Jetzt stapfte
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